VOLUME Backstage mit Stefan Beham

VOLUME Backstage mit Stefan Beham

Ein Blick hinter die Kulissen der Musikbranche

NOFX, Lagwagon, Sum 41, No Use For A Name, Mad Caddies und und und … nein, hierbei handelt es sich nicht um eine Auflistung von Größen der internationalen Punk-Szene, sondern um Bands, die etwas gemeinsam haben: Alle haben schon die Designkünste des Linzers Stefan Beham, besser bekannt als SBÄM, in Anspruch genommen! Während sich der Pop-Art-Punk auf Tourpostern, Plattencovern und Merchandise immer erfolgreicher kreativ auslebt, veranstaltet er nebenbei auch Konzerte und das legendäre SBÄM Fest, das bereits zum Pflichttermin für Punkliebhaber avanciert ist. Seit 2018 rundet ein eigenes Plattenlabel seinen Vollzeit-Punk-Job ab. Grund genug, mit Stefan Beham hinter die Kulissen zu blicken.

Teil 1 – Jobportrait: Grafikdesigner / Veranstalter / Labelchef

Wie lautet deine offizielle Jobbezeichnung?

Das ist schon die schwierigste Frage. (lacht) Ich bin Grafiker, Veranstalter und Labelchef.

Was machen deine Unternehmen genau?

Im Bereich Artwork – was meine Hauptaufgabe ist – mache ich Tourposter, Plattencover und Merch für Punk-Rock-Bands, hauptsächlich für Bands von Fat Wreck Chords oder die Punk in Drublic-Reihe, aber auch für andere. Ich veranstalte ein Festival und Konzerte: das SBÄM Fest im Mai und eine Fall Edition im November sowie zwei oder drei große Shows im Jahr. Außerdem habe ich ein Plattenlabel.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei dir aus?

Ich checke erstmal um 7 Uhr in der Früh meine E-Mails. Die beschäftigen mich meistens den ganzen Vormittag. Danach kommt der Rest dran … was eben gerade so los ist: designen, Bands buchen, mit Bands korrespondieren – so bis 17 Uhr. Dann wachen die ganzen Amerikaner auf, antworten und das Ganze geht von vorne los.

Deine Arbeitszeiten richten sich somit danach, was gerade los ist?

Ja, eigentlich 24/7. (lacht)

Wann hast du gewusst, dass du in dem Bereich arbeiten möchtest?

Als ich 2014 einen Tourposter-Design-Wettbewerb von Joey Cape gewonnen habe. Danach habe ich einfach weitere Bands angeschrieben – über ein  Jahr lang war das eine Prozedur, weil sich niemandzurückgemeldet hat. Doch dann durfte ich für Zebrahead ein Plattencover entwerfen und die Resonanz aus der Branche ist immer besser geworden. Da ist mir dann klar geworden, dass ich genau das machen möchte – weil es mir Spaß macht, weil es meine Musik ist und weil ich mich damit identifizieren kann.

Haben sich die Konzerte und das Festival auch aus diesen Connections entwickelt?

Die waren eigentlich nie geplant. Ich habe eine Art-Show mit The Flatliners veranstaltet – daraus haben sich mehrere kleine Club-Shows entwickelt. Dann ist irgendwann das Festival dazu gekommen, weil ich einfach gerne mehr Bands an einem Tag haben wollte. Ebenso das Plattenlabel. Das hat sich einfach so entwickelt. Ich plane eigentlich nie, sondern wenn mir etwas Spaß macht, probiere ich es sofort aus.

Welche Ausbildung würdest du Leuten empfehlen, die deinen Job machen wollen?

Mir hat mein Kunststudium natürlich geholfen. Doch wenn man sich das autodidaktisch beibringt, geht es natürlich auch. Ich habe ja auch keinen Bezug zum Eventmanagement oder zum Plattenlabel gehabt. Man wächst da irgendwie rein. Natürlich ist ein bisschen Background-Wissen förderlich, aber das habe ich eben nur bei den Artworks gehabt. Alles andere war Learning by Doing.

Welche Charaktereigenschaften müsste man für deinen Job mitbringen?

Du musst stressresistent sein und Musik einfach lieben. Es muss dir einfach Spaß machen, sonst brauchst du es nicht zu tun – denn reich wird man davon nicht. (lacht) Das Wichtige sind die Lebenseinstellung, die Überzeugung und der Spaß daran.

Dein Tipp an alle, die im Musikbusiness durch-starten wollen?

Einfach loslegen, wenn du Lust darauf hast! Wenn ich bei allem vorher lange überlegt hätte, dann hätte ich es sicher nicht gemacht. Spring einfach ins kalte Wasser, mach das, worauf du  Bock hast und nutze die Zeit … so mache ich es zumindest! (lacht)

 


Teil 2 – Stefan Beham im Portrait

Wofür steht eigentlich der Name SBÄM?

SBÄM ist die Lautmalerei aus den Buchstaben meines Namens: Stefan Ägidius Beham.

Wie läuft das grundsätzlich ab, wenn eine Band bei dir ein Poster, Cover oder Ähnliches in Auftrag gibt?

