Zurück aus dem All
Steaming Satellites im Interview
Die zuletzt zum Trio verdichteten Steaming Satellites sind back from Space! Die Reise durch Raum und Zeit, durch Funk, Soul und Rock geht weiter. Was sie der wilde Ritt durch die nationale wie internationale Musiklandschaft und dessen Höhen und Tiefen in den letzten zehn Jahren gelehrt hat, wie sie ihre eigene Position in der Branche mittlerweile reflektieren und was zu guter Letzt immer der persönliche wie musikalische Silberstreifen am Horizont bleibt, haben wir mit Gitarrist Emanuel im Interview erörtert.
Stell dir vor, du wärst seit dem Release von ‚Steaming Satellites‘ 2015 im All unterwegs gewesen und hättest nichts von dem mitbekommen, was in der Zwischenzeit auf der Welt und in Österreich abgegangen ist. Zurück auf der Erde … was denkst du, wäre deine erste Reaktion?
Ich würde es vermutlich ziemlich surreal finden. So geht es mir die letzten drei Jahre, ohne weg gewesen zu sein. Spätestens seit der Wahl von Trump hat die Welt irgendwie ein bisschen an Ernsthaftigkeit verloren, gleichzeitig ist es ernster denn je – zumindest im Kontext unserer Lebzeiten. Man muss aufpassen, dass man sich nicht in diese Maschinerie der Angstmache und der Destruktivität reinziehen lässt. International und auch in Österreich. Ich wäre aber wahrscheinlich ziemlich geschockt, wenn ich jetzt aus unserem Raumschiff aussteigen würde.
Und wieder einsteigen und wegfliegen?
Ja, vermutlich. Obwohl ich bzw. wir das Leben super genießen können – vor allem auch die Musik. Wir sind überhaupt keine Schwarzmaler. Wir schätzen das Leben, das wir leben dürfen – auch als Berufsmusiker. Wir können das dankend annehmen.
Apropos ‚back‘ … wie wichtig war das Zurückkommen bzw. das Zurückbesinnen auf die Wurzeln im Entstehungsprozess des Albums?
Man kann das ‚back to the roots‘ in mehrfacher Hinsicht interpretieren. Einerseits haben wir wieder wie beim ersten Album alles selbst aufgenommen und produziert. In der Vergangenheit haben wir oft schlechte Erfahrungen gemacht, wenn wir die Verantwortung in diesem Zusammenhang abgegeben haben. Wir haben uns diesmal wieder stressfrei in den Proberaum bzw. in unser eigenes Studio zurückgezogen und einfach Musik gemacht. So wie es uns liegt: 10 bis 12 Stunden am Tag zurückziehen und arbeiten. Dadurch wurde das Album auch in relativ kurzer Zeit Album geschrieben, aufgenommen und gemixt. Vom Verfahren her kann man somit sagen: back to the roots – mit der vorab gesammelten Erfahrung als Bonus. Andererseits ist auch das Space-Thema eine Art Rückkehr zu den Wurzeln. Wir werden immer mit diesem Space-Gedanken konfrontiert und assoziiert. Dieses Album ist trotz des Titels ein bisschen geerdeter. Es ist reduzierter, nicht mehr so spacig, obwohl diese Elemente natürlich auch drinnen sind. Es ist gesammelter, fokussierter. Space muss man nicht unbedingt als Weltraum interpretieren, sondern kann ihn auch einfach als den Raum sehen, der uns umgibt. Man sammelt sich aus dem ganzen Raum zusammen und konzentriert sich wieder auf das Wesentliche. Das waren Ziel und Thema des Albums: Beim Sound auf das Wesentliche konzentrieren, die Songs kompakter machen, Dinge rausschmeißen, die überflüssig sind.
Habt ihr euch früher vielleicht auch manchmal in diesem Space verloren?
Das kann leicht sein. Wir haben uns oft von Konflikten untereinander sehr ablenken lassen. Wenn man zehn Jahre gemeinsam Musik macht, gibt es natürlich auch zwischenmenschliche Konflikte. Streit gab es eigentlich nach fast jedem Album, weil wir das immer so intensiv betrieben und alles an Energie und Substanz in das Album gesteckt haben. Dabei blieben das Reden und der Austausch untereinander oft auf der Strecke. Das ist das erste Album, bei dem wir so behutsam miteinander umgehen konnten, sodass es danach keinen Crash geben muss. Es läuft sehr harmonisch.
Schön! Mir gefällt auch die Gleichförmigkeit der Häuser auf dem Albumcover. Es erzeugt sofort Assoziationen in Richtung des schönen einfachen Lebens in der Privatheit der Kleinbürgertums, das nicht über den Tellerrand blickt, Angst vor dem Fremden hat, etc.
