Not Another Tinder-Story
Innenleben #46
Grundsätzlich: Water has no place near a laptop! Ich habe es also wirklich geschafft, mein MacBook zu fluten und mich in die digitale Einöde zu verdammen?! Und nun? Tinder? Hm… Login with Facebook-Account? Okay, von mir aus … Trendmäßig bin ich eh schon viel zu spät dran, das Ding endlich auszuprobieren.
“Du glaubst nicht, wen ich auf Tinder entdeckt habe! Thomas ist nicht mehr mit Isi zusammen? Interessant!” Aber abgesehen von der voyeuristischen Befriedigung ist Tinder auch ein unendlicher Pool an potenziellen Partnern… mit verdammt viel Suchtpotenzial als Handy-Spielerei. Ja, Tinder ist oberflächlich und hat einen schlechten Ruf als One Night Stand-App. Immerhin gaukelt dir Tinder auch nicht vor, irgendwie tiefgründig zu sein. Es ist ein Bild und nicht mehr. Klar, es gibt dabei auch gewisse Nuancen, die einen Hauch von Charakter erahnen lassen. Irgendwie. “Aber manchmal kann jemand auf einem Bild auch ganz anders ausschauen, als er es in Wahrheit tut.” Conny – aka Sherlock Conny – trifft den Nagel auf den Kopf. Ein Bild ist relativ. Und auf einmal bringt mich der vermeintliche Ego-Kick eines Matches in eine persönliche Misere: Bin ICH überhaupt so schön, wie ich mich auf diesem einen Foto präsentiert habe?
Paul und ich haben uns zum Beispiel letzte Woche gematched und es auch zur Facebook-Freundschaft geschafft. In persona werden wir uns dennoch niemals treffen. Ich bin sowas von geplättet, was das für ein schöner Mann ist. Echt, selten so einen schönen Mann gesehen! Ich fühl mich zwar geschmeichelt, dass wir uns gematched haben, aber gleichzeitig bin ich eingeschüchtert: Ja eh, das eine Foto von mir ist superschick, aber eigentlich… In der realen Welt sind wir kein Match. In der realen Welt würde ich es nicht eine Sekunde in seine Aufmerksamkeitsspanne schaffen. Und auf einmal fühl‘ ich mich gestrandeter und noch mehr vom Austrocknen bedroht, als ich es eigentlich bin. Was ich ja nicht bin! Und mein Laptop ist gerade ohnehin das komplette Gegenteil davon.
Tinder kostet verdammt viel Energie, ohne dass man eigentlich etwas tut oder auch nur irgendetwas passiert. Der schöne Paul meint, dass alles auf Tinder “ja ohnehin völlig wurscht ist, weil selbst aus hundert matches kein date wird, wenn man nicht darauf pocht.” Und wenn du anfängst, darauf zu pochen, wirkst du wahrscheinlich schon wieder sehr verzweifelt. Also immer schön cool auf easy cheesy machen. Alles klar. Äh, worum geht’s bei Tinder nochmal? Ich hab nicht den geringsten Tau. Und Moment! Hundert Matches?! Okay, meine Zukunft mit Paul zum HappilyEverAfter kann ich damit wohl vollends abschreiben. Das Grundkonzept von Tinder (“Interesse? Sex? Jetzt? Ja?”) hat es ja scheinbar nicht über den großen Teich geschafft. Und damit ist Tinder in Europa einfach nur zu einem großen dampfenden “IchSucheEinenParnterAberIrgendwieAuchNichtAlsoAllesTotalLockerUnd-IchschreibEinfachMalEinCharismatischesHi”-Nichts mutiert.
Mein Resümee aus zwei Wochen Tinder sind fünf Facebook-Freunde. Schön. Keine Ahnung, ob ich Paul, Tom, Patrick, Josh oder Michael jemals treffen werde. Denn absurderweise fühl‘ ich mich dank Tinder in die Gedankenwelt einer hohlen 17-jährigen Nuss versetzt: “Also Michael ist schon sehr süß, aber irgendwie ist Patrick noch einen Tick interessanter. Hm… mal abwarten und immer schön alle Möglichkeiten offen lassen.” Fühlt sich nicht gesund an. Meine Güte, wenn das Ding eine “One Night Stand”-App WÄRE, hätte es zumindest noch irgendwie einen Witz, aber so … gefangen in Bits und Bytes. Und was wir daraus lernen? WATER HAS NO PLACE NEAR A LAPTOP!!