Kampf dem Winterblues!

Entbehrliches Wissen #72

Wenn es draußen dauerhaft so aussieht, als spiele man „Dark Souls“, man sich morgens täglich mit der Grundfrage auseinandersetzt, ob man Job und Studium wirklich so dringend braucht und die Reddit-Subforen wieder vor zynisch-melancholischen Seelenstrips überlaufen – dann ist er wieder da. Der Winterblues.

Winter is here. Die Tage sind kürzer, dunkler und kälter. Der Nebel hängt wahrscheinlich auch noch tief, voraussichtlich bis Ende März, und wir hören jetzt nur mehr die „Herr von Grau“- Playlist. Nein, ausnahmsweise hat beim Winterblues, auch als Seasonal Affective Disorder (SAD) bekannt, die Farbe Blau nichts mit der aktuellen österreichischen Regierung zu tun – die könnte allerdings auch ein begünstigender Faktor für nervliche Leiden aller Art sein.

Der klassische Winterblues im Zeitraum von Oktober bis März ist zwar keine offiziell deklarierte, ausgewachsene Depression, aber dennoch nimmt diese Zeit des defätistischen Darbens im Dunkeln einem die Freude an der Winterzeit. Der Neurotransmitter Serotonin verabschiedet sich und lässt uns in der Tränenlache des Hormonentzugs zurück. Was macht unser Gehirn, um das adäquat zu kompensieren? Es verlangt Zucker – oft in übermäßigen Mengen. Leider hilft das leergelöffelte Glas Nutella nur kurzfristig gegen die schlechte Laune. Bis es leer ist eben.

Zudem trifft an klassischen Wintertagen zu wenig Tageslicht auf die Netzhaut unserer Augen. Unsere fleißige Zirbeldrüse, die Epiphyse, erkennt dies dank einer Nervenverbindung zur Netzhaut und schüttet unkontrollierte Mengen Melatonin aus, als gäbe es kein(en) Morgen mehr. Also nie wieder. Dieses Hormon ist nämlich für unseren Schlaf-/Wachrhythmus verantwortlich und eine unstete Ausschüttung lässt uns antriebslos, träge und mit der mentalen Einstellung von I-Aah aus „Winnie the Pooh“ zurück.

Überraschung, Bewegung an der frischen Luft ist förderlich für das Gemüt. Sich dabei warm anzuziehen, in diesen Zeiten hoffentlich selbstverständlich. Ja, damit seid auch ihr gemeint, Leute mit Crop Tops. Ich schaudere nicht nur ob eures extravaganten Styles, aber diese Gänsehaut ist schon ein ziemlicher Eyecatcher. Auch wenn es logischer anmutet, sich selbst in sieben Schichten aus schwärzlich- schwarzen Stoffstücken zu hüllen, um täglich das Andenken von Severus Snape zu ehren, sollte man trotzdem einmal einen Stoffwechsel (und damit auch den roten Pulli) in Erwägung und aus dem Schrank ziehen – leuchtende Farben heben nämlich die Stimmung.

Falls das nicht reicht, weil einfach zu wenig Tageslicht vorhanden ist, um überhaupt Farben zu erkennen, scheuet euch nicht, in der Apotheke eures Vertrauens nach Vitamin D-Tropfen zu fragen.

„PERSONEN, DIE SICH MIT GLÜCKLICHEN MENSCHEN UMGEBEN, SIND SELBST GLÜCKLICHER.“

Außerdem ist geteiltes Leid halbes Leid: In einer Studie, die von Dr. Nicholas Christakis von der Harvard Medical School und James Fowler von der University of California in San Diego durchgeführt wurde, waren Personen, die sich mit glücklichen Menschen umgaben, tendenziell selbst glücklicher.

Am besten, wir orientieren uns an den nördlicheren europäischen Ländern, die sich mit der Problematik der jährlichen Sonnenunterschlagung regelmäßig auseinandersetzen müssen. Eine wortwörtlich stimmungsaufhellende Lampe mit 2500 bis 10.000 Lux kann offenbar Linderung verschaffen.

Also: Lustlosigkeitslösungen haben wir genug, die einzige Schwierigkeit liegt wohl mal wieder darin, diesen grantigen, zotteligen inneren Schweinehund von der Bettkante zu stoßen, der sich dort so wohlig warm breitgemacht hat. Kampf dem Winterblues!

SOME RANDOM FACTS

  • Auf Reddit wird beim Winterblues empfohlen, eine Playlist mit positiven, „warmen“ Liedern zu erstellen. Komödien sollen auch helfen.
  • Beim „Lichterfest“ im finnischen Tampere handelt es sich um eine fast drei Monate andauernde, sehr bunte Lichtinstallation in der gesamten Stadt.
  • Auf Woxikon findet man 616 verschiedene Synonyme für das Wort „depressiv“.
  • Die empfohlene Tagesdosis für Vitamin D des National Institutes of Health beträgt 600 internationale Einheiten (IE) pro Tag. Der Bestseller- Autor der New York Times, Joseph Mercola, schlägt sogar vor, dass Erwachsene bis zu 5000 IE pro Tag einnehmen sollten.
  • In Schokolade lassen sich die Glückshormone Serotonin und Phenethylamin finden.
  • In Mitteleuropa steht die sommerliche Mittagssonne 60° bis 65° hoch und strahlt bei idealen Wetterbedingungen mit einer Bestrahlungsstärke von etwa 700 Watt/Quadratmeter. Im Winter sind es nur 13° bis 18° und selbst zu Mittag nur etwa 247 Watt/ Quadratmeter.