Es gibt keine zweite Band, die ihre gesamte Karriere hindurch derartig unterschätzt wurde wie Therapy? Nachdem das irische Trio mit dem grandiosen Album „Troublegum“ Anfang der Neunziger dem Durchbruch zum Greifen nahe gekommen war, stießen die nicht minder genialen, aber vergleichsweise sperrigen Nachfolgealben „Infernal Love“, „Semi-Detached“ und „Suicide Pact – You First“ größtenteils auf Ignoranz. Es folgten nervenzehrende Besetzungswechsel und die Trennung vom Majorlabel. Doch Therapy? haben nie ernsthaft ans Aufhören gedacht. Zu sehr lieben sie das, was sie tun, nämlich großartige, eigenständige Musik machen.
Auf ‚One Cure Fits All‘, dem mittlerweile zwölften Album der Band, lässt Frontman Andy Cairns gleich zu Beginn verlauten, dass man auch künftig nicht vorhat, sich von Schwierigkeiten unterkriegen zu lassen: „A fearless, reckless life/Can have consequences/But still I’d rather feel something/I’d rather take my chances“, heißt es in „Sprung“. Mehr noch als zuvor pendeln Therapy? auf diesem Album zwischen Zuversicht und Verzweiflung und verpacken all dies in unwiderstehlich melodische Rocksongs, wie „Rain Hits Concrete“, das traurige „Our White Noise“ oder die untypische Mid-Tempo Nummer „Dopamine, Seratonin, Adrenaline“. Letztendlich siegt die Erkenntnis, dass es die schlechten Zeiten wert sind, durchlebt zu werden, um auf der anderen Seite geläutert heraus zu kommen („Walk Through Darkness“). Bleibt eigentlich nur noch eine Frage offen, nämlich wann das Fragezeichen im Bandnamen endlich durch drei fette Rufzeichen ersetzt wird.
[reiner]
— Nobody