Social Distortion im Interview: Glaubwürdigkeit in Person G.I.P.
Mike Ness ist das letzte noch lebende Gründungsmitglied von Social Distortion und der Inbegriff des amerikanischen Punks: tätowiert bis in die Augenhöhlen, Ex-Junkie und selbstzerstörerischer Exzentriker. Einer der letzten, die sich in ihrem Leben nie etwas geschissen haben bzw. scheißen werden. Am 13. Juni spielt er mit Social Distortion zum allerersten Mal in 33 Bandjahren auf einem österreichischen Festival. Mike Ness im Interview über seine Premiere beim Nova Rock, Möchtegernpunks und die eigene Glaubwürdigkeit.
Hey Mike! Was dürfen wir von Social Distortion beim ersten Festivalbesuch am Nova Rock erwarten?
Mann, wir waren in 33 Bandjahren nur ein Mal in Österreich! Unglaublich, oder? Daher ist diese Festivalshow für uns so wichtig. Wir wussten bis vor zwei Jahren gar nicht, wie viele Social Distortion Fans es hier gibt – die dürfen natürlich nicht vernachlässigt werden. Darum werden wir am 13. Juni eine feine Mischung aus alten und neuen Songs spielen. Aber nicht so auf: Hey, kauft unser neues Album! Sondern so, dass alle Fans auf ihre Kosten kommen. Schade ist, dass wir heuer keinen freien Tag in Wien verbringen können. Aber Social Distortion kommen wieder in die Hauptstadt, versprochen! Wann, weiß ich noch nicht genau. Aber spätestens dann geht sich auch wieder ein wenig Abhängen im Club und an der Bar aus. Was ich vorher zum Thema Festival noch anmerken wollte: Als Jugendlicher bin ich nie auf Festivals gegangen, jetzt auf meine alten Tage ständig… (lacht).
Ein Grund für deine erwachsenen Festivalbesuche ist das aktuelle, siebte Studioalbum von Social Distortion – wie war eure Herangehensweise bei ‚Hard Times and Nursery Rhymes‘?
Ziel war, dass wir uns neu erfinden. Zu zeigen, dass wir es immer noch können, aber auch, dass wir immer noch Social Distortion sind. ‚Hard Times and Nursery Rhymes‘ ist ein Besinnen auf unsere Wurzeln: Neben den Rolling Stones, Hank Williams und den Ramones sind vor allem Reminiszenzen an ‚Early Punk Grooves‘ und an 70er Punkbands aus New York zu hören.
Die meisten Punks von heute können mit den Bands aus dieser Zeit so gut wie gar nichts mehr anfangen, geschweige denn sich daran erinnern.
Wer sich Punk nennt und die ersten Vorreiterbands nicht kennt, ist nicht mehr als ein Idiot. Oder ein Imageopfer. Sorry, da helfen auch keine bunten Haare oder Sicherheitsnadeln in den Ohren.
Direkt aber ehrlich. Zurück zur Musik – seit 33 Jahren das gleiche Spielchen: Zuerst ins Studio, dann auf Tour und wieder zurück?
So in etwa. Mir gefallen diese sich wiederholenden und aufeinander folgenden Arbeitsschritte beim Musizieren: Im Studio tüfteln, dann raus Konzerte spielen. Aber ich bin ein Showman der alten Schule! Das heißt, dass ich bei unseren Auftritten 150% und mehr gebe. Darum ist regelmäßiges Proben unerlässlich, damit sich die Leute nicht verarscht vorkommen, wenn sie ihr hart verdientes Geld für ein Ticket ausgeben. Heute gibt es genügend Bands, die zwar gute Alben aufnehmen, aber live zum Scheißen sind und keine Eier haben. So was geht überhaupt nicht! Vor allem nicht mit und bei Social Distortion…
Habt ihr dieser Einstellung eure unvergleichbare Street Credibility zu verdanken?
Das Geheimnis von Social Distortion liegt in der Authentizität. Wir versuchen nicht, etwas zu sein, das wir nicht sind. Wir lieben und leben unser Ding, die Musik, und schätzen jeden einzelnen unserer Fans, die uns so nehmen, verehren und begleiten, wie wir sind.
Auf diese rührenden Worte noch abschließend die Frage, in welchen Clubs, Bars und Läden du dich wohlfühlst und herumtreibst?
Ich habe kein Stammlokal, sondern beachte einfach folgende Punkte: Gibt es gute Getränke, vor allem guten Kaffee? Gibt es guten Sound? Spielen sie dort Rock’n’Roll? Und behandeln sie Bands wie Künstler oder wie den letzten Dreck? Sind diese Kriterien erfüllt, dann finde ich immer ein Stammlokal, und sei es nur für diesen einen Tag.
Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit Social Distortion in Österreich. Bis zum Nova Rock!