Sonnenuntergang inklusive Supermond
Locked Groove im Interview
Der belgische Musikproduzent Tim Van de Meutter lebt und schafft in Berlin. Unter dem Künstlernamen Locked Groove hat er sich in den vergangenen Jahren einen exzellenten Ruf erarbeitet, wenn es um melodischen aber kompromisslosen Techno geht. Mit „Sunset Service“ erscheint nun das Debütalbum von Locked Groove. VOLUME hat bei Herrn Van de Meutter nachgefragt, wie Belgien und Berlin zusammenpassen, was die Inspirationsquellen für sein Debüt waren und wo es die schönsten Sonnenuntergänge zu erleben gibt.
Du bist aus Belgien, was Mann und Frau auch in deinem neuem Song „Eden“ hören kann. Was vermisst ein Belgier in Berlin?
Nicht viel! Viele belgische Spezialitäten gibt es auch in Berlin – außer großartige Pommes und ein traditionelles Steak Tartare.
Warum war es notwendig für dich nach Berlin zu ziehen?
Es war nicht unbedingt notwendig! Obwohl es natürlich nett ist, in einer Stadt zu leben, in der so viele Menschen in der Musikbranche oder anderen kreativen Berufen arbeiten. Ich mag außerdem, dass die Stadt fast so groß ist wie drei belgische Städte zusammen. Es gibt mir ein Gefühl von Raum und Anonymität, was ich in Belgien vermisst habe.
Welchen Teil der deutschen Hauptstadt würdest du als dein „Grätzl“ bezeichnen?
Unter der Woche bleibe ich in der Nähe von meinem Studio und meinem Haus, die zwischen Mitte, Kreuzberg und Neukölln sind. Wenn ich ein freies Wochenende habe, liebe ich es nach Charlottenburg zu fahren. Es gibt mir immer das Gefühl, als wäre ich in einer anderen Stadt – dort herrscht eine komplett andere Stimmung.
Wieviel Pudding wurde während der Arbeit an deinem Debütalbum „Sunset Service“ serviert?
Keiner! (lacht) Pudding ist ein Song, den ich den Hund meiner Freundin gewidmet habe, der leider vor kurzem im reifen Alter von 13 Jahren verstorben ist.
Wie würdest du deinen Beruf Personen beschreiben, die nichts mit Musik zu tun haben?
Am Wochenende spiele ich mehrere Stunden in dunklen Clubs immer gleichzeitig zwei Lieder – manchmal sogar drei – mit ungefähr derselben Geschwindigkeit. Während der Woche mache ich elektronische Musik in meinem Studio in Berlin.
Gibt es einen geregelten Tagesablauf für Künstler wie dich?
Generell versuche ich jeden Tag mindestens sieben bis acht Stunden ins Studio zu gehen. So gesehen habe ich eigentlich einen ganz normalen Arbeitstag, sprich Nine to Five. Ich produziere nur am Tag, damit ich die Nächte freihabe. Am Wochenende oder wenn ich länger auf Tour bin, ist das Ganze ein bisschen anders. Und natürlich gibt es Tage, an denen ich mich nicht sehr inspiriert fühle oder an denen ich am liebsten einfach Playstation spielen möchte. Also lasse ich hin und wieder meine Tagesroutine etwas schleifen. (lacht)
Das Album kommt sieben Jahre nach deiner ersten Veröffentlichung auf Hotflush Recordings raus. Wie würdest du deine Evolution seit deinen Anfängen als Locked Groove beschreiben? Was sind die Meilensteine in deiner Karriere bisher?
Mein Sound hat sich über die Jahre verändert – was absolut logisch, normal und auch erwünscht ist. Denn ich mag es, verschiedene Dinge beim Komponieren auszuprobieren. Die Produktionen sind vom technischen Niveau definitiv besser als noch vor sieben Jahren – hoffe ich zumindest. (lacht) Dieses Album ist sicherlich ein Meilenstein. Es ist etwas, was ich schon lange Zeit wollte, aber nie den Mut hatte, umzusetzen – bis jetzt. Zu sagen, ich wäre kurz vor der Albumveröffentlichung etwas aufgeregt, ist dezent untertrieben.
