Mi, 18. Apr 2018

I bleib lieber daham

New Hot Music Shit #68

Ohne Witz – wie viel hat sich bitte in der heimischen Musiklandschaft seit dem letzten Kurz-nicht-Hinsehen/Hören getan? Ich sag’s euch: einiges! Jawohl, randvoll ist das Land mit unglaublichem Talent: Rap, Pop, Trap, Indie … da bleibt einem die Spucke weg, angesichts dieses Übermaßes an künstlerischem Potenzial. Und mir scheint, die werden von Jahr zu Jahr besser! Ihr denkt, ich übertreibe? Ha! Nein! Ist so! Am besten macht ihr euch selbst ein Bild. Beispielsweise auf den Konzerten dieser Megakracher – solange man sich das noch leisten kann!

PAENDA

Futuristischer Elektropop

Wer PAENDA beim letzten Waves Vienna gesehen hat, konnte die Zukunft sehen! Diese Frau scheint die Idealbesetzung für den nächsten Bond-Streifen zu sein – eine mit übermenschlichen Skills ausgestattete Spezialistin ihres Fachs! Live ein Trio, ist PAENDA doch als Soloprojekt angelegt: Nur so kann Gabriela Horn die perfekte Kontrolle über die Produktion behalten. Sie schreibt, arrangiert und produziert selbst, spielt und programmiert jedes Instrumente und singt mit hörbar gut ausgebildeter Mezzosopranstimme. Thematisch räsoniert sie in ihrer ersten Evolution über innere Stärke, Emanzipation, Liebe und Selbstfindung. Die Visionen ihrer Tunes komprimiert sie dafür in Future Bass-, Hip-Hop- und Trap-Arrangements, die dermaßen State-of-the-Art-scharf sind, dass man sich an den Kanten schnell mal die Kehle aufschneiden kann. Das hier könnte einfach mal so, wie es ist, auf jede Bühne in L.A. oder New York gestellt werden, ohne dass dort irgendwer nach der Herkunft fragen würde. Hot as Hell!

Für Fans von: Beyoncé, Major Lazer, Janelle Monáe
Link: www.paendaofficial.com
Aktueller Release:
„Evolution I“

MOGLEE

Melancholischer Wiener Rap

Es ist vorbei – das life, das „was für 1 life“-Life. Der ex-Tour-DJ von MoneyBoy, MacMoet, hat sein Alter Ego aus dem Haus geworfen, um erwachsen zu werden. Jetzt öffnet einem dort Moglee die Tür. Mit dem Dupstep-Dude hat er neben dem Namen nix gemeinsam: Der Moglee aus der Wiener Neustadt reimt, rappt und singt. Die zehn Songs auf dem Debütalbum des Anfang Zwanzigjährigen münden in melancholischen Refrains, nachdem die Strophen im 2018er-Style des Sprechgesangs aufgearbeitet werden. Auf Songs wie „Uh Mamma“ oder „Niemand“ wiederum singt er die ganze Zeit, mit Auto-Tune und ohne – und das ist seine eigene, eigentliche Stärke. Die Songs drehen sich um ihn, aber doch auch um alle, die sich jetzt so fühlen: „Was für ein Leben soll da bitte passieren, hier, mit mir? Bin ich? Bist du? Wohin, und wer seid ihr?“ Seid ihr mit ihm? Ja, ja, ja, jeder Tag ist selbst gemacht – genauso wie die Gitarre und die sparsamen trippige Beats. Scheiß auf den Neid! „Bergauf“ wird der Sommersong des Jahres.

Für Fans von: Kendrick Lamar, Chicho, MoneyBoy
Link: www.moglee.at
Aktueller Release: „No Name City“

SINAH

Dunkler R’n’B-Pop

SINAH ist eine, die ihre Generation würdig zu vertreten weiß. Die Frau aus Wien ist eh als Bloggerin und Journalistin bekannt. Jetzt kommt sie mit ihrer Musik raus, endlich. Und die Musik kommt aus ihr: groß, stark und breit genug für jede Leinwand, fürs internationale Parkett. Erstklassig, genau richtig. Ihre dunklen Texte sind der Gegensatz zum Big-Player-Sound à la Sia. Hier geht es um das Mädchen, das zweifelt und sich zu wenig fühlt, das sich selber die Schuld gibt oder eben jedem ihrer Generation – Generation Z, Generation K. Die, die sich in Selfies verliert und Dystopien als Alltag erlebt. Doch Mut machen ihre Texte auch. Wie SINAH selbst mit dem Druck umgeht, der auf den Schultern der Jüngeren lastet, das hat Stil. „Blame Me“ und „Narcicisst“ sind erste Lebenszeichen und haben das Zeug, den Mädchen die Kraft, die sie alle in sich tragen, zu verdeutlichen und den Jungs die Hand zu reichen. Eine Tausendsasserin, der man wünscht, Madonna nähme sie mit auf ihre nächste Welttournee.

Für Fans von: Rihanna, Sia, Madonna
Link: www.facebook.com/soundslikesinah
Aktueller Release: „Narcissist“

JAMES CHOICE & THE BAD DECISIONS

Enthusiastischer Gitarren-Indiepop

Als wäre 2001 niemals passiert! Die Wiener Band veröffentlicht ein Debütalbum, das nichts als ein Schulterzucken für aktuelle Trends wie Minimal und R’n’B übrig hat. Dass es dieser Tage beinahe geradezu verpönt ist, ein Indierockalbum zu machen, ist James Choice und seinen Bad Decisions egal. Mit dieser Attitude hätte ihr Erstlingswerk mühelos neben „This Is It“ im Ladenfenster stehen können. Neben amerikanischen Einflüssen klingen britische Traditionen an. Wer so was machen will, kann an den Fab Four nicht vorbei. Doch auch eine ganze Reihe skandinavischer Prägungen sind zu verorten – die schwungvolle Leichtigkeit, die Jubelchöre und Gitarrenriffs sind aufs Beste verwandt mit Hits wie Moneybrothers „Reconsider Me“. Es macht mehr als Sinn, dass Max Perner von Garish und Stefan Deisenberger von Naked Lunch das gute Stück produziert haben. Die waren dabei, ach was, die waren die Indiehelden der 2000er. So wird die Tradition der brillanten heimischen Debütalben harmonisch weitergeführt.

Für Fans von: The Shout Out Louds, The Killers, The Lost Patrol Band
Link: www.jcatbd.com
Aktueller Release: „The Something In Nothing“