SEXMACKEN – Der zarte Unterschied zwischen Liebesfreud und Triebesleid
„Ich bin ganz normal, ich hab vielleicht Angst vor Spinnen und trinke lieber weißen Spritzer als Bier, aber zwischen den Laken, keine besonderen Vorkommnisse. Missionars-Stellung, mal von Hinten, mal am Strand, Perversitäten? Fehlanzeige. Nur weil meine Freundin ab und zu diese Gummimaske trägt wenn sie mir einen bläst…?“, so spricht der Durchschnittsliebhaber. Hat nicht jeder ein dunkles Geheimnis, eine versteckte Vorliebe und ab wann wird das Ganze zum Stressfaktor für andere Beteiligte? Wir haben uns dem Thema genähert.
Sophia: „…und dann fragt er mich, ob ich ihm in der Badewanne in den Mund pinkeln mag!“ Ich hätte beinahe laut losgelacht, hab dann aber nur gesagt: „Ich weiß nicht, ob ich das will, ich denke eher nicht.“ Ich meine, ich find es echt mutig so etwas zu fragen, nachdem man sich zweimal gesehen hat, aber das Problem ist, dass ich es einfach echt eklig finde und außerdem immer an „Silentium“ denken muss…“
Dies ist ein Original-Zitat aus der Email einer guten Freundin! Und damit wären wir gleich beim Thema: Sex-Macken, Spezial-Neigungen oder womit man sich heute in unserer Ach-so-aufgeklärten-Gesellschaft sonst noch rumschlagen muss.
Oder andersrum. Haben wir nicht alle unsere kleinen Perversionen, Schäden und Ticks im Bezug auf die schönste Nebensache der Welt? Zwar hat mich noch nie jemand um eine Natursekt-Dusche gebeten, aber der leicht spießige Mitarbeiter eines Großkonzerns, der unter Polstern versteckt eine 1A-Sado-Maso-Arm-und-Halsfessel am Bettrahmen montiert hat, den hab ich schon getroffen.
Keine 0815-Handschellen vom Sex-Shop-Wühltisch, nein, astreines Kalbsleder mit Samtfutter. Der hat richtig Zeit und Geld investiert um das zu installieren! Ob ich auf seine Vorliebe eingegangen bin? Sagen wir mal, ich war jung und neugierig.
Und sonst so? Männer, die beim zweiten Date Riesen-Dildos von der Größe eines Kinderarms auspacken, bilden, zumindest in Hetero-Kreisen, glücklicherweise die Ausnahme. (Abgesehen davon ist es immer noch befremdlich, dass Hetero-Männer Dildos besitzen, finde ich.)
Männer, die zur Stärkung der Libido in einem morgendlichen Ritual ihren eigenen Lendensaft verzehren, – ja, die gibt es – und ich kannte ein Exemplar.
Männer, die an einem übersteigerten Sauberkeitsfimmel leiden und quasi aus dir heraus unter die Dusche sprinten, um jegliche Überbleibsel des kaum 30 Sekunden vergangenen Koitus abzurubbeln, auch die gibt es. So was ist weder romantisch noch sexy.
Süßen Schmerz finde ich prinzipiell eine gute Sache, aber wenn du nach einer Liebesnacht aussiehst, wie nach 20 Tagen Geiselhaft mit Folter und dich kaum auf der Arbeit sehen lassen kannst, ist die Leidenschaft wohl ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Hat wer wirklich so derbe Aggressionen, sollten sie besser an einem Punching-Ball abgelassen werden.
Ein weiteres No-Go bilden verbale Grausamkeiten. Es gibt tatsächlich Liebhaber, die während der Penetration raushauen, dass man sie ungemein an die Ex-Freundin erinnere. Vielleicht gibt es Verbal-Masochistinnen, die das antörnend finden – ich nicht.
Dinge, die sich in einem gewissen Rahmen bewegen, sind in Maßen zu tolerieren, aber wenn es zwanghaft wird, ist Schluss mit lustig. Männer, die immer wollen, dass man während dem Sex Kniestrümpfe, Slip, Abendkleid, Halskette oder Hut auf- bzw. anbehält, nerven genauso wie jene, die selbst ihre Socken anbehalten oder die Boxershorts. Das erweckt immer so den Eindruck von: „Fertig, abwischen,… so ich bin dann mal dahin.“
Zuviel des Guten ist auch nicht das Non-Plus-Ultra: Übermotivierte Zungen Akrobaten, die dir schier die Klitoris wundsabbern, sollten vielleicht irgendwann von selbst draufkommen, dass nicht nur der Wille zählt, sondern auch das „Wie“. Herren, die nach dem Motto „Ein guter Seemann taucht auch im roten Meer“ agieren und alles dafür geben, das Bettlaken für immer zu ruinieren, schießen mit ihrer Vorliebe etwas über das Ziel hinaus. Gut, vielleicht will man sich mal benutzt fühlen, aber geschändet? Nein, danke.
