Sex ohne (T)Reue
Let's Talk About Sex #65
Sex, bei dem ihr verschmelzt, lässt euch im Hier und Jetzt das Gefühl des Einsseins genießen. Plötzlich wächst die Sehnsucht, diesen Penis mit keinem anderen Menschen mehr teilen zu wollen. Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir statt Bondage versuchen, den Partner an ein Treueversprechen zu fesseln?
Dein Ego möchte den anderen besitzen und festhalten. Das hat aber nichts mit Liebe zu tun! Definitiv liebst du nicht, wenn du versuchst, deinen Partner in die Fesseln deiner Vorstellung über „Liebe“ und Treue zu legen. Wir scheinen am Ende einer Sackgasse angekommen zu sein, legen „moderne“ Beziehungskonzepte, wie Polyamorie den Rückwärtsgang ein?
Menschen, die scheinbar befreit von allen Besitzansprüchen, ihrem Partner den Freiraum gewähren, sexuelle Beziehungen mit anderen einzugehen, erscheinen oftmals revolutionär. Vom Egozentrismus befreit, indem sie zwar der Liebe die Treue – diese jedoch nicht nur einem Menschen – schwören, sind sie von der „evolutionären“ Erkenntnis getrieben, dass der Mensch nicht für Monogamie geschaffen sei. Der Gedanke, dass Liebe, die man teilt, mehr anstatt weniger wird, gründet auf einer universellen Wahrheit. Sobald wir sie auf nur einen Menschen reduzieren, verlieren wir dauerhaft unsere Liebesfähigkeit. Es ist gesund und wohltuend, mehrere Menschen – im Idealfall unseren Nächsten – zu lieben, wie uns selbst. Das Beziehungsgerüst Polyamorie glaubt zu wissen, dass ein Mensch alleine nicht für die Befriedigung unserer Bedürfnisse zuständig sein sollte. Doch ist das jetzt horizonterweiternd, oder einfach nur ein Vorwand, um ein Lotterleben zu führen?
Das soll kein Aufruf zum Zölibat sein!
Meiner Ansicht nach weist seelische Armut auf das zwanghafte Bedürfnis hin, mit mehreren Menschen sexuell in Kontakt zu treten und hat mit Liebe wenig gemein. Das Ziel der Liebe ist nicht Sex. Diejenigen, die sich die Befriedigung ihrer Bedürfnisse von anderen Menschen erwarten, versuchen mittels sexueller Freizügigkeit eine innere Leere zu füllen. Verantwortung für das eigene Wohlergehen zu übernehmen, wird unter dem Vorwand biologischer Determination abgegeben.
Natürlich braucht der Mensch soziale Beziehungen, um seinem Bedürfnis nach Liebe und Intimität gerecht zu werden. Dennoch weisen wir die Tendenz auf, vor allem die Paarbeziehung überzubewerten, anstatt die Beziehung zu uns selbst in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken. Wie soll die Reise ins Licht führen, wenn du nicht dazu bereit bist, in deine Dunkelheit abzutauchen? Und das kannst du nur alleine! Verabsäumst du diesen Weg zu gehen, navigiert dich deine Unbewusstheit durch ein Labyrinth sexueller Zerstreuung.
Ob ich meinem Partner nun ein Treueversprechen abverlange oder nicht, spielt im Endeffekt keine Rolle. Es geht nicht darum, was der andere treibt bzw. mit wem. Das ist sein Ding. Jeder muss selbst die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Fakt ist, dass Sex, um das Gefühl des Einsseins zu erlangen, zwar die erste Sprosse auf der Leiter zur Erleuchtung ist, jedoch nicht die Letzte. In diesem Sinne stellt sich die Frage, ob Polyamorie die Flucht aus dem grauen Beziehungsalltag einer monogamen Beziehung ist, oder die Flucht vor uns selbst zur Folge hat.
Es geht nie nur um den anderen, um eure Beziehung, um eueren Sex. DU bist das Einzige, das zählt. Den Fokus auf dich und der Verwirklichung deines Potenzial zu richten, um einen wertvollen Beitrag in der Welt zu leisten, das ist der Weg. Das Ziel ist es, zufrieden mit dir selbst zu sein, egal, ob andere dich lieben oder nicht. Alles im Außen spiegelt uns wieder, ob wir es geschafft haben bei uns selbst anzukommen!