Unfasslich 03 - Spaß bei der Seite
Fußball-Analyse und Grammatik.
Ein Widerspruch?
Männerherzen schlagen höher. Die Erfüllung vieler Sehnsüchte naht mit Riesenschritten. Morgen beginnt die Europameisterschaft.
Mit ihr kommt allerdings – neben all den tollen Spielen, schönen Männern und feuchtfröhlichen Abenden – vor allem eins: die ORF Analyse von Herbert Prohaska und Frenkie Schinkels.
Dieses tägliche Spektakel der intellektuellen Bereicherung ist für jeden Fußballfan ein enormer Gewinn. Denn sind wir mal ehrlich: Wer hört nicht gern kompetente Stellungnahmen wie „hätt‘ er vom links g‘schossen, er wäre grundsätzlich à la longue vielleicht drinnen gewesen“.
Wochenlang werden Menschenmassen nun durch Sätze wie „sicherlich eine super Chance ist das für ihm“ begeistert, bei denen nicht nur Deutschlehrern die Nackenhaare ausfallen. Angesichts der großen Personenzahl, die tagtäglich vor ihren Fernsehern sitzen werden, um kein einziges Match zu verpassen, wäre es doch mehr als wünschenswert, nicht nur fachlich sondern vor allem auch sprachlich qualifizierte Personen einzusetzen. Oder gibt es die beim Fußball nicht?
Ich spreche hier nicht von fehlerlosen Analysen. Aber mittlerweile muss man sich ja schon über Sätze freuen, die ein Prädikat enthalten und eine halbwegs richtige Wortreihenfolge haben. „Im Konext (=?) kann man summa summarum à la longue sagen: einem Stürmer braucht einem Auslauf.“
Soll man sich noch darüber wundern, dass auf der Straße kein Mensch einen geraden Satz rausbringt, wenn man laufend im Fernsehen zusammenhangsbefreite Statements wie Frenkie Schinkels „Hab ich gsagt. Wos wüst mit den? Nix. Ich sag‘s. Fuaßboi spün kann ned jeder“ hört?
Zumindest einem, Rainer Pariasek, gelingt es, mehrere deutsche Sätze in Folge zu formulieren. Dafür hat er mit sich selbst und seinen unkoordinierten Bewegungen zu kämpfen, die zu „wie oft wird er heute wo dagegen hauen“-Trinkspielen anspornen.
Statements wie Frenkie’s „man sich einem erwartet, der schiaßn kann. Relativ sehr. I sog amoi: interessant.“ sind aber spätestens beim Herbert’schen „Gute Nacht“ inklusive erotischem Augenzwinkern vergeben. Und die Zuseher erwarten freudig den nächsten Spieltag.
Oder wie mein Lieblings-Herbert sagen würde: „Jetzt aber Spaß bei der Seite. Morgen ist auch noch ein neuem Tag.“
Ergebnisse bei PISA-Studien lösen bei mir keine Verwunderung mehr aus.
© Eiki
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