Uni-verselle Vorurteile
(Un)Entbehrliches Wissen #65
Ein Studentenleben besteht aus ungesunden Substanzen, übertriebenem Gendern, Jodel und nachgeholtem Schlaf, wenn man am wenigsten Zeit dafür hat. Doch stimmt das? Wir finden, diese Thematik ist um einiges komplexer. Bitte nicht allzu ernst nehmen.
Als Student unterliegt man vielen Klischees, die man sich großteils auch leisten kann. Naja, man selbst kann es eigentlich nicht, aber die Eltern. Zumindest ein paar Toleranzsemester lang. Immerhin hat man vor, die Welt irgendwann zu einem besseren Ort zu machen und der Weg dahin ist nun mal ein ewiger Kampf gegen den inneren Schweinehund. Bitte versteh das, Mama! Ich dachte ja auch, ich wäre ein organisierter Mensch!
Gespannt wären wir allerdings auf die Argumentationsbasis des Australiers Allan Stewart, der im Jahr 2012 im Alter von 97 Jahren endlich seinen Mastertitel im Fach ‚Klinische Studien“ erhielt. Der Typ wusste wirklich, wie man chillt. Immerhin musste er sich nicht mehr vor seinen Eltern rechtfertigen.
Im Gegenzug dazu erzählt ihr euren genetisch verpflichteten Geldgebern besser nichts von dem in Hongkong lebenden March Tian Boedihardjo, der sein Studium bereits mit 9 startete und zum Zeitpunkt seines Mathematik-Bachelors gerade einmal 12 Jahre alt war. Der schaffte das ja auch nur so schnell, weil er in kein Lokal reinkam.
Bei der Wahl des Studiums muss man sich als aufstrebende, weltverbesserungsambitionierte Persönlichkeit mit an Haaren herbeigezogenen Vorurteilen und Generalisierungen auseinandersetzen.
BWL-Studenten werden permanent mit der schändlichen Annahme konfrontiert, sie wüssten schlichtweg nicht, was sie studieren sollten und suchten nur nach einer Möglichkeit, ihre teuren Hemden zu tragen. Und wahrlich, eine Schwundbilanz von über 30% zeigt – viele wissen es wirklich nicht. Der Hauptgrund für den Abbruch ist laut Umfragen eine völlig falsche Erwartungshaltung.
Die hat man beim Medizinstudium definitiv nicht. Schon im Vorhinein ist man auf Blut, Schweiß und Tränen (und womöglich Eiter) eingestellt … und das nur einmal in Bezug auf die Absolvierung der Aufnahmeprüfung. Mit skeptischem Schielen auf den jährlichen Uni-Ansturm der deutschen Nachbarn, die immerhin 25% der Studienplätze belegen, werden hier neben medizinischen zudem völkerrechtliche Themen relevant.
Auch die Lehramtler und Pädagogen kommen häufig in Rechtfertigungsnot – sie sind laut ihrer Kritiker immerhin die Einzigen, die nach dem Studium fast noch mehr Freizeit haben als währenddessen.
Noch schlimmer trifft es die Soziologen und Psychologen, die unter dem völlig unbegründeten Verdacht stehen, willkürlich und ziellos Semester für Semester zu konsumieren, weil sie genau wissen, dass sie danach ohnehin keinen Job finden werden, um sich weiterhin ihr Gras zu finanzieren.
Entscheidet man(n) sich für ein technisches Studium, kann man sich durchgehend mit dem Klischee des bebrillten Nerds, der panische Angst vor Frauen und Sportstudenten hat, herumplagen. Aber keine Sorge, spätestens seit „The Big Bang Theory“ ist das absolut gesellschaftstauglich.
Apropos Sport, auch das Stereotyp der Bewegungsfanatiker, die zwar mit Muskel-, aber nicht mit Geisteskraft brillieren, hält sich nach wie vor hartnäckig. Sie sind für ihr ausgeprägtes Rudelverhalten bekannt und bewegen sich oft ihre gesamte Studienzeit nur in gewissen Kreisen, in denen vor allem vermittelt wird, wie vielfältig man den Begriff Doping definieren kann.
Hat man sich dann endlich einmal durchgerungen, sein (hoffentlich bereicherndes) Studium zu vollenden, kann man die letzte Hürde, die Abschlussarbeit, nach Belieben gestalten. Warum nicht eine Masterthesis über die „Entwicklung eines Kommunikationskonzepts für den Kinofilm ‚Erkan & Stefan und die Mächte der Finsternis‘“ oder über die „Ausrichtung von Pferden unter dem Einfluss von Hochspannungsleitungen“ verfassen? Egal wofür ihr euch entscheidet – ihr macht es sowieso zu spät und seht die Deadline als die schönste Muse. Wenn es etwas gibt, das jeder Student während seiner X Jahre an Unis lernt, ist es Prokrastination – herzlich willkommen im neuen Semester.
Some Random Facts
- Die Dissertation einer Studentin in Münster, „Naturmedizin gegen Impotenz im mittelalterlichen Persien“ kam auf immerhin drei Seiten Text.
- Ein Kodex war ursprünglich eine Art Notizbuch aus Holz- oder Wachstafeln.
- Trotz zahlreicher Proteste erhält man für die Absolvierung eines Astrophysikstudiums noch immer keinen „Master of the Universe“.
- Nudeln mit Tomatensoße sind das am häufigsten selbst gekochte Gericht in Studentenheimen.
- Durchschnittlich trinkt eine Person in Österreich jährlich ca. 900 Tassen Kaffee.