Mi, 24. Dez 2008

Vorgeschmeckt:
Die Bier EM

Mögen andere Nationen Krieg führen, du glückliches Österreich trinke? Was, in Europa ist Frieden ausgebrochen? Gut so! In ganz Europa? Fast, denn alle vier Jahre leisten 22 Mann für mehrere 90 Minuten erbitterten Widerstand am grünen Rasen. Zumindest wenn man den Worten Rinus Michels, seines Zeichens niederländischer Nationaltrainer und Vizeweltmeister 1974, Glauben schenken darf: „Fußball ist Krieg“- wenn das mal kein Unsinn ist, drauf trinken kann man aber trotzdem. Erst recht, wenn eine Heim-EM vor der Tür steht!

Her mit 7 durstigen Experten, her mit einer Unmenge an Bieren aus den 16 Teilnehmernationen, but Regelwerk? Brauch ma net. Einen Spielplan fürn korrekten Turnierverlauf, ein Flaschenöffner und eventuell noch ein Kübel gegen unliebsame Überraschungen und Antrink- ähh –kick für die etwas andere EM.

Vorrunde: Bauchleer, der Blick geschärft für das Wesentliche, angespanntes Schweigen

Gruppe A: Schweiz (Tell), Tschechien (Budweiser), Portugal (Superbock), Türkei (Efes) 

Dass sich die Schweizer und Türken untereinander nicht unbedingt schmecken können, ist in Ballestererkreisen seit der letzten WM- Qualifikation hinlänglich bekannt. Unverständlich, verbindet die beiden Länder doch mehr, als sie trennt: nämlich herzlich wenig Ahnung vom Bierbrauen. „Das Tell schmeckt wie ein abgestandenes Zipfer und das Efes wie ein abgestandenes Tell.“Sehr erfrischend der Auftritt von Vizeeuropameister 2004 Portugal- klarer Gruppensieg „Ein Super Bock, trotz oder gerade wegen diesem dämlichen Namen.“ Auch die Tschechen verstehen ihr Hand- und Brauwerk, „aber wer mit einem Budweiser ins Turnier startet, kann auch nicht viel falsch machen.“

Gruppe B: Österreich (Wieselburger), Kroatien (Velebitsko), Deutschland (Erdinger), Polen (Zywiec) 

Hochrisiko Spiele am laufenden Band dank Horden betrunkener brandschatzender Fans? Von wegen! Friedfertiges Spülen auf höchstem Niveau in Gruppe B, von einem umgeschmissenen Zywiec mal abgesehen. Schade, dass sich zwei Nationen verabschieden müssen. Länger bleiben dürfen die Kroaten („Ich bin für Freibier auf der Balkanmeile“) und die Gastgeber („Heimat bist du großer Wiesel“). Do Widzenia, Polska! Pfiat Gott, den Lieblingsnachbarn, euer Weißbier schmeckt wirklich nach Banane!

Gruppe C: Niederlande (Heinken), Italien (Moretti), Rumänien (Ursus), Frankreich (Kronenbourg)

Todesgruppe C? Das mag vielleicht fürs Kicken gelten, die vier Hopfenschalen präsentieren sich auf jeden Fall quicklebendig und geschmacklich äußerst gut gelaunt. Die Leber lacht, der Gaumen tanzt- lediglich Rumänien ist ein Spielverderber („Ein klarer Platzverweis“). Ganz stark die Holländer mit ihrem Heineken („Unser Bier aus Amsterdam“). Spannend das Match um Platz zwei: „Da gehen die Geschmäcker etwas auseinander“. Die Italiener dürfen bleiben, „sonst schluckt der Berlusconi auch noch das Volume“. Für die Franzosen heißts hingegen Koffer und Bierkisten packen. 

Gruppe D: Griechenland (Marathon), Schweden (Old Gold), Spanien (San Miguel), Russland (Stepan Razin)

Auf dem ersten Blick bzw. Schluck vielleicht nicht unbedingt die Krochagruppe schlechthin, aber nach dem Setzen der ärgsten Schaumschicht, ein durchaus trinkbares Unterfangen.  Etwas unkonventionell allerdings die Griechen: „Marathon? Schas, ich möchte beim Biertrinken net ans Laufen erinnert werden.“ Auch die alkoholischen Stärken der Russen dürften vermutlich woanders liegen. Wahre Freudentänze entlocken hingegen der sachkundigen Jury Gruppensieger Spanien („San Miguel? Ist der Erzengel Michael net für die letzte Ölung zuständig?) und die zweitplatzierten Skandinavier („Kühl und blond- ja, ich mag diese Schweden“). 

