Mi, 14. Nov 2018
Tut es einfach!

Tut es einfach!

Blackout Problems im Interview

Wie viel „Kaos“ verträgt der Mensch? Einfach den Absprung wagen? Was packt man in den Tourkoffer? Mario von Blackout Problems hat die Antworten, bevor sie am 16. November mit ihrem neuen Album ins Wiener Chelsea kommen.

Erste und wichtigste Frage: How the fuck are you doing?

Es geht uns wundervoll. Wir sind gerade mitten in unserer KAOS Tour, auf der sich jeder Abend wie ein Samstag anfühlt. Es ist großartig, dass wir das hier machen dürfen.

Wie schwierig war das angeblich immer schwierige zweite Album?

Wir haben das alles sehr sportlich gesehen und uns selbst keine Erwartungen aufgehalst. Alles, was wir wollten, war, dass wir ein zweites Album machen, bei dem wir nicht das erste kopieren. Wir haben uns auf Neuland gewagt und sind froh, dass wir uns komplett ausgelebt haben. Da gab es keine Grenzen und das war gut so. So kann es gerne weitergehen.

Wie viel Kaos verträgt der Mensch?

Kaos findet man in den verschiedensten Lebensphasen. Ich habe mich beispielsweise nach einigen persönlichen Rückschlägen in einem psychischen Kaos wiedergefunden, von dem ich wahrscheinlich nicht mehr vertragen kann, als das, was ich erlebt habe. Ich bin froh, wenn ich das eines Tages komplett ablegen kann. Viel positiver jedoch ist das Freisein, das völlige Loslassen, die Freiheit, die man im Kaos entdecken kann. Wenn man nichts mehr zu verlieren hat, kann man nur noch gewinnen. Das zelebrieren wir auf der Bühne. Wir spielen jeden Abend vor einem tollen Publikum und treten gerne so auf, dass wir am nächsten Tag an einen Baum fahren könnten und uns nichts vorzuwerfen hätten.

Was macht ihr, wenn ihr so richtig die Kontrolle verlieren wollt – im positiven Sinne natürlich?

So kitschig es klingt, aber das sind die Konzerte. Wenn es knallt, knallt es richtig – schön schamanisch und hypnotisierend kann das Livegefühl werden. Hin und wieder sind da sehr abgefahrene Schwingungen im Raum.

Blackout Problems am 16.11.2018 im Wiener Chelsea

Wie gewinnt man selbst negativsten Gefühlen etwas Mut-Machendes ab?

Ich dachte mir immer, wenn es irgendwann mal richtig schlecht läuft, kann es nur noch bergauf gehen. À la „die dunkelste Stunde ist die vor dem Sonnenaufgang“. Manchmal überrascht es einen dann doch, wie viel dunkler alles werden kann. Dennoch glaube ich, dass es diese Kapitel in den besten Autobiografien gibt. Daher sollte man sich nicht entmutigen lassen und sich einreden, dass es so sein muss. Ein Happy End kann erst ein Happy End sein, wenn man vorher durchs Loch geht.

„We came to raise the limit“ – Bei welchen Themen war euer emotionales Limit erreicht bzw. wann musstet ihr euer Limit überschreiten?

Das ganze Album ist für uns eine Limitüberschreitung. Wir haben uns mehr geöffnet denn je und haben Themen angesprochen, die bisher keine Rolle in unserer Musik gespielt haben. Vielleicht weil ich dachte, es wäre zu egozentrisch, über seine eigenen Gefühle zu sprechen, während die Welt untergeht und überall verrückte Politiker aus der Erde sprießen, die beispielsweise dumm genug sind, um den Klimawandel nicht zu akzeptieren. Jedoch leben wir alle gemeinsam in dieser einen Welt, in der jeder, neben den großen Tragödien, auch seine eigenen durchleben muss. Gerade die kleinen, die sich hinter jedem Fenster eines Wohnhauses verstecken, sind es wert erzählt zu werden. Denn die persönliche Geschichte vermag anzustecken, vermag vielleicht auch zu verändern. Am Schluss ist es jede einzelne Stimme, die in einer Demokratie entscheidet, wie es weitergeht.

„Kaos“ bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Aufbruch ins Unbekannte und ständigem Zweifel. Ein Gefühl, das jeder Heranwachsende nur allzu gut kennt. Was empfehlt ihr im Zweifelsfall: Einfach den Absprung wagen oder vorsichtig alle Optionen abwägen?

Ich würde empfehlen, zu reflektieren und zu überdenken. Dies aber schnell zu tun. Hört in euch hinein, stellt euch die Frage, was ihr wollt, was euch glücklich macht und wie ihr das erreichen könnt. Und dann ist es ganz einfach: Tut es. Wartet keine verdammte Sekunde, wartet nicht auf Hilfe, wartet auf kein Zeichen: Tut es einfach.

Ich packe meinen Tourkoffer und nehme mit …

Bücher (ich habe ca. zehn dabei und gerade „Brand New Ancients“ von Kate Tempest gelesen und geliebt), Aspirin Complex, Ibu Profen, was zum Schreiben & eine Zahnbürste.

https://www.facebook.com/volume.at/videos/1977218085724970/

Wieso kann Mario so gut wienerisch?

Jeder Wiener würde mich für meine wienerischen Gehversuche mit Sicherheit verurteilen. Aber ich liebe die Stadt. Wie kann man das auch nicht tun? Ich würde gerne etwas mehr Zeit dort verbringen. Ich habe als Deutscher auch mal eine Zeit in Österreich gelebt – daher habe ich das Buch „6 Österreicher unter den ersten 5“ von Dirk Stermann sehr gefühlt. Da lese ich immer noch gerne rein, wenn ich Wien vermisse. Zum Glück sind wir bald im Chelsea und fahren sogar schon am Offday davor hin, um uns mit Melange einzuschmieren. Wienlove.

Wir freuen uns auf euch!