Weltreligion Geld
Supernackt #50
Die Unwissenheit des gemeinen Volkes hat immer schon den Bedarf an übernatürlichen Mächten erzeugt, um Dinge zu erklären, die den menschlichen Verstand übersteigen. Sei es ein Gott, Außerirdische, Chuck Norris oder das Finanzsystem.
Einblicke in die Gedankenwelt der Reichen und Geföhnten
Wie kann es zum Beispiel sein, dass Bankenrettungsschirme um Billionen gebildet werden, für Bildung aber die lächerlichen Millionen fehlen? Woher kommt dieses Geld überhaupt? Wie wird es erschaffen? Wurscht, solange euch mit unerklärlichen Phänomenen unerklärliche Phänomene erklärt werden und ihr darauf vertraut, dass alles einem größeren, bedeutungsvollen, aber unbegreiflichen Plan folgt, schlaft ihr wie die Schäfchen und träumt nicht von der großen Revolution. Mit dem richtigen Glauben, der richtigen Erziehung und korrekt limitierter Bildung seid ihr äußerst fügsame, anpassungsfähige und gehorsame Lebewesen. Geld, das du bist am Konto, geheiligt werde dein Name, dein Reichsein komme… Doch woher kommt dieses allmächtige und allgegenwärtige Geld?
Eine leicht zu beantwortende Frage, mögt ihr meinen. Immerhin beherrschen diese auf elektronischen Datenträgern oder Papier festgehaltenen Zahlen das gesamte Leben. Wer daher die Berechtigung hat, auf dieser Welt Geld zu erschaffen, kauft sich die Welt schlussendlich auch. Ein derartiges Machtinstrument kann nur nach ganz klaren Regeln bedient werden. Erdacht von den hellsten Köpfen, erschaffen durch öffentliche Institutionen der globalen Gemeinschaft. Völlig transparent und nachvollziehbar, nur dem Wohl der Gesamtheit verpflichtet. Möge man glauben. Nachdem die grundlegende Frage der Gelderschaffung im Lehrbereich großzügig ausgeklammert wird und das abgehobene Geschwafel anzugtragender Priester der Hochfinanz in ihren Banktempeln so realitätsfern klingt wie die unbefleckte Empfängnis, basteln sich die Menschen ihre eigene Vorstellung davon. Dabei wird vom eigenen finanziellen Gebaren auf das globale Finanzsystem geschlossen. Ich erbringe eine Leistung und verdiene Geld, ich beziehe eine Leistung und bezahle Geld. Hausverstand Ende.
In Wirklichkeit ist die Gelderschaffung aber schon lange losgelöst von realen Leistungen und Gütern. Als sich unser lieber Freund Meischi bezüglich üppiger Provisionen gefragt hat: „Wo woar mei Leistung?“, hat er es rhetorisch auf den Punkt gebracht. Geld wird im Endeffekt aus dem Nichts erschaffen, ohne dass reale Leistungen dahinter stehen. Es ist eine reine Glaubenssache. Das Finanzsystem ist die größte Weltreligion, geleitet von der heiligen Dreifaltigkeit Geld, Macht, Herrschaft, der paradiesischen Aussicht auf unendliches exponentielles Wirtschaftswachstum und dem Wunder der Gelderschaffung. Nur den Glauben nicht verlieren! Wir kassieren derweil weiter brav die Kohle, die ihr euch erbetet. Amen!