Was denkt Labelboss Scuba über dein Album? Ist seine Meinung wichtig für dich als Künstler?
Ich schätze, dass er es mag – schließlich hat er ja auch „Sunset Service“ für sein Label lizensieren lassen. Seine Meinung ist definitiv wichtig für mich, er gibt mir viele Hinweise und Ratschläge, die ich zu einem gewissen Teil berücksichtige aber auch zu einem gewissen Teil ignoriere. Ich denke, als Künstler musst du deinen eigenen Weg finden. Selbst, wenn das bedeutet, dass man hin und wieder versagt. Das Ganze dient nur der persönlichen Weiterentwicklung.
Wer waren deine Komplizen während der Albumproduktion?
Ich habe alles selbst produziert. Es gibt nur zwei stimmliche Gastauftritte. Beide waren ursprünglich WhatsApp-Sprachnachrichten. Eine davon ist auf „Eden“ zu hören, den bereits angesprochen Song mit Bezug zu Belgien. Hier die Auflösung: Während der vergangenen Fußballweltmeisterschaft 2018 wollte die Tochter eines Freundes ihre Unterstützung für das belgische Team mit den Worten „Ich bin aus Belgien“ zum Ausdruck bringen. Der andere Gastauftritt gehört meinem Freund Nate Brown beim Song „Pudding“. Er ist ein Kreativdirektor aus New York City. Ich hatte eine ungefähre Idee, welche Art von Gesang ich wollte. Also habe ich ihn einfach gefragt, ob er mir ein paar Sprachnachrichten über WhatsApp schicken kann. Das war’s!
Was waren die am meisten inspirierenden Geräusche, Geschichten und Erfahrungen für „Sunset Service“?
Es ist ein sehr persönliches Album. So emotional, dass es erschöpfend war. Im Laufe der Zeit habe ich viele Songs gemacht. Fertig zu werden war eine große Erleichterung, aber gleichzeitig auch ein wenig traurig: Ich habe es geliebt, jeden Morgen aufzuwachen und mich motiviert zu fühlen, ins Studio zu gehen, um an diesem massiven Projekt zu arbeiten. Darüber hinaus habe ich es sehr genossen, alte belgische Klassiker zu recherchieren und mich von ihnen inspirieren zu lassen. Ich habe Stunden über Stunden auf YouTube Videos geschaut, Recherche auf Discogs betrieben und Platten eingekauft.
In welchen Clubs wirst du „Sunset Service“ vorstellen? Spielst du deine neuen Songs „nur“ als DJ oder hast du Pläne für eine andere Art der Präsentation?
Ich werde als DJ auftreten und überall raven. Die meisten Orte sind bis jetzt noch nicht bekannt gegeben geworden. Einige Länder auf der Liste sind Schweden, Südkorea, Belgien natürlich, England, Spanien, Frankreich und Deutschland. Zum jetzigen Zeitpunkt ist Österreich noch nicht geplant, aber wer weiß, vielleicht ändert sich das bald.
„Do Not Freak“! Wieso nicht?
Bleibe in allen Situationen du selbst und vor allem ganz ruhig. Das ist etwas, was ich mir selbst regelmäßig vornehme – obwohl es meistens nicht funktioniert!
Viele Leute wollen im Berghain feiern, werden es aber aufgrund der strengen Tür nie schaffen. Kannst du deine Auftritte dort überhaupt noch zählen?
Es waren mehr, als ich mich überhaupt erinnern kann oder will. (lacht)
Pralinen oder Pommes?
Pommes, den ganzen Tag. Jeden Tag!
Wo hast du bis jetzt den schönsten Sonnenuntergang gesehen?
In Tulum! Ich habe dort vor ein paar Jahren beim Papaya Playa Projekt eine Show gespielt, auf einem wunderschönen mexikanischen Strand. Es war Supermond in dieser Nacht, und die Kombination aus Strand und glühenden Himmelskörpern war einfach atemberaubend.
Danke für den Tipp! Alles Gute für die Albumveröffentlichung und hoffentlich bis bald in Österreich.