Sie weiß, wo es hingeht
KeKe im Interview
Die Single „Donna Selvaggia“ war im Juli 2018 nicht nur KeKes erster großartiger Schritt auf die Rap-Bühne, sondern ist und bleibt bis heute auch die perfekte Beschreibung für diese spannende Newcomerin. Die (zu Deutsch) „wilde Frau“ nimmt in ihren Texten kein Blatt vor den Mund, spricht unangenehme Themen wie Angststörungen oder Sexismus gerade heraus an und schafft es in ihrer Badass-Confidence gleichzeitig so sympathisch und authentisch zu bleiben wie kaum ein anderer Act im derzeit so gehypten deutschen Sprechgesangsbusiness. Kein Wunder, dass auch Trettmann und Kummer die junge Künstlerin feiern! Wo sie herkommt? Wo es für sie hingeht? Das erfahrt ihr jetzt …
Mit „Donna Selvaggia“ ging 2018 alles los. Was symbolisiert dieser Begriff der „wilden Frau“ für dich? Und was hältst du davon, als solche bezeichnet zu werden?
„Wilde Frau“ symbolisiert für mich Freiheit… sich frei zu fühlen und zu sein, was man möchte. Ich finde, es gibt nichts Schöneres, als als „Donna Selvaggia“ bezeichnet zu werden.
Hast du das Gefühl, dass damit von vorne herein auch eine gewisse Erwartungshaltung verbunden ist? Stichwort: „Paradox“.
Ja, wahrscheinlich. Doch ich denke, diese habe ich dann mit „Paradox“ wieder aufgehoben. Ich habe gar keine Lust darauf, in eine bestimmte Box gesteckt zu werden. Das beraubt mich ja dann jeglicher Freiheit. Ich habe so viele Facetten und jede einzelne davon ist wichtig und macht mich zur „Donna Selvaggia“.
Apropos „Paradox“ … wieso scheinen sich Stärke und Schwäche für viele auszuschließen? Ist Schwäche zeigen nicht auch eine Form von Stärke?
Ich sehe, Schwäche zu zeigen, auch als Stärke. Da gehört viel Mut dazu. Ich kann es nicht unbedingt nachvollziehen, warum Leute das als paradox wahrnehmen. Doch ich denke, je mehr eine öffentliche Diskussion über psychische Gesundheit und Erkrankung stattfindet, desto weniger werden es die Leute komisch finden.
Nach diesen großartigen Singles folgt nun deine erste EP „Donna“. Darauf wolltest du, den Fokus wieder etwas mehr auf Gesang legen. Gibt es gewisse Themen oder Emotionen, bei denen du Gesang dem Rap vorziehst und umgekehrt?
Gute Frage … ich glaube nicht. Ich habe bis jetzt immer einen Weg gefunden, alle Arten von Emotionen zu rappen oder zu singen. Das kommt dann immer ganz intuitiv.
Im EP-Titeltrack rappst du: „Weiß, wo ich herkomm. Weiß, wo es hingeht.“ – Als kleine Vorstellung deinerseits: Woher kommt KeKe? Wohin geht es für KeKe?
Ich bin ein Mensch mit einer turbulenten Vergangenheit. Ich habe einfach ein paar Dinge gesehen und erlebt, hatte aber auch enorm viel Glück in meinem Leben. Mit „weiß, wo es hingeht“ ist gemeint, dass mein Bauchgefühl mir immer schon gesagt hat, dass ich mit irgendetwas Erfolg haben werde. Das muss auch gar nicht unbedingt Musik sein. Ich weiß aber intuitiv, dass ich meinen Weg gehen werde und dass es klappen wird. Musik wird aber immer ein Teil von mir sein und ist mit ziemlicher Sicherheit die größte Liebe meines Lebens.
In „Alles gut“ singst du: „Bis hier hin lief alles gut“ – Fühlst du dich mittlerweile im Rap zu Hause?
Ja und nein. Manchmal fühle ich mich ein bisschen wie eine Betrachterin von außen, da ich das noch nicht lange mache und auch nicht direkt aus der Szene komme. Das sehe ich aber nicht unbedingt als Nachteil. Dadurch konnte ich relativ unbefangen in das Game reinwachsen. Ich wurde aber auch von Menschen wie Trettmann, KitschKrieg, Kummer usw. unfassbar herzlich aufgenommen. Das sind Leute, die ich sehr schätze und die mich inspirieren.
Die Zeile „Sie wissen nicht warum ich das tu, was ich tu.“ stammt ebenfalls aus dieser Nummer. Könntest du uns erklären, warum du das tust, was du tust?
Weil ich Bock habe! Am Ende des Tages mache ich es, weil ich Musik liebe.
Du bist bekanntlich ein Fan von Autotune. Doch wieso ist es, deiner Meinung nach, oft noch so negativ konnotiert?
Ich glaube, die Leute checken nicht, dass fast in jedem Genre Autotune verwendet wird. Auch Metal Bands verwenden Autotune. Ich nutze es als Effekt – so wie ein Gitarrist, der einen Effekt auf seiner Gitarre benutzt. Wenn es die Leute stört, sollen sie halt etwas anderes hören. Es gibt ja so viel unterschiedliche Musik da draußen.
In Interviews liegt der Fokus immer wieder auf der Tatsache, dass du eine Frau in einem männerdominierten Genre bist. Verständlicherweise langweilt das auf Dauer, jedoch ist es dir gleichzeitig wichtig Statements gegen Sexismus zu setzen – auch in deinen Songs. Wie gehst du mit dieser potenziellen Diskrepanz um?
Klar kommt die Frage oft. Sie ist aber auch super wichtig, also werde ich solange darüber reden, bis das kein Thema mehr ist. Wir müssen den Diskurs unbedingt weiter pushen und supporten, bis sich etwas ändert.
Es herrscht ja gerade ein regelrechter Hype rund um deutschen Rap … denkst du, dieser hat seinen Höhepunkt bereits erreicht? Und welche Genres würdest du vielleicht noch gern ausprobieren?
Ich glaube, alles entwickelt sich ständig weiter. Deutschrap wird bleiben, aber vielleicht einfach wieder andere musikalische Formen annehmen. Ich habe bezüglich Genres wieder mehr Bock, Jazz zu machen – sozusagen: Back to the roots!
Du bist auf den neuen Alben von Trettmann und Kummer vertreten und gehst mit letzterem auch bald auf Tour. Wie fühlt sich dieser Szene-Support für dich als Newcomerin an?
Es gibt absolut nichts Schöneres! Ich schätze KitschKrieg, Trettmann und Kummer musikalisch und menschlich extrem. Blessings on blessings on blessings sozusagen! (lacht)
Zu Recht! Bis bald im Wiener WUK!