Monogamie

die Pärchenlüge

„Eating is not cheating“ soll Governator Arnold Schwarzenegger einmal selbstverteidigend entgegnet haben, als er zwischen den Schenkeln einer feschen Brünetten ertappt wurde. Entscheidet man sich für das Eingehen einer Liebesbeziehung, sollte man die persönlichen Grenzen zu gegebener Zeit abstecken, sonst könnte es zu ähnlichen, unangenehmen Missverständnissen kommen…

Sophia:

Die meisten Menschen verstehen unter einer monogamen Beziehung, dass der Austausch von Körperflüssigkeiten ausschließlich mit dem Partner vonstatten geht. Hardliner verbieten selbst den kleinsten Flirt, doch die meisten Mitmenschen lieben nach dem Prinzip: Appetit holen darf man sich, gegessen wird zu Hause.
 
Mit 16 hätte ich das sofort mit meinem heiligen Jungfrauenblut unterschrieben, mittlerweile haben sich meine Ansichten über die Sinnhaftigkeit von und die Fähigkeit der Menschen zur Monogamie gewandelt. Ich habe erfahren wie schmerzhaft es ist, herauszufinden, dass man betrogen wird, mein erster Freund fuhr diesbezüglich die volle Bandbreite aller erdenklichen Klischees auf und tat es mit seiner Ex, meiner besten Freundin sowie fremden Disco-Girls auf kalten Motorhauben. Doch auch ich hatte immer wieder Seitensprünge und die Vorstellung bis ans Ende meines Lebens nur noch mit einem Menschen Sex haben zu dürfen, jagt mir kalte Schauer über den Rücken, selbst wenn ich schwer verliebt bin. Und ein richtig schlechtes Gewissen hatte ich nie. Im Gegenteil, zumeist empfand ich Fremd-Knutschen, -Fummeln oder auch -Vögeln belebend für das oft nach einiger Zeit stagnierende Beziehungs-Sexleben. Was also tun? Nur noch offene Beziehungen führen, gar keine Beziehungen führen oder sich am Riemen reißen und Golf spielen lernen? Ich weiß es nicht. Um einen weiteren Sinnspruch zu bemühen: Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füge keinem andern zu!
 
Ja, schon klar, aber wieso ist es selber so einfach Auswärts zu spielen und tut doch viel zu sehr weh, wenn man es jemand anderem erlaubt? Ganz einfach: Weil man sich der eigenen Liebe sicher ist, aber beim Partner die Angst hat einen geliebten Menschen zu verlieren, selbst wenn es für ihn nur um Sex geht. 
 
Ich hatte Beziehungen, in denen ziemlich viel erlaubt war und solche, in denen gar nichts erlaubt war – außer zu Hause zu essen. Eigentlich habe ich trotzdem immer das gemacht, worauf ich Appetit hatte, zur Not heimlich. Bis heute weiß ich nicht, welche Beziehungsform für mich geeignet ist, trotzdem habe ich mich immer dann am Wohlsten gefühlt, wenn man alles offen sagen durfte, wie etwa: „Den Typ da hinten, den finde ich ziemlich scharf!“ Und wenn ich dann derselben Meinung war wie mein Freund – umso besser…
 


 

Benny:

Monogamy is for Quitters, verkündet Poetry-Slammer M. Green – und ich kann ihm nur zustimmen. Welch ignoranter Sorte Mensch muss man angehören, um eine einzelne Person über alle anderen zu stellen, sein Leben alleinig nach ebenjener auszurichten und den Rest der Welt in den Hintergrund zu rücken?

 

Trifft jemand, der anders denkt als ich (und das sind meiner Erfahrung nach geschätzte 95% der Menschheit) auf einen potentiellen Lebensabschnittsdieb – und mehr ist es meistens nicht, seien wir ehrlich, kaum eine Beziehung hält heute noch ewig und drei Tage – kann ich, meinetwegen, damit umgehen, dass man in den ersten Tagen, von mir aus Wochen, seine Prioritäten etwas versetzt und sich anfangs um mehr zweisame Zeit mit dem neuen Menschen bemüht. Darüber hinaus  während dieser hormongeladenen Kennenlernphase die Leute zu vergessen oder zu vernachlässigen, die einen bis dahin begleitet haben, mit denen man zusammen sein Leben gelebt und geteilt hat, ist nicht wirklich fair, aber dennoch verzeihbar.

 

Was ich allerdings schwer entschuldigen kann, ist die Unfähigkeit vieler Monogamiefreaks, einfach ehrlich zu bleiben und zuzugeben, dass es superundankbar ist, alles und jeden fallenzulassen und das nur aus einem einzigen Grund: der Angst davor, für immer alleine zu sein. Dass diese Angst in den meisten Fällen unbegründet und irrational ist, da – ich wage es, hier ganz frech eine kecke Behauptung aufzustellen – jeder halbwegs soziale Mensch andere Menschen um sich hat, mit denen er das Leben teilt und die ihn begleiten, wird allerdings meist vergessen.

 

Leider muss ich einsehen, dass meine Ansicht von den wenigsten geteilt wird und deswegen ich derjenige bin, der von Außenstehenden als seltsam oder merkwürdig oder auch einfach nur promiskuitiv abgestempelt wird. Was diese Leute nicht verstehen, ist die Tatsache, dass ich nicht etwa beziehungsunfähig oder einfach nur eine (halbwegs) männliche Schlampe bin; sondern, dass ich nicht einsehen will, warum ich meine ganze Liebe auf eine einzelne Person komprimieren sollte. Auch auf die Gefahr hin, wie ein durchgeknallter Hippie zu klingen – ich habe viel zu viel Liebe, um diese auf nur einen Menschen konzentrieren zu können! Das Bedürfnis, mit der gesamten Welt eine Art Beziehung eingehen zu müssen (außer mit Leuten, die Christina Aguilera hören und Stringtangas mit Playboy-Motiven tragen – das Leben ist zu kurz für schlechte Musik und hässliche Unterwäsche!) ist vielen unverständlich. Und selbst mir fällt es relativ schwer, meinen Begriff von Beziehung klar zu definieren. Wie oben schon erwähnt, ist es mir wichtig, mit den Personen, die mich auf meinem Weg durchs Leben begleiten (nennen wir sie Freunde), ebenjenes Leben auch wirklich zu teilen. Dazu gehört meiner Meinung nach nicht nur, miteinander auszugehen und ab und zu, wenn man gerade nichts Besseres zu tun hat, dem anderen beim Jammern und Wehklagen ob dieser grausamen Welt zuzuhören. Nein, ich will mit diesen Menschen, die mein Leben ausmachen, auch alles – wirklich alles! –  teilen. Die Liebe, das Leid, die Einsamkeit, die Freude. Und zu alldem gehört irgendwie auch Sex. Fragt mich nicht, ich kann es wirklich nicht besser erklären. Liebe deinen nächsten wie dich selbst, vielleicht? Hat das nicht Jesus gesagt? Vielleicht sollte ich öfter zur Kirche gehen. Amen.