Rokko Ramirez rotzt (30te Ausgabe)
Täglich grüsst das braune Murmeltier
Und täglich grüsst das braune Murmeltier!
Es ist zum AUSDERHAUTFAHREN. Kein Tag vergeht, ohne dass wir immer und immer wieder mit einem Schmarren konfrontiert werden, dass es ärgerlicher nicht mehr geht. An meiner persönlichen Spitze unnötiger Gedankengülle steht Drecks-Nazi-Propaganda. Wie kann man das noch immer gut heissen, verniedlichen, leugnen? Nach wie vor müssen Politiker zurücktreten, weil sie nur „harmlose“ Spielchen in Langenlois gespielt haben. Wertfrei natürlich. Wie erwürge ich jemand kostengünstig mit einem Gürtel? Wie hämmere ich am besten meinem Gegenüber einen Baseballschläger über den Schädel? Alles zur Verbesserung der Homerun Statistik? Im Zweifelsfalle mit dem Jausenmesser ein Stich in die Nieren oder einfach durch die Gurgel. Breitentauglicher ist eine Pumpgun. Zu amerikanisch? Aber da schließt sich der Kreis. Ab in die USA.
Dem Geburtsort unseres sozialen Netzes. Dort wurde gerade in einem Blog Verschwörungstheoretisches veröffentlicht, das Erstaunliches beweisen soll: Der Bombenanschlag von Boston anlässlich des Marathons war ein einziger Fake! Bilder sollen uns zeigen, dass keinerlei Bomben (ob selbstgebastelt oder nicht), sondern einzig und allein eine Rauchgranate (die selbstverständlich kaum Schaden anrichtet) explodiert sei. Fotos, die zeigen sollen, dass alles nur Scharade war. Theaterblut, Schwerverletztenprothesen und jede Menge Zirkus im Spiel. Der Fuß ist ab, Opfer werden abtransportiert, doch niemand hat hier übel mitgespielt, außer vielleicht die engagierten Schauspieler. Groß inszeniertes Kino inklusive Popcorn, Diätcola und dem Rest aus dem Kaugummiautomaten. Mit dem Auftrag, unseren Hirnlappen gedanklichen Durchfall zum Aufsaugen zu geben, in Form des unwiederbringlichen Beweises, dass garantiert wieder einmal eine „Jüdische Weltverschwörung“ ansteht.
So behauptet das zumindest der US-amerikanische Pseudopolitiker John de Nugent, der als Quellenangabe des Artikels fungiert (http://www.democratic-republicans.us/). Auf seiner weißgewaschenen Homepage befinden sich wie selbstverständlich jede Menge Links auf Deutsch, es soll ja Leute geben, die dieser Sprache besonders mächtig sind. Und sofort ist die Geschichte wieder in spannender Revision. Dieser Johann, wie er sich wohl selbst gern nennen würde, spielt mit Begriffen wie „Holocaust“ und „Folter“, nur um sie zweckzuentfremden und gegen die Opfer zu verwenden. Damals der Reichstagsbrand in Berlin und jetzt der Anschlag in Boston? Wir schieben’s anderen in die Schuhe und werden gestärkt dadurch?
Geht’s noch, ihr Wahnsinnigen? Die Welt wird die Greuel der Naziherrschaft nicht so schnell vergessen. Außer vielleicht in jenen verblendeten Winkeln des mediasozialen Netzes, in denen – abseits jeglicher nützlicher Information – die weltweite Dummheit der Menschen aggregiert wird. Kann – siehe John de Nugent – sau blöd, aber trotzdem gefährlich sein.