Es war einmal HipHop 9 - Die 'vergessenen' DJs
Wird über die ersten Jahre der HipHop-Kultur berichtet, fallen meist nur die gleichen drei Namen von Herc, Flash und Bambaataa. Dabei werden gerne die anderen wichtigen DJs dieser Zeit wie Grandmaster Flowers, Pete DJ Jones, DJ Hollywood oder Lovebug Starski außen vor gelassen. Die heutige Ausgabe der Kolumne nimmt sich einiger dieser ‚vergessenen‘ DJs an.
Die Anfangsjahre von HipHop bis zu den ersten Plattenaufnahmen wurden unbestritten von den DJs dominiert. Allen voran stand das Triumvirat aus DJ Kool Herc, Afrika Bambaataa und Grandmaster Flash. Aber die drei Pioniere waren nicht die einzigen DJs, die wichtige Beiträge zur Entwicklung dieser Musikkultur leisteten. Die heutige Ausgabe von „Es war einmal HipHop“ widmet sich deshalb „den anderen“ DJs, die gerne aus der Geschichte ausgeklammert werden, um auch ihnen die nötige Anerkennung für ihre Leistungen zukommen zu lassen.
“In Brooklyn, Flowers was to brothers in Brooklyn what Kool Herc was to brothers in the Bronx.” Paradise vom X-Clan
Grandmaster Flowers war einer der ersten DJs mit einem mobilen Soundsystem – ein Markenzeichen der ersten HipHop -DJs. Er bespielte damit schon vor Herc und Co Parks oder veranstaltete Blockparties. 1969 fungierte er sogar als „Anheizer“ für das James Brown Konzert im Yankee Stadion. Für ein Jahrzehnt war er einer der wichtigsten DJs in Brooklyn und den umliegenden Bezirken. Flowers wurde jedoch Ende der 70er Jahre von den jüngeren DJs verdrängt und endete leider als Drogenabhängiger und Bettler. Hier eine rare Aufnahme von einem Gig aus dem Jahr 1979, in dem er schon Rap und HipHop-Elemente integriert hatte.
Von Pete Jones Einfluss auf den jungen Flash habt ihr bereits in der letzten Ausgabe der Kolumne gelesen. Aber Jones war nicht nur maßgeblich an der Entwicklung von Flashs Stil beteiligt. Ein weiterer, der von Jones in die Kunst des Auflegens eingeweiht wurde, war DJ Lovebug Starski.
“Lovebug Starski was one of the few deejays of that time that could play for either a hard-core hip-hop crowd with an underground deejay like Kool DJ AJ or for the adult audience’s downtown with Pete Jones or in Harlem with D.J. Hollywood. […] Starski was one of the few cats that could rock the mike and the wheels of steel at the same time.” Davey D
Starski wird neben seinen besonderen DJ und Rapfähigkeiten auch die Erfindung des Wortes „HipHop“ nachgesagt.
Diese Ehre wird auch seinem damaligen Partner DJ Hollywood zu Teil. Er machte sich ebenfalls erfolgreich sowohl an den Turntables wie auch am Mikro zu schaffen und prägte gemeinsam mit Starski den Begriff „HipHop“. Als Anfang der 80er die
Medien so langsam auf das Phänomen aufmerksam wurden, galt Hollywood als der erste „rappende DJ“. Auch wenn das natürlich nicht der Wahrheit entspricht, zeigt es wie wichtig und bekannt Hollywood zu dieser Zeit noch war.
„Unbestritten ist, dass Hollywood der größte Star der Epoche vor den ersten Plattenaufnahmen des MCing war. […] 1977, als ich an einem New Yorker College studierte, war er eine Legende. Zehn Jahre später, in den Zeiten von HipHop auf Platte, gehörte er bereits der Vergangenheit an – oder eher, der Vergessenheit.“ Nelson George in XXX
Ein wichtiger Partner DJ Hollywoods und ebenfalls einer der angesagtesten Plattenaufleger der 70er Jahre in New York war DJ Eddie Cheeba.
