Es war einmal HipHop 17 - Weihnachtsspecial

Wie jedes Jahr im Dezember werden wir auch heuer wieder mit Weihnachtssongs überhäuft und anstatt eine Alternative zu bieten, wird in dieser Ausgabe von „Es war einmal HipHop“ noch ein bisschen Salz in die wunden Ohren gestreut. Auch Rapper lassen es sich nicht nehmen ebenfalls Weihnachtssongs auf den Markt zu bringen. Einige dieser musikalischen Kleinode werden in diesem Weihnachstspecial vorgestellt.
Die Lieder werden in zeitlich chronologischer Reihenfolge präsentiert, wobei der erste Weihnachstsong von 1979 kam bereits in der letzten Kolumne vor. Es handelt sich dabei um die erste Single von Mr. Kurtis Blow namens „Christmas Rappin“.
Beatstreet
Ein weiteres Old-School-Weihnachtslied stammt aus dem ersten Hollywood HipHop-Film Beatstreet von 1984. Vorgetragen von den euch ebenfalls aus den letzten Ausgaben bekannten Gruppe, den Treacherous Three, gemeinsam mit der Beatbox-Legende Doug E Fresh. Im Song schlüpft der Rapper Kool Moe Dee in die Rolle des betrunkenen Santas, der sich ein Streitgespräch mit seinen Rapperkollegen liefert. Diese beschweren sich bei Santa, da sie – wenn überhaupt – nur die falschen Geschenke bekommen. So bekam etwa Special K statt einer Beatbox gleich den Beatboxer Doug E Fresh, der dann seinen Auftritt hat. Der Song ist schon fast ein Rap-Kabarett. Meiner Meinung nach auf jeden Fall eine recht amüsante Alternative zu den ewig gleichen Weihnachtsliedern.

Christmas in Hollis
Auch die Pioniere der New School Run DMC ließen es sich nehmen einen Weihnachtssong zu produzieren. „Christmas in Hollis“ erschien 1987 als HipHop-Beitrag zur „A very special Christmas – Compilation“ auf der unter anderem Künstler wie Madonna, U2 oder Bruce Springsteen vertreten waren. Der Song stellt ebenfalls eine sehr humorvolle Weihnachtsgeschichte dar, in der Run Santas verlorene Brieftasche mit 1 Million Dollar findet und DMC das Weihnachtsmenü seiner Mutter preist. Das Lied kann getrost als der Klassiker unter den HipHop-Weihnachtssongs bezeichnet werden. So schaffte er etwa 13 Jahre nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2000 auf Platz 78 in den amerikanischen HipHop-Charts einzusteigen.

A SURF NEW YEAR
Christmas in Hollis“ erschien aber nicht nur auf der „A very special Christmas“- Compilation, sondern auch auf der ersten reinen HipHop-Weihnachts-Compilation namens „Christmas Rap“, die ebenfalls 1987 auf den Markt kam. Außer Run DMC befanden sich hauptsächlich eher unbekannte Acts auf der Platte. Spyder D dürfte Old School Liebhabern bekannt sein und vielleicht noch die Showboys, deren Song „Drag Rap“ unerwarteterweise zu einer Art HipHop-Hymne in New Orleans wurde. Als Beispiel für die Songs auf dieser Platte gibt es für euch „A Surf New Year“ von den Surf MCs. Ein kleines One Hit Wonder, das ein bisschen wie ein billiger Abklatsch der Beastie Boys klingt, aber immerhin mal ein etwas anderer Weihnachtssong.

Can’t Wrap this
Mein persönlicher Favorit unter den hiphopschen Weihnachtsliedern ist folgender Beitrag. Meist werden für HipHop-Weihnachtslieder ja bekannte Weihnachtslieder oder Melodien hergenommen und zu einem HipHop-Song  gemacht. Beim nächsten Song hat der Interpret aber stattdessen einfach einen eigenen Song hergenommen und den Text auf eine weihnachtliche Thematik umgeschrieben. Es geht dabei um die Schwierigkeit des Verpackens von Geschenken wie eines Hoola Hoops oder einer Motorsäge. Das kann einem aber auch Schwierigkeiten bereiten. Passend dazu auch der Titel „Cant wrap this“. Dieser ist natürlich eine Anspielung auf das Original „Cant touch this“ von MC Hammer, der sich in „Cant wrap this“ selbst in weihnachtlicher Manier parodiert.