Viertelfinale: Bauchwohl, der Blick gestärkt für das Wesentliche, entspanntes Fachsimpeln

Portugal (Super Bock) – Kroatien (Karlovacko)

Die Gläser voll, die Flaschen leer- aber fertig haben wir noch lange nicht! Portugal bleibt sich geschmacklich treu und entschuldigt sich kleinlaut bei der unbestechlichen Jury für den missglückten Spielernamen.Mutig die Kroaten, die den Gegner kurzfristig mit einer Auswechslung überrumpeln. Nur Schade, dass Karlovacko dem Druck eines EM- Viertelfinales noch nicht ganz gewachsen ist. Fazit: auch ein gutes Bier kann wie eine Niederlage schmecken- nämlich bitter! Klares Sixpack für den Super Bock. 

Österreich (Ottakringer) – Tschechien (Pilsner Urquell)

Ottakringer gegen Pilsner Urquell- klingt nach vorgezogenem Finale, schmeckt auch so! Ein frühes 1:0 für das 16er Blech durch die gelungene Dosenaufmachung: „Inoffizielles Fanbier? So weckt man in mir den Patrioten.“ Die Tschechen setzen statt der Optik lieber auf das bewährte Angriffsduo Hopfen und Malz. Die richtige Entscheidung. Endstand 4:3 für unsere Zweitlieblingsnachbarn. „Liebes Ottakring und Restösterreich, es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut. Wenigstens hammas nicht weit zaus und der moralische Sieger sind sowieso wir! 

Niederlande (Amstel) – Schweden (Old Gold)

Ein köstliches Aufeinandertreffen, das sich eigentlich zwei Sieger verdienen hätte. Die Gelb Blauen punkten mit altbekannten Geschmack und neuen Informationen: „Köstlich, die Schweden sagen zu ihrem Bier Öl.“ Die Holländer begeistern mit einem gelungenen Spielertausch und viel Verantwortung: „Laut Amstel- Homepage sind zwei Bier am Tag völlig unbedenklich.“ Das ist natürlich Balsam auf der geeichten Jurorenleber- 4:3 für die Oranjes. 

Spanien (Cruzcampo) – Italien (Menabrea)

Cerveza gegen Birra – dieses Match kommt der geografisch versierten Jury etwas spanisch vor. Ist es auch, allerdings nur zur Hälfte. Ein Schenkdichein geben sich ein Krügerl (0.5 Liter) Cruzcampo gegen ein Seidl (0.33 Liter) Menabrea. Niveau leider ziemlich enttäuschend, zum Glück ist das Mass (1 Liter) irgendwann einmal voll, dem Schiedsrichterpfiff (0.2 Liter) sei Dank. Ernüchterndes Ergebnis: 5:2 für die Spanier. „Wer konditionell so am Sand ist, wie die Italiener, hat in einem Halbfinale nix verloren.“ 

Halbfinale: Bauchvoll, der Blick gesenkt auf das Wesentliche, dezent gelallte Expertenkommentare

Portugal (Sagres)- Tschechien (Samson)

In diesem Match die Spreu vom Weizen zu trennen fällt selbst der hartgesottenen aber weichgetrunkenen Jury nicht mehr ganz leicht. Die Portugiesen begeistern mit einem erfrischenden Sagres, die Gegner kontern kühl mit Samson. Schade, dass es ohne Verlierer nicht geht. Ein denkbar knappes 4:3 für Portugal. Das Ausscheiden der Tschechen drückt schwer aufs Gemüt und die Blase. („Also ich bin für ein kleines Finale“) 

Niederlande (Amstel) – Spanien (Cruzcampo)

Beide Nationen setzen in diesem Duell auf Altbewährtes- nicht unbedingt abgelaufen, aber bereits merklich abgestanden. „Das Cruzcampo, schmeckt mittlerweile wie das Zeug, das Sie auf die Glashaustomaten sprühen.“Auch das niederländische Amstel hat der pestiziderprobten Jury zufolge schon einmal mehr Zweikämpfe gewonnen. „Der mangelnde Kohlensäureeinsatz grenzt an Arbeitsverweigerung.“ Wenigstens bringt die Verlängerung, die niemand trinken will, eine Entscheidung: Endstand 4:3. Adios Espania. 

Finale: Bierbauch, der Blick beschränkt sich auf das Wesentliche, völlig unverständliches Gebrabbel

Portugal (Super Bock) – Niederlande (Grolsch) 

Bei diesem Endspiel hört sich selbst für die bierernste Jury der Spaß auf- allerdings auch nur wegen der bevorstehenden abstinenten Zeit bis zur nächsten Europameisterschaft. Eine brauchbare Alternative dürften bereits die Holländer gefunden haben, denn ihr eingewechseltes Grolsch lockt keinen Hund hinterm Ofen hervor. Die Portugiesen habens ebenfalls mit den Tieren und lassen erneut einen Super Bock auflaufen, „leider etwas ausgeraucht“. Dementsprechend trocken die Matchanalyse: „ Über weite Strecken ein Finale zum Schöntrinken.“ Gesagt, getan und schließlich will auch noch der Siegeschampagner geleert werden- selbstverständlich nicht alleine: Saude und Prost an Portugal, ein mehr als würdiger Träger der europäischen Bierkrone! Bedankt an Holland, bis zum nächsten Mal. Wir trinken uns in vier Jahren!