Stimmen aus der Branche – PartyveranstalterInnen & ClubbetreiberInnen
Wie geht's der heimischen Kulturszene?
Seit 10. März befindet sich die heimische Kultur- und Veranstaltungsbranche im Ausnahmezustand. Konzerte, Vorstellungen, Partys und Ähnliches dürfen bis auf Weiteres nicht mehr stattfinden. Zunächst ging es nur um Veranstaltungen über 100 Menschen, doch seit Montag, dem 16. März 2020, bleiben alle Venues und Clubs ausnahmslos geschlossen. Dass diese wichtige Sicherheitsmaßnahme tief greifende Auswirkungen auf die gesamte Branche hat und im schlimmsten Fall existenzbedrohend werden könnte, sei hier nur der Form halber noch einmal erwähnt. Doch wie geht es den Kulturschaffenden Österreichs seit dem Cultural Shutdown?
Wir haben bei Konzert- und Party-VeranstalterInnen, PromotorInnen, LabelbetreiberInnen, Venue- und ClubbetreiberInnen, ManagerInnen und KünstlerInnen nachgefragt und bereits einige Antworten bekommen, die dem Ernst der Lage mit Realismus, Hoffnung, Durchhaltevermögen und Optimismus begegnen. Weitere Updates und Stellungnahmen folgen.
Mike Tscholl – The Loft
(c) Mila Zytka
Wie geht’s euch?
Danke der Nachfrage. Gesundheitlich geht’s uns vom Loft mal zumindest gut. Zu Beginn haben wir versucht, zu schauen, wie wir noch in kleiner Form offen haben können, aber dann wurde uns doch sehr schnell bewusst, wie ernst die Lage ist, und haben schnell entschieden, zu schließen. Für mich zählt erst mal, dass alle gesund aus der Sache herauskommen.
Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf euren beruflichen Alltag aus?
Statt Schichtpläne für den nächsten Monat zu machen, Getränke bestellen, Veranstalter zu treffen usw., sind wir im Moment nur daran, zu schauen, wie wir finanziell mit der Situation umgehen, ohne uns dem Risiko eines Konkurses auszusetzen. Welche Möglichkeiten haben wir, welche Unterstützungen des Staates kommen für uns infrage und gibt es einen Weg auch unseren MitarbeiterInnen irgendwie zu helfen? Die Informationen ändern sich ja auch im Moment ständig. Somit versucht man natürlich, immer am neuesten Stand zu bleiben. Ich selbst bin auch selbstständig und somit zusätzlich damit beschäftigt, auch für mich einen Weg zu finden, finanziell durch zu kommen. Ich bin auch vor Kurzem Papa geworden.
Welche Maßnahmen musstet ihr bereits ergreifen?
Partys absagen, ist eher unser kleinstes Problem, da alle Veranstalter mit uns im selben Boot sitzen. Wir haben seit 12. März zu 100% geschlossen. Das gesamte Team hat uns in der Entscheidung unterstützt, den Weg der Schließung zu gehen, um nicht zu riskieren, vielleicht gar nicht mehr aufzusperren. Obwohl jeder gerade mit seinen eigenen Sachen zu kämpfen hat, ist die Hilfsbereitschaft von allen Seiten sehr groß. Ob Freunde, MitarbeiterInnen, Vermieter, andere Lokale oder Institutionen wie die Vienna Club Commission – wir versuchen, uns gegenseitig Informationen zukommen zu lassen, die helfen könnten.
Angenommen die Situation bleibt so, wie lang könntet ihr das finanziell durchhalten?
Wir planen momentan finanziell das „Worst Case Szenario“ erst im September wieder zu öffnen. Falls es früher sein sollte, lassen wir uns natürlich gern positiv überraschen und sind auch jederzeit bereit. Letzten Sommer hatten wir den größten Umbau seit unserer Eröffnung 2009 und daher schaut es mit Rücklagen nicht ganz so gut aus. Nach dem großen Entgegenkommen unserer MitarbeiterInnen ist uns auch der Vermieter eine große Hilfe. Er erlässt uns die Miete zumindest, solange die Verordnung gilt, und gibt uns auch da ein wenig Zeit. Bis jetzt fallen wir in keines der von der Regierung vorgestellten Hilfspakete rein. Erwartungsvoll erhoffen wir aber vielleicht noch etwas. Irgendwie werden wir die Kosten überbrücken müssen. Ob mit einem Übergangskredit oder anders – dies wird sich in den nächsten Wochen ergeben.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Wer mich kennt, weiß, ich bin ein Optimist und überzeugt, dass wir das irgendwie überstehen werden. In den letzten zehn Jahren hatten wir genug Situationen, in denen es recht knapp war, und trotzdem haben wir es immer wieder geschafft, aufzustehen und weiter zu machen. Ich wünsche auch allen anderen, dass sie einen Weg finden und diese Zeit unbeschadet überstehen – speziell unseren MitstreiterInnen im Kunst- und Kulturbereich.
