Mo, 29. Aug 2011

Jazzfest Saalfelden

32 Jahre gibt es das Jazzfest in Saalfelden bereits. Nicht besonders lange für eine Institution und bei weitem nicht das älteste Festival dieser Art. Es liegt gleichauf an Jahren mit Wiesen aber…

Diese Spezialitätenfestivals gibt es heute nicht mehr, bzw. bieten diese Veranstaltungen, unabhängig von Motto oder Titel, nur eine indifferente Musikmelange knapp oberhalb des Mainstreams, mit der man ein ebenso indifferentes wie anspruchsloses Publikum mit der aktuellen Musikmode erfreut. Der Unterschied zu den Massenevents besteht nur darin, dass das primäre Ziel nicht in völliger Zulötung der teilhabenden Mitmenschen, die sich eher der Arbeiterklasse zughörig fühlen, besteht, sondern unter dem Mäntelchen Jazz noch immer ein intellektuelles Publikum zu bedienen vorgeben.

Musikströmungen und –artikulationen orientieren sich an gesellschaftlichen Bedingungen und beschreiben oder erläutern diese in spezifischer Art. Sei es in der klassischen Musik, dem Blues, Jazz, Rock, Hip-Hop, Rap, Grung und allen Derivaten – sie sind ein Produkt sozialer Gegebenheiten. Das ist gut so. Schlecht ist der Versuchung nachzugeben, es allen Recht zu machen, um fest abzusahnen. The Hinterholzoktett plays Vivaldi.

Dieser Versuchung entzog und entzieht sich die Intendanz des Saalfeldner Jazzfestivals bewusst und setzte auf Qualität improvisierter Musik und vor allem auf die Erforschung neuer Trends und die Experimentierlust deren Interpreten. Nicht, dass Improvisation nur eine Eigenart des Jazz wäre, wir erinnern uns gerne an die sagenhaften Extempores von Colloseum, Ten Years After oder Led Zeppelin. Auch Deep Purple konnten in ihren Livekonzerten, trotz fehlendem Notenblatt, ganz schön Gas geben, aber die ursprüngliche Domäne des Jazz war die Improvisation und das Solo jedes einzelnen Bandmitglieds.

Unter diesem Aspekt ist es zwingend, dass es auch in Saalfelden zwangsläufig zu einem Crossover verschiedener Musikgattungen kommt, aber nicht getrieben durch ökonomische, sondern inhaltliche Bedingungen.

Ich möchte nicht vergangene oder aktuelle Highlights beschreiben sondern ein erstaunliches gesellschaftspolitisches Phänomen zeigen. Solide, konsequente inhaltliche Arbeit mit einem klar erkennbaren Ziel, bewirkt deutliche Veränderungen der gesellschaftlichen Akzeptanz und ist ökonomisch erfolgreich wenn sie einem klugen Konzept folgt.

Die ersten Konzerte Anfang der 1980er, mit einem Line-up welches heute ein „Who is Who“ des Cool Jazz präsentiert, waren noch von deutlicher Abneigung der saalfeldener Einwohner geprägt. Fotos mit Plakaten vor Wirtshäusern mit der Aufschrift „Keine Jazzer“ zeugen davon.

Durch Gratiskonzerte am Rathausplatz, wo alltagstaugliche Jazzformate auftraten und -treten, welche aber weit entfernt von Alltäglichkeit, oder dem Niveau von Darbietungen eines hinterseer Stadls sind, wurden Einheimische, Touristen und „Jazzer“ zusammengeführt und ein Musikverständnis für diese Musikrichtung geschaffen. Heute sind alle Konzerte am Rathausplatz üppig besucht und mit einem bunt gemischten Publikum freuen sich Gastronomie und Kommunalsteuereintreiber. Die zweite Schiene sind die Almkonzerte, die fast esoterisch Qualität besitzen und vor allem auf Touristen wie mich wirken. Es ist einfach umwerfend wenn man in 2000m Höhe vor kitschigem Alpenpanorama und VERSCHNEITEN Bergen (JAA!!! Keine Reaktionen durch Zerfall chemischer Substanzen in meinem Körper, sondern es hat tatsächlich in der Nacht geschneit) in der Sonne sitzt und feinen Jazz der traditionelleren Art hört.

Aber auch die Spezialisten werden bedient. Für die Hardcore-Liebhaber gibt es Konzerte im Black Cube des neXus, welche der Jazzintention am nächsten kommen. In intimen Rahmen, in körperlicher Nähe zwischen Publikum und Musikern, in „Augenhöhe“ entstehen durch diese Interdependenz Musikpreziosen zum Niederknien.

Auf der Hauptbühne wird das Geld verdient. Hier finden die großen Acts statt, die aber ebenfalls jeder Beliebigkeit entbehren, und internationale Musiker bringen.

Heute gibt es kein Lokal oder Geschäft welches dieses Ereignis nicht zumindest mit Werbeplakaten unterstützt. Das fördert eine äußerst entspannte Stimmung und bringt internationale Gäste.
Auch Fremdenverkehrswerbung  und Politik erkennen die positiven Effekte dieses Events und drängen sich bei der Eröffnung.

Hoffentlich erfahren das meine Freunde Werner und Michael nicht und kommen das nächste Jahr. Denn dann muas Hias her!