Aber um fair zu bleiben, nicht nur böse, testosterongesteuerte Penisbesitzer haben mitunter einen Knall beim knallen. Auch die Damen der Schöpfung, die ja mitunter sehr leicht aus dem Konzept zu bringen sind, wenn es um den steilen Weg zum Höhepunkt geht, haben ihre Fixierungen. Ich kenne viele Mädels, die speziell auf Fremdsprachen oder Dialekte abfahren, Dirty Talk auf Schwiizerdütsch, Befehle in dreckigem Cockney Akzent, einzig unsexy für alle Zeiten ist Schwäbisch, Sächsisch und Fränkisch.
Nun die Stunde der Wahrheit. Habe ich Sexmacken? Nehme ich sie selbst überhaupt wahr? Da muss ich erst mal tief hinein hören in die eigene Psyche. Hmmm. Ich mag es Männern zuzuschauen, wenn sie es sich selbst machen, mich törnt es an, wenn zwei Männer miteinander rummachen (ja, das ist nicht nur bei euch so, Burschen, wenn ihr die besoffenen Mädels knutschen seht!), gegen ein bisschen fesseln ist auch nichts einzuwenden und manchmal schau ich mir gerne richtig miese Pornos an. So jetzt ist es raus.
Aber ich würde nie jemanden dazu zwingen oder anhalten, auf diese Vorlieben einzugehen und ich kann auch ohne sie zu meinem Vergnügen kommen. Solange alle Beteiligten eine Freude daran haben, ist eh alles in Butter, aber einige von uns sollten vielleicht von Zeit zu Zeit darauf achten, sensibler auf die Gefühle ihres Gegenübers zu reagieren und niemandem etwas aufzudrängen. Das passiert schnell einmal, egal ob aus sexueller Anziehung oder aus Verliebtheit. Frau Oberlehrer hat gesprochen. Amen.
Alex: “Zieh an den Nippeln! Fester, fester, ja gut so. Und jetzt drehen! Nicht loslassen, fester! Zieh fester, drück sie richtig zusammen!‘ So hört sich Sex mit R. an, ein Biologiestudent mit italienischen Wurzeln. Wir haben uns im Internet kennen gelernt, hatten ein nettes Date mit Abendessen, und ich war richtig scharf auf ihn. Seine zurückhaltende Art und sein dreckiges Grinsen bei Sex-Themen regten meine Fantasie an. Doch schon nach den ersten paar Minuten bemerkte ich seine besonderen Bedürfnisse. Seinen Brustwarzen sollte ich die ganze Aufmerksamkeit schenken. Es konnte ihm nicht fest genug gezogen und gezwirbelt werden. Ich hatte zwischendurch richtig Angst, ihn ernsthaft zu verletzen, besonders, als er mich bat, auch meine Fingernägel zu benutzen. R. kann nicht abspritzen. ohne dass man seine Nippel stimuliert. Eine typische Sex-Macke. Anfänglich noch ganz interessant wird es schnell nervig, denn andere Körperteile werden komplett vernachlässigt und man hat nie eine Hand frei, um für seine eigene Lust zu sorgen. Dieser Typ kümmert sich nicht um mich und wichst sich selbst einen, während ich ihm seine Nippel quetschte.
Ich hatte nur einmal Sex mit ihm. Sah es im Gespräch vorher noch so aus, als wäre er auf einen gesunden Fick mit gegenseitigem Geben und Nehmen aus, entpuppte sich Mr. Wissenschaft als selbstzerstörerische Erika Kohut, die Klavierspielerin lässt grüßen. Wer weiß, was da sonst noch so gekommen wäre.
Sex-Macken hat jeder, doch wo ist der Unterschied zwischen einer Macke und einem Fetisch? Beides bezeichnet etwas, das man braucht, um beim Sex zum Höhepunkt zu Kommen. Für mich ist eine Macke so etwas wie eine Vorstufe zum Fetisch. Mit dem Unterschied, dass die Fixierung nicht so stark und direkt ist. Ich stehe z.B. auf behaarte Unterschenkel, doch ich kann auch großartigen Sex mit Jemandem haben, der nicht behaart ist. Also wohl eher eine Macke.
Nehmen wir mal einen anderen meiner Fuck-Buddies. Die Bezeichnung ist Programm. Kaum sind wir fünf Minuten im Bett ist er auch schon über mir und versucht mich zu penetrieren. Er mag ihn immer gleich reinstecken. ‚Hallo, wie geht´s, darf ich gleich loslegen, Bitte?” Wäre ich nur passiv, würde ich mich im siebenten Himmel wähnen, aber oft wird es mir zu anstrengend, ihn einfach dauernd abzuwehren. Ich bin der Meinung, dass es noch 1000 andere Dinge gibt, die man im Bett machen kann. Mich nervt seine Fixierung auf das Eine. Vielleicht ist das der Unterschied zu einem Fetisch. Macken sind einfach nur nervig.
