Mo, 31. Mai 2010

New Hot Music Shit (12te Ausgabe)

Der Frühling ist da und wer sich dagegen wehrt, hat verloren. Die ach-so-vermisste Sonne scheint wieder und die Romantik hat uns so richtig gepackt: Kopf-an-Kopf in der noch mückenfreien Wiese liegen, die Kopfhörer miteinander teilen und die schönen Melodien vor sich hinsummen. Ob der feschen britischen Stylo-Jungs, der neuen Kumpels von Sigur Rós, der alten Herren in Second-Hand-Anzügen, oder der süßen australischen Wunder-Popper – ist uns eigentlich egal. Hauptsache, es brennt heiß runter…

World’s End Press – Tanz den Weltuntergang

Wie nennt man diese Musik eigentlich? Indie-Disco sagen wohl die Meisten dazu. Ich jedoch finde, man müsste einen neuen Genre-Begriff prägen um jenen Bands gerecht zu werden, die in den letzten Jahren verstärkt dafür gesorgt haben, dass wir uns bei großen Sommer-Open-Air-Festivals zu ihren metallenen Beats in Massen-Trance wiegen. Die apokalyptisch betitelten “World’s End Press” aus dem fernen Melbourne sind weitere Kandidaten in dieser Riege. Es klirrt, es klatscht, Frontmann John Parkinson überschüttet uns mit sleaken Gesangs-Konfettis bis wir nicht mehr ruhig stehen können. Die Band selbst beschreibt ihren Stil einfach als das, was passiert wenn ein paar Jungs mit modernem Electro-Equipment spielen und stark von 80er-Jahre-Helden wie Gary Numan oder Kraftwerk beeinflusst sind.

Für Fans von: Hot Chip, TNT Jackson, LCD Soundsystem, !!!, Glass Candy

Internet: http://www.myspace.com/worldsendpress

Album wird im Laufe des Jahres veroeffentlicht. Singles“Golden Child” und “Only the Brave” ( Love and Mercy Records/ iTunes)

Happy Birthday – Never doubt the Power of Power-Pop

Manchmal hat man schon das Gefühl, dass bestimmte Bands einen einfach ärgern wollen mit ihrer Namensgebung. Gib mal “Happy Birthday”+ “Band” bei Google ein und versuch was über eine Newcower-Band aus Brattleboro, Vermont rauszufinden. Außer dem Jahrhundert-Nerv-Song von Stevie Wonder und den stümperhaften Internetseiten abgehalfterter Provinz-Bands, die zur Eheschließungsberieselung aufgeigen, kaum etwas zu finden. Da muss man schon direkt beim Guten-Geschmack-Label Sub Pop nachforschen, welches die Combo angeblich unter Vertrag nahm, als jene noch nicht mal ausreichend Songs für einen Live Gig, geschweige denn für ein Album im Repertoire hatten. Das Trio um Multikünstler Kyle Thomas (solo auch als King Tuff aktiv) besticht durch eine musikalische Leichtigkeit und Energie, die einen schon nach den ersten Takten ihrer Single “Girls FM” fest in den Krallen hält. Garagiger DIY-Rock mit superpoppigen Gesangslinien, der sich verspielt bei all seinen Vorbildern aus den letzten Jahrzehnten bedient. Glam Rock, Grunge, Beat, Pop und dutzende weitere Soundgewürze formen sich zu einen Glitzerballon aus Sentimentalitätsbekundungen, Jugenderinnerungen und Tagträumen.

Für Fans von: Teenage Fanclub, The Soft Pack, Girls

Internet: http://www.myspace.com/brattleborohousecartoon

Album: Happy Birthday/ Happy Birthday (Sub Pop Records/ Voe: 16.03.2010)

Operator Please – Handschuhe trotz Frühling

Ein Klassiker unter Bandgründungsmythen und -anlässen ist dieser: Der Talentwettbewerb. Battle of the Bands. Viele Gewinner tragen allerdings außer dem Backstage-Bier und eventuell gewonnenen Studioaufenthalten mit grimmigen Haarrock-Produzenten keine Pokale von dannen. Anders das australische Baroque-Pop Kollektiv Operator Please. Sie fanden sich in der High School, formten sich, gewannen und wurden von EMI unter Vertrag genommen.
Um-tourten blutjung die ganze Welt und durften Indie-Größen wie die Arctic Monkeys oder Bloc Party supporten. Sängerin Amandah Wilkinson verfügt über diese subtile Rockröhren-Sexyness, die sich beim Singen wie ein dünner Film Hustensaft über die Stimmbänder legt und aufgrund ihres jungen Alters eine Spur quietschig klingt, was aber keineswegs als Kritik gemeint ist. Seductive Tweetie! Dazu wird solide-treibender Indie-Rock, abgeschmeckt mit einer elektronischen Minimal-Prise. Jung, verführerisch und hedonistisch, enjoy!

