Mi, 13. Apr 2016

Nicht so wirklich sexy Hexi

VOLUME Filmpreview: The Witch

Wie die Hexe Hänsel und Gretel ins Lebkuchenhaus, lockt der Trailer von The Witch verführerisch ins dunkle Kino. Dieser sieht nämlich nicht nur verdammt gruslig aus, sondern bewirbt den Streifen auch als „Soul-Shaking“, „Unforgettable“ und „Disturbing“. Doch wie Grimms Hexe ist auch The Witch nicht das, was sie vorgibt zu sein.

Neuengland, 1630. Der Farmer William wird von seinem Dorf verstoßen und findet mit seiner Familie auf einem abgelegenen Stück Land, direkt neben dem Wald, ein neues Zuhause. Es wird gebetet. Bald passieren komische Dinge. Die Tiere verhalten sich aggressiv. Es wird gebetet. Kinder verschwinden und tauchen wieder auf. Es wird gebetet. Die Geschwister beschuldigen sich gegenseitig der Hexerei. Zwischendurch wird gebetet.
Während man dem nicht enden wollenden Gebet, das von mäßig spannend erzählten und möchtegern grusligen Zwischenfällen unterbrochen wird, zusieht, versteht man schön langsam, was im Trailer mit „It feels like we’re watching something we should not be seeing“ gemeint war. 

Selbst das Ende überzeugt nicht. Ganz im Gegenteil nimmt es dem Film sogar noch die restliche Authentizität, die die mühsamen 75 Minuten davor vielleicht noch gerechtfertigt hätte. The Witch hat aber auch gute Seiten: Schauspielerisch überzeugt der Cast, allen voran die Kinder (Anya Taylor-Joy sollte man im Auge behalten). Auch die Kameraarbeit ist durchaus gelungen. Es grenzt beinahe schon an ein Wunder (oder Hexerei…), dass das Potenzial des düsteren Settings, das von der Soundkulisse wirklich überzeugend untermalt wird, nicht ausgeschöpft wird.
Fazit: Es kann gut sein, dass Cineasten mit einem arty Touch dem Film etwas abgewinnen können. Typische Kinogänger, die sich den Gruselschocker erwarten, den der Trailer verspricht, werden The Witch vermutlich – ähnlich wie den Sonntagsgottesdienst – etwas ermüdend finden. Gebetet wird zumindest ungefähr gleichviel – nur eben auf altenglisch (in der OV). Schade eigentlich, da wäre definitiv mehr gegangen!


Regie: Robert Eggers
Mit: Anya Taylor-Joy, Ralph Ineson, Kate Dickie
Kinostart: 19.05.2016
Bewertung: 2/5