Eazy E – Merry Muthaphukkin Xmas
Bislang hatten wir es mit fröhlichen, meist humoristischen HipHop-Varianten von Weihnachtssongs zu tun. Aber auch Gangster feiern Weihnachten und deshalb brauchen auch sie den passenden Soundtrack dafür. Wie dieser klingt, werdet ihr anhand der nächsten Songs hören. Angeführt wird der folgende Reigen an HipHop-Gangstaweihnachtsstücken von niemand geringerem als einem der Erfinder des Gangstaraps selbst, Eazy E. Eazy E war Teil der Gruppe N.W.A., die Ende der 80er Jahre das Gangsta-Rap Genre aus der Taufe hoben. Der Song selbst stammt von seiner ersten Solo-EP nach der Auflösung von NWA im Jahr 1992, „5051-Home 4 tha Sick“, und nennt sich „Merry Muthaphukkin Xmas“. Unterstützt wird Eazy E dabei von seinen Kollegen Rudy Ray Moore, Menajahtwa, Buckwheat und Atban Klann. Im Song werden Melodien diverser Weihnachtslieder durch den HipHop-Fleischwolf gezogen. Darüber erzählen Eazy E und seine Mitstreiter in typischer Gangstarap-Manier wie es im Viertel von Compton so zu Weihnachten zu geht. So handelt der Text klassischerweise vornehmlich von Sex und Drogen. Durch den ob aller Obszönitäten doch eigentlich sehr witzigen Text und dem fröhlichen Vortragsstil vor allem von Eazy E klingt der Song eher nach einer Parodie von Gangstarap und ist wohl auch nicht zu ernst zu nehmen.

High fo Christmas
Wir bleiben beim Westcoast Gangstarap mit dem Compilation-Album „High fo Christmas“ der West Coast Bad Boyz aus dem Jahr 1994. Die West Coast Bad Boyz waren keine HipHop-Gruppe, sondern einzelne Rapper, die der Rapper und No Limit-Label-Gründer Master P für dieses Album um sich scharte. Im Titelgebenden Song geht es, wie es der Name verspricht, ums High sein am Weihnachtsabend und wieder auch um das Thema Weihnachten im Ghetto allgemein. Also für alle, die mal etwas anderes am Weihnachtsabend probieren wollen…

Christmas on Death Row
So und um die Westcoast Gangster-Rap Trilogie abzuschließen kommt hier noch ein Song des 1996 erschienen „Christmas on Death Row“-Samplers. Ja genau, eine Compilation mit HipHop-Weihnachtssongs des Labels Death Row Records, das mit Suge Knight wohl einen der skrupellosesten und brutalsten Labelchefs besaß. Ein Label bei dem Gangstarap nicht bloß eine Genrebezeichnung war, sondern zu einem Teil der Realität seiner Künstler entsprach. – Abgesehen vielleicht von dem heute schon gehörten MC Hammer, der tatsächlich auch ca. 2 Jahre bei Death Row gesignt war. Er war nämlich gut mit dem wohl größten Death Row Star Tupac befreundet und wechselte gemeinsam mit ihm 1995 zum Label. Nachdem Tupac im September 1996 nach einem Drive-By-Shooting seinen Verletzungen erlag und Suge Knight für die sechs folgenden Jahre ins Gefängnis musste, verließen die meisten Artists Death Row. Davor brachten sie aber eben noch im Dezember „Christmas on Death Row“ heraus. Vielleicht als eine friedliche Antwort, auf das was geschehen war. Der Song selbst spielt zwar mit Gangstarap Klischees, ist aber sowohl musikalisch als auch textlich größtenteils Jugendfrei und lässt die Rapper sich an Weihnachten in ihrer Kindheit zurück erinnern. Also hier der Song mit Snoop Dog, Daz Dillinger, Nate Dogg, Bad Azz und Tray Dee mit dem schönen Titel: Santa Claus goes straight to the ghetto.