Für Fans von : You say Party! We say die!, We start Fires, Sons and Daughters

Internet: http://www.myspace.com/operatorplease

Album: Operator Please/ Gloves ( 08.03.2010/ Brille Records, EMI)

FRANKIE & THE HEARTSTRINGS – Retro-Pop Revival

Das lieben wir an England: Neuer heißer Scheiß kommt selten alleine. Während in unserer kleinen Öffentlichkeit Diskussionen noch im vollen Gange sind, ob The XX oder Marina & The Diamonds den Ruhm (und die Gagen) verdienen, die sie derzeit bekommen, haben Engländer schon eine handvoll neuer ähnlicher Bands, von denen sie schwärmen – und schreiben.
Frankie & The Heartstrings ist so eine – und zum Glück eine ganz feine. Fünf Jungs aus Sunderland mit Vorliebe zum Sound und Songwriting der 50iger-Jahre, sind aber schon längst kein Geheimtipp. Mit ausverkauften Club-Tours, zahlreichen Festivalauftritten und nicht unwesentlichem Support des größten Musikmagazin Englands – dem NME, ist die Band gerade dabei den Absprung in den Mainstream zu schaffen. Die Tatsache, dass sie kleidertechnisch in den richtigen Läden einkaufen und ihr Name die beliebte Strähne der „Something and the Something“ Bands fortführt, schadet dabei natürlich nicht.
Selbst wenn man Ihnen die „Reinkarnation des britischen Indie-Pops“  nicht abkauft, einen schönen Frühling wird uns diese Band wohl bescheren.
Link: www.myspace.com/frankietheheartstrings
Für Fans von: Glasvegas, The XX

FANFARLO – Die neuen Folkies

Ob es an der Finanzkrise oder dem fortschreitenden Untergang unseres Planeten liegt, oder einfach dem musikalischen Zufall zuzuschreiben ist,  die neue Folk Musik aus dem anglosächsischen Raum findet derzeit offene Ohren wie selten zuvor.
Wie die großartigen und omnipräsenten Mumford & Sons kommen FANFARLO aus London, doch scheint ihr wahres Zuhause eine grüne hügelige Landschaft zu sein, mit kleinen Dörfern und einfachen Menschen, weit weg von urbaner Anonymität und Entfremdung. Mit akustischen Gitarren, warmer Stimme und scheinbar magisch gestimmten Streichern erzählen sie süße Geschichten von einer ehrlichen Welt. Dass sie damit den richtigen Moment erwischt haben, zeigt der Erfolg in den USA und der anschließend unterschriebene Major-Vertag bei Warner Music. Bands wie Sigur Rós oder Beirut zählen sie auch schon zum engsten Freundeskreis, was nur auf eines hindeuten kann: diese Truppe ist „here to stay“. Lasset also die Folk-Spiele beginnen!
Link: www.myspace.com/fanfarlo
Für Fans von: Beirut, Mumford & Sons

THE LEISURE SOCIETY – Die alten Folkies

The Leisure Society fehlten heuer auf sämtlichen Listen der „upcoming bands“, was entweder bedeutet, dass sie Opfer unerhörter Ignoranz wurden, oder dass die anderen Bands, die es auf die Listen schafften, unglaublich exzellent sind. Das Erstere ist leichter vorstellbar, zudem die Damen und Herren aus Brighton etwas älter und weniger hip erscheinen als (Pr)Owl City und co. Wir biegen diese Ungerechtigkeit hiermit gerade und schreien laut: THE LEISURE SOCIETY ist eine großartige Band, die jeder mit einem gesunden Musikverstand hören muss.
Nick Hemming, Christian Hardy und Freunde liefern nämlich eine einzigartige Kombination aus einfachen Klavierakkorden, erhabenen Gesangsharmonien und winterlicher Romantik, die dem Ganzen eine zeitlose Qualität verleiht. Das Bild perfekt machen noch die leicht schmuddeligen Anzüge, die den Eindruck verleihen, als ob die Band soeben von der Bühne eines Poesiesalons der 30iger-Jahre heruntergestiegen ist.
Link: www.myspace.com/theleisuresociety
Für Fans von: Grizzly Bear, Fleet Floxes