Street Credibility
Passenger im Interview
Mike Rosenberg ist ein britischer Vollblutmusiker, der alleine mit seiner Stimme und seinem Gesang tausenden Menschen ein unvergessliches Gefühl inklusive Gänsehaut bereiten kann. Angefangen hat er seine Karriere als Straßenmusiker, unter seinem Pseudonym Passenger füllt der Liedermacher mittlerweile riesige Konzerthallen. Mit dafür verantwortlich – sein sensationeller Hit „Let Her Go“. Am 18. Oktober kommt Passenger inklusive dem neuen Album „Whispers“ nach Wien. Wie sich sein Leben nach den Charterfolgen verändert hat, warum ihn der Erfolgsdruck kalt lässt und wieso er noch immer live auf der Straße spielt? Mike Rosenberg hat VOLUME alle Antworten darauf gegeben!
Dein Hit ‚Let Her Go‘ war der Startschuss zu einer steilen Karriere. Was bedeutet Dir dieser Erfolg?
Es ist natürlich fantastisch und fast ein wenig surreal, seinen eigenen Aufstieg mitzuerleben. Alles begann in Holland, dann kam Belgien, nach und nach erreichte dieses Lied ganz Europa. Natürlich hat diese Erfahrung auch ein wenig an meinen Nerven gezerrt, weil sich einiges für mich verändert hat.
Was zum Beispiel?
Nach den internationalen Charterfolgen gefalle ich jetzt natürlich mehr Leuten, als zu meiner Zeit als kleiner Straßenmusiker. Dementsprechend werden die Konzerthallen ständig größer und unsere Produktion immer mächtiger bzw. aufwendiger. Das sind zunächst mal die gravierenden Unterschiede zu früher. Aber ich mache mittlerweile schon sehr lange Musik und habe nicht das Gefühl, mich grundlegend verändert zu haben. Ich will noch immer Musik machen, von der sich Menschen angesprochen fühlen, gute Gigs spielen und etwas von der Welt sehen.
Hast du beim Aufnehmen von ‚Whispers‘ einen gewissen Erfolgsdruck gespürt?
Diese Situation lässt sich aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachten. Entweder: ‚Oh, jetzt brauche ich mindestens drei weitere Stücke vom Kaliber ‚Let Her Go‘, um meinen Erfolg zu festigen.‘ So eine Denkweise kann zu einem echten Problem werden. Oder einfach denken: ‚Großartig, ich habe eine sensationelle Hitsingle gelandet. Wie viele Leute können das schon von sich behaupten?‘ So sehe ich das! Bei ‚Whispers‘ geht es mir ausschließlich darum, dass ich Menschen erreiche und ihnen die Songs gefallen. In meinen Augen ist es die beste Platte, die ich je gemacht habe. Keiner kann vorher wissen, ob eine Hitsingle dabei ist oder nicht. Auf einen solchen Erfolg hat man keinen wirklichen Einfluss.
Wie bist du auf den Albumtitel gekommen?
So heißt einer der Songs auf dem neuen Album – er gefällt mir persönlich sehr gut und ich liebe den Klang des Wortes. Als ‚Let Her Go‘ immer erfolgreicher wurde, hatte ich das Gefühl, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Jeder wollte irgendetwas von mir, egal ob es sich um einen Gefallen, Konzerttickets oder was auch immer handelte. Ich fühlte mich ein wenig überrollt und brauchte einfach Zeit für mich. In „Whispers“ gibt es die Textzeile: ‚All I need’s a whisper in a world that only shouts‘. Dieser Satz fasst das Album bestens zusammen.
Mit dem Song ‚Start A Fire‘ setzt Du Dich mit dem Älterwerden auseinander. Wie schwierig ist es für Dich selbst, älter zu werden?
Gute Frage! Diese Platte setzt sich generell intensiv mit Fragen des Aufwachsens und der Art und Weise auseinander, wie Mann und Frau die vorhandene Lebenszeit verbringt. Auch andere Stücke auf „Whispers“ behandeln dieses Thema. Vielleicht hat das mit meiner momentanen Lebenssituation zu tun – ich bin gerade 30 Jahre alt geworden. Aber ich fühle mich deshalb nicht schlecht – ganz im Gegenteil!
Du hast fünf Wochen gebraucht, um dein neues Album aufzunehmen. Bist du immer so schnell?
Mit dem bisschen Geld, das ich durchs Spielen in Fußgängerzonen verdient habe, musste ich mir früher meine Aufnahmen selbst finanzieren. Ich hatte also nie besonders viel Budget und konnte nicht sehr viel Zeit im Studio verbringen. Daher bin es gewohnt, bis zu 15 Stunden pro Tag zu arbeiten, um so viel wie möglich in kürzester Zeit zu schaffen. Für die neue Platte wollte ich daran nichts ändern, bloß weil auf einmal mehr Geld zur Verfügung stand. Ich hätte auch in einem anderen Studio mit einem renommierten Produzenten arbeiten können. Das wollte ich alles nicht. Warum auch? Also habe ich die Platte zusammen mit meinem Freund Chris in dem gleichen Studio aufgenommen, in dem auch schon das letzte Album entstanden ist.
Du wirst weiterhin Straßenkonzerte geben. Sehr löblich, aber warum?
Jeder Künstler fragt sich am Anfang seiner Karriere, wie er es hinbekommt, sich ausschließlich mit Musik beschäftigen zu können, ohne verhungern zu müssen. Die Straßenmusik hat für mich genau diesen Zweck erfüllt. Mit den Jahren ging es mir aber immer weniger ums Geldverdienen. Ich liebe es einfach, Leuten umsonst meine Musik präsentieren zu können. Man muss kein Ticket kaufen, man muss nicht volljährig sein – es gibt keine Regeln.
Im Gegensatz zu Konzerten in Clubs und Hallen?
Auf der Straße zu spielen ist wesentlich entspannter. Leute, die meine Konzerte besuchen, haben oft schon Monate zuvor Tickets gekauft. Ich spüre den Druck, die Erwartungen des Publikums erfüllen zu müssen. Aber ich mag diese Situation ebenfalls. Es gibt kaum etwas Schöneres, als eine Show vor mehreren tausend Menschen zu spielen. Aber – wie bereits erwähnt – geht es auf der Straße lockerer zu. Ich kann einfach spielen, wozu ich gerade Lust habe. Deshalb liebe ich sowohl reguläre Konzerte als auch die Straßenmusik.
Dann hoffen wir auf ein fulminantes Konzert von Passenger am 18. Oktober im Gasometer mit einer anschließen