Du hast recht. Das Cover legt diese Interpretation ganz gezielt nahe – mit der Monotonie der Häuser, in die man ein bisschen Einblick hat, aber nicht zu viel. Man kann es sich vorstellen, aber da ist der eigenen Fantasie freien Lauf gelassen. In der heutigen Zeit kommen da natürlich schnell Assoziationen hoch. Ich finde vor allem das Raumschiff darüber lustig. Es fliegt ziemlich waagrecht über die Häuser. Wir haben einmal darüber geredet, ob es nicht irgendwann auch landen sollte, aber meiner Meinung nach, hat sich das Raumschiff einfach noch nicht entschieden, ob es wieder zur Erde zurückkehren will oder nicht. Durch die Tristesse am Boden, die traurigen Entwicklungen auf der Erde und die Frage, wie es wohl wird, wenn man wieder zurückkommt, kann man sich immer noch entscheiden, wieder weiterzufliegen.
Ein sehr aussagekräftiges Bild für dieses Album. Darf man den Song ‚Call Me Whatever‘ in diesem Kontext auch ein bisschen als Reflexion eurer Position in der Szene verstehen?
Inwiefern habt ihr euch gefunden? Gefunden haben wir uns in der Hinsicht, dass sich durch die Erfahrungen der letzten Jahre oder der letzten Alben eine Sammlung an Arbeitsweisen und musikalischen Vorstellungen gebildet. Auch wir haben uns dadurch untereinander gefunden. Wir sind nur mehr zu dritt und die Arbeitsweise ist so sehr selbstverständlich. Früher war es immer ein bisschen auseinandergerissen. Jetzt ist es sowohl emotional als auch musikalisch sowie von der Arbeitsweise her sehr homogen. In der Phase, in der wir gerade sind und leben, haben wir dieses Album sozusagen als Status quo geschaffen – jetzt können wir darauf aufbauen. Es kann in diese Richtung noch mehr passieren – quasi die waagrechte, ausgeglichene Rakete des Covers, die durchstarten kann.
Wie schwer ist es eigentlich immer wieder Titel, Bilder, Lyrics und Ähnliches zu finden, die zu der Weltall-Metapher passen?
Grundsätzlich ist immer schwierig, sich aus der Komfortzone zu begeben. Es kann aber nur besser werden, wenn man es einmal geschafft hat – in jeglicher Hinsicht. Wenn man im Proberaum jammt, kommt man immer bis zu einem gewissen Punkt und dann wiederholt man sich. Wir haben von Anfang an versucht, genau diesem Punkt auszuweichen, weil wir gleich gemerkt haben, dass das unweigerlich passiert. Wir schreiben und produzieren sehr viel am Computer, weil man damit viele Sachen einfach ausprobieren kann. Danach interpretieren wir am Instrument. So lernt man, Dinge anders zu spielen, anders zu interpretieren und neue Wege zu finden. Die Weltraum-Metapher verleitet natürlich zur Wiederholung. Auch Menschen, die mit uns arbeiten, lassen sich in die Richtung immer wieder irgendwas mit Weltall einfallen. Dank unseres Namens ist das ja sozusagen aufgelegt, aber für uns nicht zwangsläufig notwendig. Wir wollen auch nicht unbedingt immer mit diesem Thema verknüpft werden. Wir werden in nächster Zeit sicher auch bewusster davon Abstand nehmen. Das ist aber gar nicht so einfach.
Zu guter Letzt: Was bleibt für dich immer der Silberstreifen am Horizont?
Mir hat es persönlich immer sehr geholfen, mir in allen Lebenslagen zu veranschaulichen, dass ich alles habe, was ich brauche – und nicht den Dingen nachzueifern, die ich gerne hätte. Man wird geboren und trägt bereits alles in sich, was man braucht, um das zu erreichen, was man möchte. Damit zufrieden zu sein – das ist mein persönliches Motto. Künstlerisch ist es etwas ganz anderes! Die Kunst ist in gewisser Hinsicht immer etwas Destruktives und Zerstörerisches, weil sie von dir etwas abverlangt, was dir eigentlich nicht guttut. Sie zwingt dich dazu, dich mit deinen Schattenseiten auseinanderzusetzen – was dich aber wiederum näher zu dir selbst bringt. Der persönliche Silberstreifen ist somit ein anderer als der künstlerische. Wenn man wirklich glücklich und zufrieden sein möchte, dann darf man nicht kreativ sein.
Wunderbare Schlussworte! Wir sehen uns am 22. Mai in der Arena Wien!