Es war einmal HipHop 1 - Wie ein jamaikanischer Teenager den Grundstein für HipHop legte
Es war einmal… der 11. August 1973, ein lauer Samstagabend in der West Bronx. Kinder laufen in den letzten Sonnenstrahlen um einen geöffneten Hydranten, ein Mann gibt seinem frisch polierten Wagen den letzten Schliff und im ‚Recreation Room‘ von 1520 Sedgwick Avenue bereitet sich ein jamaikanischer Teenager darauf vor, den Grundstein für die HipHop-Kultur zu legen.
Es war einmal… der 11. August 1973, ein lauer Samstagabend in der West Bronx. Die Nacht senkt sich langsam über die lärmenden Straßen des Viertels und außer einer „Back-to-school“-Party im Gemeinschaftsraum von 1520 Sedgwick Avenue ist nicht viel los.
Cindy Campbell organisiert die Feier, um ein wenig Geld für neue Klamotten zu verdienen. Ihre Eltern sorgen für das leibliche Wohl der Gäste, während ihr Bruder Clive den DJ mimt. Kool DJ Herc nennt er sich und hat monatelang an einer neuen Technik gefeilt, die er an diesem Abend dem Publikum vorstellen möchte. Unter den Gästen befinden sich unter anderem der junge Joseph Saddler, bald besser bekannt als Grandmaster Flash, und ein gewisser Lawrence Parker, der sich in einigen Jahren den Namen KRS One geben sollte. Was jedoch keiner dieser Anwesenden weiß, ist, dass an diesem Abend Geschichte geschrieben wird.
Dieser Abend bzw. diese Party ist mittlerweile die anerkannte Geburtsstunde der Kultur, die wir heute „HipHop“ nennen. Auch der Ort 1520 Sedgwick Avenue wird seit 2007 von der Stadt New York als der offizielle Geburtsort von HipHop anerkannt. Zu verdanken ist das alles Kool DJ Herc, der auch gerne als „Father of HipHop“ bezeichnet wird. Mit seiner bereits erwähnten neuen DJ-Technik – dem von ihm sogenannten „Merry-Go-Round“ – legte Herc an diesem Abend den Grundstein für die HipHop-Kultur. Er nahm für sein Merry-Go-Round zwei identische Platten, spielte jedoch nur die „Break“-Parts der Lieder. Breaks sind Teile in Disco-, Soul- oder Funk-Songs, bei denen die Rhythmusinstrumente die Führung übernehmen und Melodieinstrumente sowie Gesang meist aussetzen. Herc hatte schon bei früheren Partys bemerkt, dass sich Tänzer und Tänzerinnen vor allem bei den Breaks besonders ausgelassen bewegten. Durch ständiges hin- und herwechseln zwischen den beiden identischen Platten konnte Herc nun die Breakparts praktisch unendlich lang verlängern. Der Breakbeat war geboren!
Herc schuf damit die Grundlage für die darauffolgenden HipHop -DJs. Zugleich lieferte er einen unkonventionellen, aber wegweisenden Gegenentwurf zum damals populären „Disco-Spinning“, bei dem es nur darum ging, möglichst sauber bekannte Lieder aneinander zu reihen. HipHop war anfangs auch eine Art Gegenbewegung zur vorherrschenden Discokultur der 70er Jahre.
Die Tänzer, die sich zu Hercs „Breakbeats“ mit teils akrobatischen Einlagen bewegten, nannte Kool Herc in weiterer Folge Break Boys bzw. Break Girls oder kurz „B-Boys“ und „B-Girls“. Damit verdankt auch das Tanzelement der HipHop-Kultur Kool Herc seinen Namen: Breakdance.
Kool Herc brachte außerdem noch etwas aus seiner jamaikanischen Heimat mit – das Toasten. In Jamaika war es unter DJs üblich, zwischen
und während Songs über die Musik zu reden oder kurze Reime zu bringen. Da Herc bei der Party zu beschäftigt mit seinem „Break-Spinning“ war, half ihm sein Freund Coke La Rock am Mikrofon aus.
„There’s not a man that can’t be thrown/A horse that can’t be rode/A bull that can’t be stopped/There’s not a disco that I Coke La Rock can’t rock”
Coke La Rock kann also getrost als der erste MC (Master of the Ceremony) bezeichnet werden, womit an diesem Abend auch der Sprechgesang seinen Weg in die HipHop-Kultur fand.
Warum HipHop gerade in einem heruntergekommenen Viertel wie der Bronx entstand und wie die Bronx überhaupt zu so einem verwahrlosten Problembezirk wurde, das erfahrt ihr nächsten Mittwoch, wenn es wieder heißt: „Es war einmal…HipHop“