Das ist total unterschiedlich! Zu 80% habe ich jetzt immer freie Hand und liefere einfach irgendeine Idee. Bei den meisten Bands weiß ich, in was für eine Richtung es gehen soll und was ihnen gefällt – da tue ich mir leicht. Meistens mache ich Vorschläge und sie nehmen sie an – oder auch nicht. (lacht) Andere haben bestimmte Vorstellungen. Doch zum Großteil läuft es so ab, dass ich etwas vorschlage.

Und wie war das früher?

Dadurch, dass ich mir mittlerweile schon einen Namen gemacht habe, ist es natürlich einfacher geworden.

Wie darf man sich deinen kreativen Prozess vorstellen?

Meistens habe ich sofort ein Bild vor Augen, wie es ausschauen könnte. Ich habe sofort eine Idee und die wird es dann zu 99% auch.

Du hast erwähnt, du weißt, was den Bands gefallen könnte. Woher kommt diese Intuition?

Das liegt hauptsächlich an der Musik. Ich höre ja schon seit über 20 Jahren hauptsächlich Punk-Rock und weiß dann einfach, dies passt zu Less Than Jake oder dies zu NOFX. Also bei Bands, die ich selber gerne höre, passt es eigentlich immer – da weiß ich, was sie brauchen. Bei anderen Bands ist es dann natürlich schwieriger.

In unserem ersten Interview habe ich dich als „Pop-Art-Punk“ bezeichnet. Das ist hoffentlich ein Begriff, mit dem du dich identifizieren kannst?

Ja, Pop Art war immer etwas, womit ich mich identifizieren konnte. Bei den Postern ist das immer noch meine liebste Richtung. Natürlich ist das breit gefächert und es passt nicht für jeden, aber das mache ich trotzdem sehr gerne … zum Beispiel Retro-Comic-Covers.

Hörst du während des Designens genau die Band, für die du etwas entwirfst?

Meistens schon.

Es fällt auf, dass einige Szenegrößen, für die du auch schon designt hast, gar nicht mehr in Wien Halt machen, sondern nur mehr im Alten Schlachthof. Was macht ein von SBÄM veranstaltetes Konzert so besonders, dass die Bands Wien auslassen?

Ich habe keine Ahnung. (lacht) Ich verstehe selbst nicht, warum die jetzt lieber hier spielen als in Wien. Doch ich merke schon seit einigen Jahren, dass die Punk-Shows in Wien weniger werden. Ich glaube jetzt nicht, dass das an mir liegt, aber mir fällt schon seit mehreren Jahren auf, dass in Wien keiner diese Bands bucht – nur mehr die ganz großen Acts.

Apropos Konzerte … Wir haben 2017 schon über die Schwierigkeiten des Konzert- und Festivalbusiness geredet. Wie waren die letzten zwei Jahre in diesem Zusammenhang für dich?

Drei Tage SBÄM Fest – nie wieder. (lacht) Das ist einfach zu viel für eine Club-Venue, wenn man keine Möglichkeit zum Campen hat. Die Fall Edition läuft diesmal zwei Tage, weil das Datum super ist – es ist Freitag und Feiertag. Das hat sich einfach angeboten. Ansonsten ist es schon relativ schwierig in Österreich. In Deutschland könnte ich mit dem gleichen Line-Up wahrscheinlich bei den Besucherzahlen eine Null dranhängen. Natürlich ist Deutschland viel größer, aber ich habe das Gefühl, das österreichische Publikum ist etwas konzertfauler geworden. Ich merke vor allem beim SBÄM Fest, dass relativ viele Leute aus dem Ausland kommen: Deutschland, Spanien, Skandinavien, Italien und so weiter. Es ist cool, dass die alle kommen, aber auch irgendwie traurig, dass Leute, die z.B. nur 40km weit weg wohnen, nicht kommen. Als ich noch jung war, sind wir zu NOFX nach Paris gefahren –nur wegen der Show und nach dem Konzert wieder zurück. Das würde kaum jemand mehr machen.

Wie fühlt es sich für dich an, wenn du auf der Bühne deines eigenen Festivals stehst und auf die glücklichen Gesichter im Publikum schaust, für die du verantwortlich bist?

Es ist schon cool, aber in dem Moment realisiert man das gar nicht. Man hat den ganzen Tag so viel Stress, muss so viel vorbereiten und an so viel denken. Man nimmt das dann gar nicht mehr so richtig wahr. Man realisiert es erst später, wenn man Videos von den Shows sieht. Davor ist man einfach nur froh, wenn alles funktioniert. (lacht)

Du hast einmal gesagt: „Kunst ist Punk“. Umgedreht ist Punk somit natürlich auch Kunst. Was ist er noch für dich?

Punk ist eine Lebenseinstellung! Punk bedeutet für mich, dass ich einfach machen kann, was ich will, dass ich das Privileg habe, Artworks zu machen und mich nicht in irgendein Büro setzen muss. Ich muss jetzt keinen Iro haben oder viele Patches tragen – es geht um die Freiheit.

Wenn du dich entscheiden müsstest zwischen Designen oder Veranstalten – was machst du lieber?

Puh, gute Frage. (lacht) Ich glaube, die Artworks.

Verständlich, damit hat schließlich alles begonnen. Danke fürs Gespräch!

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