Katja Pandora – DJ Pandora, Switch! & Vienna TUN UP
(c) Valentin Iser
Wie geht’s euch?
Es geht. Gesund immerhin, so weit man das ja beurteilen kann. Isolation ist für Heimarbeitende grundsätzlich nicht so schlimm, aber für Leute, die nun mal gerne feiern und dies deswegen auch zum Beruf gemacht haben, dann wieder doch. Mal sehen, wie lange das noch lustig ist. Nicht, dass es lustig wäre. Außerdem ist es doch so, dass viele soziale Kontakte dennoch eingeschränkt sind – sei es telefonischer oder schriftlicher Natur. Arbeitstechnisch hat man aktuell halt nicht viel zu besprechen.
Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf euren beruflichen Alltag aus?
Es ist klar, wenig zu tun … Informationen über Unterstützungen einholen, Telefonate mit anderen Betroffenen zum Informationsaustausch, usw. Die nächsten Tage mache ich mich dann vielleicht mal an ein paar Projekte, für die ich sonst eh zu wenig Zeit habe. Es ist ein bisschen wie über die Weihnachtsfeiertage derweil. Die nerven mich auch ähnlich – da freu ich mich auch immer, wenn sie vorbei sind. Und das sind nur zwei Wochen!
Welche Maßnahmen musstet ihr bereits ergreifen?
Bisher wurden drei Events abgesagt und mir persönlich mehrere DJ-Gigs. Totalausfall jeglichen Einkommens. MitarbeiterInnen in dem Sinne haben wir Gott sei Dank nicht, betroffen sind natürlich aber auch DJs, FotografInnen, GrafikerInnen, usw. Das größere Problem ist, dass ja weiterhin monatlich zwei Events geplant sind und ich nicht weiß, ab wann ich wieder damit rechnen kann, dass sie stattfinden – welche Line-Ups und damit internationale Künstler ich verschieben muss und wohin überhaupt. Das macht das normale Arbeiten eigentlich quasi unmöglich und erhöht die Unsicherheit sehr.
Angenommen die Situation bleibt so, wie lang könntet ihr das finanziell durchhalten?
Das hängt von den staatlichen Unterstützungen ab. Wenn die schnell, unbürokratisch und halbwegs realistische Beträge sind, so lange, wie es sie gibt. Die Frage ist eher für mich persönlich, wie lange es mental durchhaltbar ist. Ich bin ein Mensch, der unter Druck gut arbeitet, und da ist weit und breit kein Druck. Ich arbeite gerne rasch und auf Hochtouren, mag Action, und es gibt gerade nichts.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Wenn das vorbei ist, und das wird es sein, wird alles gut, wenn nicht sogar besser. Ich freue mich ohne Ende darauf und jeden Tag mehr.
David Jerina – (VIENNAs FIRST) 90ies Club, (VIENNAs FIRST) 2000s Club & Specials im The Loft
(c) Lichtschalter.tv
Wie geht’s euch?
Soweit ok – siehe hier. Zur Info: Ich mache ja alle Samstage im The Loft (90ies Club & 2000s Club und Specials). Am 5. April wäre das alljährliche Kurt-Cobain-Tribute gewesen und heute (20. März) erstmalig meine zwei Partyreihen „Your 80s Workout“ und „POWER DISCO“ im Titanic. Sehr traurig alles.
Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf euren beruflichen Alltag aus?
Ich kann momentan einfach nicht planen. Das heißt, ich räume auf, mache lange vor mich hingeschobene Arbeiten, usw.
Welche Maßnahmen musstet ihr bereits ergreifen?
Ich habe selbstverständlich alle Partys (mal bis 13. April laut neuester Verordnung der Regierung) abgesagt. Mein Kassaboy ist gekündigt, die DJs sind zum Großteil Nebenerwerbs-DJs, mein toller Fotograf Tim (www.epilogy.photography) macht jetzt wieder vermehrt etwas, das sich „Food Photography“ nennt und weniger Rock’n‘Roll ist, als es sich anhört.
Angenommen die Situation bleibt so, wie lang könntet ihr das finanziell durchhalten?
Die Situation bleibt auf jeden Fall so. Die Frage ist, wie lange. Und wie es mit dem „Rettungsschirm“ für EPUs aussieht. Momentan nicht rosig, Konzerne sind „zur Abwechslung“ wohl wichtiger als wir kleinen Wirtschaftstreibenden.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Nachdem sich täglich alles ändert: erst mal gar nicht.