New Hot Music Shit (26te Ausgabe)
Natürlich gibt es sie immer noch an jeder Ecke. Die Varieté-Combos, Künstler-Kollektive und Chöre. 20-köpfige Musikgruppen, die jede Festivalbühne sprengen und Veranstalter mit dem Ausmaß ihrer Entourage in den Ruin treiben. Wir haben im heißen Topf der Newcomer-Minestrone diesmal nach Bands in Minimal-Besetzung gefischt und allerhand bekömmliches und anregendes ans Tageslicht befördert. Die besten gemischten Doppel für diesen Herbst.
Purity Ring
Die Kanadier Megan James und Corin Roddick nennen sich Purity Ring. Wie dieser seltsame Schmuck, den sich bigotte amerikanische Teenager anstecken, die glauben, dass es eine total gute Idee ist, bis zur Ehe enthaltsam zu leben. Gähn. Purity Ring allerdings machen tolle, zauberhafte Musik. Gerade erst erschien ihr Debütalbum Shrines, von der renommierten Internet-Plattform Pitchfork wurden sie schon als die neuen The Knife bezeichnet. Megan greift beim Texte schreiben gerne auf alte Tagebucheinträge zurück und erfindet Fantasieworte wie Crawlersout, Grandloves oder Lofticries, Corin musiziert auf der Bühne mit einem selbstgebauten Instrument, bei dem verschiedene bunte Lampen an einen Synthesizer gekoppelt sind, so dass jeder angeschlagene Ton auch einen eigenen Lichteffekt erzeugt. Neugierig geworden? Gut so…
Für Fans von: The Knife, Grimes, Twin Shadow
Link: http://thepurityring.tumblr.com
aktuelles Album: Shrines (bereits erschienen, Label: 4AD/Last Gang)
Sweatshirt
Auf einer ähnlichen Welle wie Purity Ring reiten auch Sweatshirt, das deutsche Pendant aus der Hipster-Hochburg Berlin. Die bezaubernde blonde Sängerin Teresa, die bereits unter dem Namen Chloe solo als Singer/Songwriterin unterwegs war, hat sich den feschen und fähigen Produzenten Eric Crusher ins Boot geholt und gemeinsam machen sie astreinen Chillwave der von verplemperten Sommertagen auf Hauptstadt-Dächern und schummrigen Party-Nächten erzählt.
Ihre erste Single Unicorn ist ein ekelhaft eingängiger Ohrwurm, das dazugehörige Video handelt von schönen Menschen und Einhörnern. Von diesen Herrschaften, die gerade an ihrem Debüt-Album basteln, werden wir sicher noch einiges zu hören (und sehen) kriegen.
Für Fans von: M83, Chromatics, Robyn
Link: http://www.facebook.com/sweatshirtmusic
aktuelles Album: aktuelle Single Unicorn, Album in der Mache
The Unkindness Of Ravens
Wer es lieber etwas rockiger und organischer aber doch noch mit einer Vorliebe für eiskalte Synth-Schläge mag, der ist bei dem zwischen Berlin und London pendelnden Mann-Frau-Doppel The Unkindness Of Ravens genau richtig. Mal hart, mal zart schallt die Stimme von Sängerin Nina durch ein stark 80ies-beeinflusstes Wave-Universum, das renommierte Clash-Magazin bezeichnete ihren Sound als „Reverb-geladener Scuzz-Pop“, was immer wir damit nun anfangen wollen. Eine dieser Bands wo du beim ersten Hören kaum glauben magst, dass sie tatsächlich nur zu zweit dahinter stecken, weil ihr Sound so voll und brett-artig um die Ecke kommt. Warum nun Raben aber so fürchterlich grausam sind, müssen sie uns bei Gelegenheit noch mal in Ruhe erklären.
Für Fans von: The Kills, Cat’s Eyes, The White Stripes
Link: http://www.theunkindnessofravens.com
aktuelles Album: Virus (bereits erschienen, Label: Sonic Fire)
The Echo Vamper
Noch eine Spur wilder und durchgeknallter kommt das Zweiergespann The Echo Vamper aus dem dänischen Kopenhagen daher. Wer sie einmal live erlebt hat, ist sofort verliebt in Iza, die raubkatzenartige, ausdrucksstarke Sängerin mit toupierter Todesmähne, Transen-Make-Up und einem Organ, das Gläser splittern lässt. James, auf der Bühne und im wahren Leben ihr exaltierter Partner ist genauso eindrucksvoll und gemeinsam sind die beiden der Inbegriff einer neuen Generation von roughem Garage-Rock in Tradition mit Ikonen wie Iggy Pop oder Siouxsie and The Banshees. Sie verstehen sich als Allround-Künstler und geben nichts aus der Hand, egal ob Videos, Artwork, Produktion – Fremdeinwirkung kommt gar nicht in die Tüte.
Das vor Ideen und Kreativität übersprudelnde Duo bewegt sich steil nach oben auf der Karriereleiter weil jeder, der sie einmal spielen sieht, ihnen hoffnungslos verfallen MUSS. It’s magic!
Für Fans von: Raveonettes, The Kills, Siouxsie and The Banshees
Link: http://www.theechovamper.com
aktuelles Album: EP It’s The Echo Vamper ( I-Tunes)
Peaking Lights
Ebenfalls ein durchgeknalltes Love-Couple sind Aaron Coyes und Indra Dunis (woraus sie selbst gerne das Akronym A.C.I.D. ableiten) aus dem sonnigen Kalifornien. Unter dem Namen Peaking Lights machen sie einen Sound, den unschuldige Gemüter als verträumt, abgeklärte Geister als total verspult und grenzgenial bezeichnen würden. Eine Prise Dub, eine Spur des bewährten und allgegenwärtigen Chillwave, verfeinert mit wissender Ahnung von etwas Krautrock und dem unvermeidlichem Hall auf der Stimme. Klingt nach aufgewärmtem Rausch, Sonne die durch schmutzige Fenster fällt und tiefer ehrlicher Zuneigung. Drittes, inoffizielles Bandmitglied ist übrigens der kleine Sohn Mikko, der natürlich auf Tour immer mit dabei ist. Das aktuelle Album heißt Lucifer – Mann, oh Mann, solche Eltern hätten wir uns auch gewünscht…
Für Fans von: Julia Holter, Nite Jewel, Prinzhorn Dance School
Link: http://peakinglights.com
aktuelles Album: Lucifer (Label: Domino/Mexican Summer)
Reptile Youth
So, damit wir gegen Ende nicht total aggressiv werden von so viel schnuckeliger Pärchen-Scheiße, fällt das letzte Duo etwas aus der Reihe, handelt es sich hier doch um zwei gutaussehende Männer, die zwar genauso wie The Echo Vamper aus Dänemark kommen, unseres Wissens nach aber kein Paar sind. Vielmehr kommt der blondgelockte Sänger Mads Damsgaard Kristiansen live wie ein Mischung aus Iggy Pop und Klaus Kinski daher, halbnackt und mit Erlöser-Attitüde. Bassist Esben Valløe liefert die Sound-Matratze für diese heiße Elektro-Noise-Schwitz-Orgie. Im Herbst erscheint nun das langerwartete erste Album der Jungs (die Single Black Swan Born White gibt es schon) und auf einer ausgeweiteten Europatour werden sie uns anschließend zu den neuen Songs in Ohnmacht rocken.
Für Fans von: WhoMadeWho, Sizarr, !!!
Link: http://www.reptileyouth.com
aktuelles Album: erscheint im Herbst 2012