Dieser machte sich ebenso sowohl an den Turntables wie auch am Mikro zu schaffen. Er war der Meister der ‚Call and Response‘-Technik, die heute noch ein wichtiges Element von HipHop-Shows darstellt.
‚‚Who makes it sweeter?‘ And the crowd of hundreds would shout back ‚Cheeba, Cheeba, Cheeba!“ Davey D
Chuck D, Rapper von Public Enemy, wuchs in Long Island auf und aus seiner Sicht war Eddie Cheeba ‚[…] as important to hip-hop/rap as Ike Turner was to rock n roll”.
Obwohl all diese DJs von Herc und seiner Gefolgschaft als „Disco-DJs“ abgestempelt wurden – und sie auch tatsächlich mehr Discomusik für ihr meist älteres Clubpublikum auflegten –, kann heute keiner mehr ihren Einfluss auf die Entwicklung und Verbreitung von HipHop bestreiten.
Auch im näheren Umfeld von Herc, Bam und Flash stachen einige DJs hervor. Allen voran der euch bereits bekannte Grandwizard Theodor, der als Erfinder des Scratch gilt.
Aber auch Disco King Mario muss in diesem Zusammenhang genannt werden. Er war in den 70ern einer der bekanntesten DJs der Bronx. Durch sein mächtiges Soundsystem und seine Blockparties konnte er sich schnell einen Namen
machen. Ihm hatte außerdem Afrika Bambaataa seine ersten Auftritte zu verdanken. Denn diese bestritt der Godfather of HipHop auf Marios Soundsystem. Mario verhalf Bam durch seine Popularität auch zu einem größeren Publikum. Mitte der 70er Jahre konnte kein DJ ohne die Erlaubnis dieser beiden Ex-Black Spades in der Southbronx auftreten. Auch Herc und Flash mussten erst die Genehmigung dieser beiden DJs bekommen, wenn sie auf ihrem Terrain eine Party veranstalten wollten.
So wie Grandwizard Theodor der Protegé von Flash war, wurde ein Junge Namens Jazzy Jay der wichtigste Schüler und Partner von Afrika Bambaataa. Jazzy Jay wurde einer der wichtigsten DJs der Zulu Nation.
Er gründete auch seine eigene Gruppe, The Jazzy Five, deren einzige Aufnahme „Jazzy Sensation“ Anfang der 80er Jahre ein kleiner Hit wurde. Jazzy Jay war einer der wenigen DJs der Anfangsjahre, der HipHop noch weiter stark beeinflussen sollte. Er entdeckte und produzierte T La Rock und machte Russel Simmons mit Rick Rubin bekannt, die daraufhin Def Jam Records gründeten. Jazzy Jay ist auch heute noch als DJ tätig und besitzt nach eigenen Angaben zwischen 400.000 und 600.000 Platten.
Das war die Geschichte von einigen der wichtigen DJs neben Herc, Bam und Flash. DJ Breakout sowie der Cousin von Jazzy Jay, DJ Red Alert, sollten vielleicht noch erwähnt werden. Sie werden uns in dieser Kolumne aber zu einem späteren Zeitpunkt noch begegnen.
Morgen (30.05) findet wieder die nächste Radio-Sendung zur Kolumne auf Radio Orange statt. Von 23-24 Uhr werden die besten Songs der beiden Pioniere Afrika Bambaata und Grandmaster Flash gespielt! Anzuhören in Wien unter 94.0 MHz oder als Live-Stream unter www.o94.at!
Nächste Woche wird es sich um das sportlichste Element der HipHop-Kultur drehen, Breakdance. Wie der Tanz entstand, wie er fast wieder in Vergessenheit geriet und welche Rolle er in der Verbreitung der HipHop-Kultur spielte, das erfahrt ihr nächste Woche, wenn es wieder heißt: „Es war einmal HipHop“.