Santa Baby
Nachdem Run DMC bereits 1987 auf dem ersten A Very Special Christmas-Sampler vertreten waren – dessen Einkünfte übrigens den Special Olympics zugutekamen – wurde Run, der sich mittlerweile Reverend Run nannte, auch für den 3. 1997 erschienen Teil dieser Serie gewonnen. Zusammen mit so einem illustren Haufen wie Salt-N-Peppa, Onyx, P. Diddy, Keith Murray, Mase und den eben gehörten Snoop Dog. Musikalisch baut der Song übrigens auf dem Fugees-Song Nappy Heads auf, dem mehr oder weniger einfach noch Schellen hinzugefügt wurden. Für den Weihnachtsflair eben. Der Refrain stammt vom gleichnamigen Song von 1953 Santa Baby.

Christian Gangstarap
Nachdem wir mit Reverend Run schon ziemlich Christlich unterwegs sind, führt uns die nächste Gruppe endgültig in das schöne HipHop-Subgenre: Christian Rap. Ja auch das gibt es. Eine der vielleicht bekanntesten Gruppen, die versuchten HipHop mit christlichen Lehren zu verbinden war das Cross-Movement. Wie ihr im folgenden Song hören werdet, klingt das Cross-Movement eigentlich ziemlich nach Gangsta-Rap. Dieser aggressive Attitude und Vortragsweise stehen jedoch Texte mit christlichen oder gar biblischen Inhalten gegenüber, die überdies ganz ohne Schimpfwörter auskommen. Das Ziel der Gruppe war es, die HipHop-Kultur sozusagen von innen her zum christlichen Glauben zu führen. So wirklich akzeptiert wurde die Gruppe jedoch innerhalb der HipHop-Szene nie und blieb so am Ende wieder auf Auftritte in Kirchen oder eben in kirchlichem Rahmen beschränkt. In ihrem Song „Wise Man“ von ihrem Weihnachtsalbum „Gift Rap“ aus dem Jahr 2004 erzählen die Rapper aus der Sicht der drei heiligen Könige, wie sie dem Stern nach Betlehem folgen. Man würde nicht glauben, dass das ein christliches Weihnachtslied ist, wenn man nicht auf den Text hört. Irgendwie verwundert es mich nicht, dass sich die Gruppe 2008 aufgelöst hat…

Kanye und der Pomp
Jetzt wird es nochmal richtig groß und pompös, was mittlerweile auch irgendwie die Spezialität des nächsten HipHop-Artist ist. Die Rede ist von Kanye West, der es sich auch nicht nehmen ließ 2010 einen Weihnachtssong zu veröffentlichen. Als Verstärkung holte er einige Kollegen wie Cam’ron, Jim Jones, Vado, Cyhi Da Prynce, Pusha-T, Musiq Soulchild, Teyana Taylor, and Big Sean mit an Bord. Gemeinsam mit diesen malt er schön weihnachtliche Konsumfantasien über einen das Gemüt streichelnden Beat. Da möchte man auch gleich in die Mall fahren und sein ganzes Geld für Geschenke rauswerfen. Ja ok, so schlimm ist es nicht. Wer klassische Pop-Weihnachtslieder mag, den wird der Song in idyllisch weihnachtliche Träumereien versetzen, andere werden wohl das Bedürfnis verspüren, den Song schnell wieder abzudrehen.

Last Eurorap Christmas
Nun sind wir schon fast wieder am Ende dieses “Es war einmal HipHop” Weihnachtsspezial. Der letzte Song, der Höhepunkt dieser Ausgabe, ist in Wirklichkeit einer der am schwersten zu verdauende HipHop-Beitrag zum Weihnachtssong-Katalog. Er fällt auch ein wenig aus dem Rahmen, da es sich zum ersten Mal nicht um einen US-Amerikanischen Act handelt. Er stammt von den Rap Allstars, die ein Zusammenschluss der Creme de la Creme des sogenannten Eurorap-Genres war. Es fanden sich dazu die Gruppen bzw. Personen 2-4 Family, 2ruff, 4 The Cause, Joe Thompson, Mike Dalien und Sweetbox zusammen, um DEN Weihnachtssong schlechthin zu covern bzw. in Eurorap-Manier zu interpretieren. Und welcher Song kann das wohl sein? Natürlich aller euer Lieblingssong „Last Christmas“!
Also euch allen ein schönes Weihnachtsfest und bis zum nächsten Mal im neuen Jahr, wenn es wieder heißt „Es war einmal HipHop“.