Wild Wild West
Volbeat im Interview
Quentin Tarantino ruft nicht an, aber dafür zupft ein ehemaliges Anthrax-Bandmitglied jetzt die Gitarrensaiten. Von einer Pyroshow will trotzdem niemand etwas wissen. Sapperlot! Was ist denn im Hause Volbeat los? VOLUME hat lieber mal bei Drummer Jon Larsen nachgefragt.
Jon, euer neues Album ‚Outlaw Gentlemen & Shady Ladies‘ klingt nach ‚Django Unchained‘ bzw. Spaghettiwestern à la Morricone oder Clint Eastwood. Wie seid ihr auf dieses Thema gekommen?
Jon Larsen: Das war Michaels Idee bzw. Schuld! Unser Goldkehlchen Herr Poulsen ist das ganze letzte Jahr still im Tourbus gesessen, hat sich alte Western angeschaut, Bücher über Banditen gelesen und irgendwann ist er aufgesprungen mit der Verlautbarung: ‚Das war eine faszinierende Zeit damals und so wird unser neues Album klingen!‘
Hat Tarantino schon wegen seinem nächsten Soundtrack angerufen?
Jon Larsen: (lacht) Noch nicht. Uns nervt der Zufall mit ‚Django Unchained‘, weil es so wirkt, als ob wir einfach auf den Zug aufgesprungen wären. Tatsache ist, dass ‚Outlaw Gentlemen & Shady Ladies‘ nichts mit dem Erscheinen des Films zu tun hat. Ich kann versprechen, dass niemand von uns mit Quentin in Kontakt ist. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Ich habe den Film bis heute noch gar nicht gesehen.
Volbeat haben einen neuen Sheriff an der Gitarre – Rob Caggiano ersetzt Thomas Bredahl. Der Mann war bis dato bei Anthrax umtriebig – nur wohnt Rob in L.A. und ihr in Dänemark.
Jon Larsen: Der Herr sammelt jetzt fleißig Flugmeilen und kennt die Stewardessen mittlerweile beim Namen. Im Ernst: Es ist überraschend, wie schnell und gut er sich in die Band integrieren konnte. Zuerst haben wir ihn ja nur als Produzenten angeheuert, aber auf einmal war er mittendrin statt nur dabei! Wir haben noch gemeint: ‚Du Idiot kannst Anthrax doch nicht verlassen‘, aber er wollte es so. Außerdem ist der Mann ein begnadeter Gitarrentechniker.
Fast alle eure Songs erzählen eine wahre Geschichte – dein Lieblingstext auf der neuen Platte?
Jon Larsen: Mist, als Schlagzeuger sollte ich die Lyrics kennen und können – speziell jetzt, wo der Festivalwahnsinn im Sommer losgeht. Peinlich! Was ich aber weiß: Die Hälfte der neuen Songs beruhen inhaltlich auf historischen Personen – auf Doc Holliday zum Beispiel, einer der berühmtesten Revolverhelden überhaupt. Allerdings gibt es eine Nummer, die für mich heraussticht, weil ich hautnah dabei war.
Room 24?
Jon Larsen: Korrekt! Da geht es um eine reale Erfahrung, die Michael auf der letzten US-Tour durchleben musste: Er ist im Hotelbett aufgewacht und konnte sich nicht mehr bewegen – weder den Finger rühren, noch ein Wort sagen, um nach Hilfe zu schreien. Seine Atmung hat auch nicht mehr richtig funktioniert. Michael hat dieses Gefühl als dunklen, schweren Mann beschrieben, der auf seinem Brustkorb sitzt und seine Hände festhält. Nur seine Augenmuskeln und das Denken haben normal gearbeitet. Er hat geglaubt, er hätte einen Schlaganfall oder Herzinfarkt und vermutete, dass er da jetzt im Hotelzimmer einfach alleine sterben würde. Wir haben nachher diskutiert, dass Menschen mit Nahtoderlebnissen immer von diesen Lichttunneln erzählen würden, aber bei ihm war es umgekehrt. Sein Blickfeld wurde von außen nach innen immer dunkler.
Hat er sich untersuchen lassen?
Jon Larsen: Es gibt tatsächlich diese extrem seltene Erkrankung, bei der dein Gehirn wach ist, aber die Nerven und Muskeln noch nicht. Jedenfalls hat das Hirn dem Körper noch nicht gesagt, dass es nun an der Zeit wäre, gemeinsam zu arbeiten. Michael hat sich sofort erkundigt und erfahren, dass dieser Zustand zwar selten, aber doch immer wieder vorkommen kann und meist eine Viertelstunde dauert.
Volbeat sind in wahnsinnig kurzer Zeit vom Geheimtipp zum Headliner aufgestiegen. Heuer am Nova Rock spielt ihr auf Augenhöhe mit Pyromonstern wie KISS oder Rammstein. Gibt’s Pläne, auch mal so ein Feuerwerk zu zünden?
Jon Larsen: Lieber nicht! KISS und Rammstein sind zurecht berühmt dafür, die können das auch. Ich bin ein alter Fan von Gene Simmons und Co – jedes Mal wieder stehe ich vor der Bühne wie ein kleines Kind und grinse, wenn rund um mich Feuer und Konfetti hoch gehen. Aber ich habe KISS auch 1988 gesehen, ungeschminkt und ohne den ganzen Zirkus – das fand ich viel besser. Wir haben letztens überlegt, ob wir so etwas auch probieren sollten. Aber das wäre nicht Volbeat, noch nicht.
Unlängst hat jemand behauptet, Volbeat klingen wie Mumford & Sons auf Speed.
Jon Larsen: Oh Gott, das auch noch! Was haben wir uns schon alles anhören müssen: Elvis Metal, Metallica, Life Of Agony. Wobei wir den Vergleich mit Life Of Agony bis heute nicht verstanden haben. Keiner von uns hat jemals ein Album von denen gehört. Mumford & Sons ist neu, wir nehmen das auch gern in unsere Liste auf – vielleicht sind’s die Banjos. Die harten Fans meinen, wir wären Pop, die sanften Fans finden, wir sind zu brachial. Am Ende ist es ganz einfach: Wir sind Volbeat und machen Musik.
Das ist auch sehr gut so! Bis im Sommer beim Nova Rock Festival.