Ich habe kein Problem damit, beim Sex ab und zu weiße Socken und Sneakers für einen bestimmten Freund anzuziehen. Die Dosis macht die Macke. So finde ich es äußerst mühsam, wenn mir ein Sex-Partner ständig an den Eiern rumlutscht, und zwar immer nur dort. Oder der blas-fixierte junge Mann, den ich ab und zu getroffen habe. Es ist einfach das Größte für ihn, wenn er einen geblasen bekommt. Schon beim Küssen am Anfang versucht er immer meinen Kopf leicht nach unten zu drücken. Bin ich im Bereich der Nippel angekommen, habe ich schon verloren. Da gibt es kein nach Oben kommen mehr, so schnell hab ich sein bestes Stück im Gesicht. Zu seinem Glück hat er einen wunderschönen, nach oben gebogenen Schwanz und man ist anatomisch gesehen sehr schnell dran. Wenn ich jetzt genau darüber nachdenke, haben wir noch nie etwas Anderes gemacht. Ich blas ihm einen und das war es. Das reicht ihm. Es mag auch damit zu tun haben, dass er nicht so wirklich schwul und immer wieder mit Mädels zusammen ist. Aber trotzdem – kein Fetisch sondern eine astreine “Blas-mir-einen-Macke”.
Dann ist da noch ein Freund von mir, der nur Sex mit Fremden haben kann. Wenn er zwei Worte zu viel mit jemandem gewechselt hat, kann er schon nicht mehr mit ihm ins Bett gehen. Wie er sein Gegenüber haben will, das findet nur in seinem Kopf statt. Die Realität verschreckt ihn. Er will nur den geilen Porno-Ficker sehen, alles andere interessiert ihn nicht. Wenn er jemanden näher kennenlernt, kann er sich nicht mehr fallen lassen. Unnötig zu erwähnen, dass er zwar jede Menge geilen Sex hat, sich mit Beziehungen aber mehr als schwer tut. Eindeutig eine Macke. Eine Große sogar.
Ich wurde auch schon oft gefragt, ob ich auf Pisse stehe. Solche Natursekt-Spiele sind in der Schwulenszene sehr verbreitet und ich muss gestehen, dass mich das eher abschreckt, da steh ich gar nicht drauf. Aber es gehört zu den harmloseren Ticks – ich sag einfach „Nein!“ und das Thema ist abgehakt.
Erstaunt war ich, als ein Typ während des Aktes plötzlich zu mir sagte, er wolle mich jetzt mit Rosenöl massieren. Ich habe keine Ahnung wie und woher er das so schnell gezaubert hat, doch kaum hatte er gefragt, war ich auch schon eingeölt. Ich fand es etwas seltsam, aber nicht unangenehm. Obwohl ich immer dachte, dass der Trick mit der Massage nur dazu dient, jemanden rumzukriegen. Als Eisbrecher sozusagen. So mittendrin war es mir neu. Dass es sich hier um eine Macke handelt, wurde mir allerdings erst bewusst, als wir das zweite Mal verkehrten. Gleiche Situation, gleiches Öl. Anscheinend stand er auf den Geruch und den Akt der Massage an sich. Mir war das etwas zu teeniemäßig.
Seit ich wieder Single bin, merke ich erst, was da draußen für Freaks unterwegs sind. Ich hatte schon mal mit jemandem Sex, der mich ernsthaft zwischendurch gefragt hat, ob ich schon mal “Dirty-Sex”, also Spiele mit Exkrementen, versucht hätte. Nein, habe ich nicht, damit will ich bitte nur auf der Toilette zu tun haben. Und abgesehen davon, selbst wenn ich es geil fände, würde ich niemals beim ersten Sex damit kommen. Dem Typen hauts doch wohl den Vogel raus!
Du kannst dich glücklich schätzen, wenn der spezielle Tick des Gegenübers perfekt zu dem eigenen passt. Ein Glücksspiel sozusagen. Sex-Macken können überraschen. Manchmal positiv, manchmal negativ. Manche Sachen machen einen an, manche verderben den Moment. Es kommt immer darauf an, was einem Spaß macht. Der geile Typ mit den Muskeln, der immer nach dem Sex aus dem Bett springt und 20 Liegestützen macht, ist da wahrscheinlich eher harmlos. Du darfst dich allerdings nicht wundern, wenn du vom erfolgreichen Banker beim Orgasmus als “verficktes Dreckstück” bezeichnet wirst. Das ist keine Szene aus einer “Sex and the City-Episode”, das habe ich erlebt. Bob Dylan hatte recht als er sagte: “People are crazy and times are strange.”
So take care!