Alle hetzen, niemand spaziert mehr. Alles gibt es to-go, denn jeder ist ständig on the run. Informationsflut, Stresswut, alles gut. Entspannt euch doch mal! Es ist Sommer und sowieso zu warm für Hektik. Lehnt euch zurück, gönnt euch kühles Getränk und ein gutes Stück Musik.
Dieses zum Beispiel: Denn was die Supergroup aus der Murmetropole selbst nonchalant als „Boring Rock“ bezeichnet, dreht sich derart relaxed am Plattenteller, sodass die Tiefenentspannung nach wenigen Hörminuten ganz von selbst einsetzt. Doch bitte nicht falsch verstehen: Tiger Family machen keineswegs Meeresrauschen-Panflöten-Einschlafmusik, sondern feingeistigen wie freigeistigen Slow-Rock, der irgendwo zwischen Country, Psychedelic, Americana und Folk oszilliert und sich mit viel Liebe zum Detail in ihrem zweiten Langspieler „Tarantoga“ manifestiert.
Ein Album wie ein schwüler, heißer Sommertag, an dem jede Aktivität aufgrund der Temperaturen zu anstrengend scheint, die Zeit zähflüssig verrinnt und man gerade das in vollen Zügen genießt. Da flirrt „Summer Tale“ in der Hitze, hier spiegelt sich „The Fear Of The Dark“ in den kühlen Tiefen des nahe gelegenen Sees wider, dort erinnern wir uns im Schatten eines Baumes mit „Memory Lane“ an längst vergangene Sommerabenteuer – alles in wohltuendem Sepiafilter. In jeder Nummer gibt es faszinierende Feinheiten zu entdecken: Die Instrumentierung wurde unter anderem um Flöten und Streicher erweitert und fließt dank Aufnahmen in bewährter Oldschool-Technik mit Tonbandmaschine besonders warm und vollmundig in den Gehörgang. Ebenso der melancholisch gelangweilte, eigenwillig leicht verschrobene Gesang von Ratrock Tot Sint Jans (a.k.a. Patrick Möstl), der durch alte Mikrofone, die bereits Charlie Chaplin verwendet haben soll, sein volles Potenzial entfaltet. Nostalgisch, hippiesk, gemütlich, unaufregend aufregend – ein Album für den Sommer wie damals! [AMY]
— Amy Mahmoudi