Musikhafen Hamburg
VOLUME live am Reeperbahn Festival 2013
Dass Hamburg eine supergute Stadt ist, sollte ja inzwischen bei den meisten angekommen sein. Neben Hafen, Absolute Beginner, Beatles Museum und Mexikaner Shots sorgt seit 2006 das Reeperbahn Festival für eine musikalische Aufwertung der gesamten Stadt. VOLUME war live am Start!
Für alle, die bis zu diesem Artikel mit dem Reeperbahn Festival noch gar nichts anfangen konnten, sei noch einmal kurz erklärt, um was für eine spektakuläre Sache es sich hier handelt und warum es sich lohnt, die weite Reise in den Norden anzutreten:
Für exakt vier Tage verwandeln sich über 70 Clubs und Kneipen auf und um die Reeperbahn, die ja sonst auch nicht gerade langweilig ist, von morgens bis zum nächsten Morgen in ein riesengroßes Festivalgelände, auf dem man sich ordentlich austoben kann. Neben viel Schnaps und noch viel mehr Musik und Konzerten von über 300 Acts, gibt es auch Filme, Kunst und Vorträge im Rahmen der Konferenz, bis einem der Kopf raucht.
VOLUME durfte es sich natürlich nicht nehmen lassen, das Festival und alles drumherum einmal ausgiebig auszuchecken. Moin und viel Spaß bei unserem Reeperbahn Festival 2013!
Donnerstag
Zum gemütlichen Start in den Festivalmarathon geht es am frühen Donnerstagabend erst einmal gediegen zu Fyfe in die Prinzenbar, wo man sich zwischen Kronleuchtern und Discokugeln zum Elektropop des Briten für den Rest des Abends schon einmal warm tanzen kann. Ein wenig rasanter wird es dann anschließend in den heiligen Hallen des FC St. Pauli Clubheims bei BRNS, die ihrem momentanen Hype als neuer, geiler Indie-Rock-Scheiß ausreichend gerecht werden. Wir sind zu spät, die Hasenschaukel als Club zu klein und die Musik von Magic Arm wohl schlichtweg zu gut – daher dürfen wir dann das sehr schöne Konzert von Marc Rigelsford durchs Fenster anhören. Auch fein! Was darf man als österreichisches Magazin auf gar keinen Fall verpassen? Na, den Auftritt der österreichischen Indie-Institution Naked Lunch natürlich, die auch auf Hamburger Bühnen komplett großartig sind. Feuerprobe heißt es dann zu später Stunde für Gloria, Bandprojekt von TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf und Wir Sind Helden-Gitarrist Mark Tavassol, die beim Reeperbahn Festival ihr Debüt geben – das dann auch gleich ziemlich gelungen. Das heimliche Highlight am Donnerstag steht aber noch an: die Silent Disco im Club Molotow, die man auch ziemlich gut in Silent Tischfußball umfunktionieren kann.
Freitag
Die Location mit dem grandiosesten Ausblick hat sich am frühen Freitagabend auf jeden Fall das Hamburger Traditionslabel Grand Hotel van Cleef geschnappt: Hoch über den Dächern Hamburgs, im Terrace Hill, gibt es eine Akustik-Session ihrer neuesten Band East Cameron Folkcore, die noch ein bisschen besser ist als die Aussicht über ganz Hamburg. Mit Motorama gibt es dann anschließend eines der ganz großen Musikhighlights des Festivals: Vladislav Parshin, der zumindest stimmlich irgendwie mit Joy Division Sänger Ian Curtis verwandt sein muss, legt mit seiner Band eine mehr als beeindruckende Show hin. Nach dem mit besten Auftritt dürfen wir uns dann auch gleich anschließend den vielleicht schlimmsten des Festivals anschauen: Rakede – durch ihr Tischkonzertvideo zu YouTube-Stars avanciert – legen einen Auftritt hin, für den sich Bands wie Kraftklub und Seeed, die hier fleißig kopiert werden, wahrscheinlich schämen würden. Doch es gibt kein Entkommen, denn gleich im Anschluß, gibt es den nächsten Österreicher zu bestaunen: Left Boy, der zwar immer noch kein Album, dafür aber eine massive Live Show im altehrwürdigen Club Große Freiheit 36 am Start hat, die auch an diesem Abend voll überzeugt. Bei Kettcar in den Docks kochen dann schließlich alle Emotionen hoch, schließlich spielen die Lokalhelden ihr vorerst letztes Konzert auf unbestimmte Zeit: Dementsprechend werden die fünf Jungs samt Hits wie ‚Landungsbrücken raus‘ oder ‚Balu‘ richtig groß gefeiert. Danach werden schnell die Tränen getrocknet, schließlich steht als nächstes brachialer Hip Hop von den 257ers auf dem Partyplan – nach Eigenaussage ‚eine von der Gesellschaft fälschlicherweise zum ‚asozialen Pack‘ verurteilte Randgruppe‘, die ihrem Ruf dann auch alle Ehre machen und die Bühne mindestens sprengen.
Samstag
Schon etwas wehmütig angesichts des nahenden Festivalendes, starten wir mit den Schweden von Viktor & The Blood – der Bandverbindung aus Mitgliedern von Mando Diao und Sugarplum Fairy. Vad härligt, wie man so schön auf schwedisch sagt. Den Überraschungsauftritt, weil überragend, geben dann 65daysofstatic im Grünspan, das man übrigens auch zu einer der feinsten Locations küren darf. Großes Kino! Hingegen etwas enttäuschend fällt der anschließende und hoch gepokerte Auftritt der deutschen Indie-Helden Slut aus, die sich 2013 nach etwas längerer Pause mit neuem Album zurückmelden, aber irgendwie nur fade Stimmung verbreiten. Schade! Für das unübertroffene, schon irgendwie magische Festivalhighlight und den (fast) krönenden Abschluss, sorgt dann schließlich Anna Calvi, die im Zirkuszelt ‚Fliegende Bauten‘ auftritt und für mächtig Zauber und Gänsehaut sorgt.
Das richtige Reeperbahn-Abschlusskonzert gibt es dann aber noch von Käptn‘ Peng und die Tentakel von Delphi, die nicht nur einen der besten Bandnamen überhaupt, sondern auch eines der besten Hip Hop Alben 2013 haben und uns herrlich aufgedreht in die Hamburger Nacht bzw. auf die Reeperbahn entlassen. Anschließend heißt es: So viele Aftershows wie nur möglich abklappern, so vielen Junggesellenabschieden wie möglich entkommen, noch ein wenig in Festivalerinnerungen schwelgen und dann bis zum Frühstückscafé auf dem Fischmarkt durchmachen. Müde, aber natürlich mehr als zufrieden bleibt festzuhalten: Das beste Mittel gegen Kater ist eine ausgiebige Hafenrundfahrt und Hamburg – bis nächstes Jahr dann!