Retrospektive im Ist-Zustand
Sofa Surfers im Interview
Sofa Surfers sind Wolfgang Frisch, Markus Kienzl, Michael Holzgruber und Sänger Mani Obeya. 2017 feiert das experimentierfreudige Quartett sein zwanzigjähriges Bandjubiläum und veröffentlicht passend dazu das Album ’20‘. VOLUME hat mit den vier Ausnahmekünstlern über ihre Geburt, das Aufwachsen und Weitermachen gesprochen.
Fotos: Thomas Unterberger Photography
Es war einmal…könnt ihr euch noch an die Geburt der Sofa Surfers erinnern? Wie sah der dazugehörige Liebesakt aus?
Markus Kienzl: Unsere Bandgeschichte ist sehr eng mit einem speziellen Begegnungsort verknüpft. Im so genannten Kunstwerk in Ottakring haben wir damals an Sounds gebastelt und experimentiert, konnten Partys veranstalten und erste Produktionen gleich ausprobieren. Es lag ein besonderer Vibe in der Luft. Mittlerweile sind die Künstlerateliers modernen Familienwohnungen gewichen und die Sofa Surfers weiter gezogen.
Michael Holzgruber: Markus und ich kennen uns seit unserer Jugendzeit in Mödling, aufgewachsen sind wir mit Rock, Pop oder Indie. Wir wollten mehr! Als sich Anfang der Neunzigerjahre elektronische Musik und die dazugehörige Clubkultur in Wien ausgebreitet haben, konnten wir mittendrin statt nur dabei sein. Wolfgang Frisch kam aus Salzburg in die Hauptstadt, die Chemie und künstlerische Vision haben sofort gepasst. Der Rest ist Geschichte!
Von ‚Transit‘ bis zu ’20‘ haben sich die Sofa Surfers klanglich hörbar verändert. Wo setzt ihr die wichtigsten Meilensteine eurer Karriere?
Wolfgang Frisch: Als Künstler sollte es unser Anspruch sein, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu leben. Darum will ich unsere Entwicklung nicht anhand von Veröffentlichungen festmachen müssen. Da haben ganz andere Faktoren eine Rolle gespielt.
Welche zum Beispiel?
Michael Holzgruber: Wolfgang Schlögel alias I-Wolf hat die Band im Guten verlassen, Mani ist seit dem selbstbetitelten Album von 2005 fixes Mitglied der Sofa Surfers. Ganz klar, dass solche Besetzungswechsel als Meilensteine einzuordnen sind. Aber wohin unsere musikalische Reise gehen soll, haben wir uns bei jedem einzelnen Album offen gelassen. Wichtig war bei allem nur, dass der Sound unverkennbar nach Sofa Surfers klingt.
Markus Kienzl: Mit unserem zweiten Album „Cargo“ wollten wir uns von dem damals allgegenwärtigen Schimpf- bzw. Modewort ‚Lounge-Musik‘ abgrenzen. Diese Veröffentlichung aus dem Jahr 1999 zählt wohl zu den düsteren Klangkapiteln in unserer Bandgeschichte – im positiven Sinne. Im Laufe der Zeit sind wir wieder zugänglicher geworden. Generell haben wir nie aber bewusst auf dieses zwanzigjährige Jubiläum hingearbeitet. Jetzt ist es ganz einfach da und soll gebührend gefeiert werden…
…in Form eines Albums, auf dem sowohl bis dato unveröffentlichtes Material als auch alte Songs neu interpretiert zu hören sind. Kann so ein ‚zusammen gestückeltes‘ Album eine Botschaft haben? Oder ist ’20‘ eher als Werkschau zu verstehen?
Wolfgang Frisch: Das Letzte, was wir wollten, waren aneinander gereihte ‚Greatest Hits‘. ’20‘ ist eine Retrospektive im Ist-Zustand.
Michael Holzgruber: Ganz trocken gesagt: 20 Jahre Sofa Surfers ist die Botschaft!
‚Komm, süßer Tod‘, ‚Silentium‘, ‚Der Knochenmann‘ oder ‚Das ewige Leben‘ – zu eurer Bandgeschichte gehört auch das Komponieren von Filmmusik. Wie unterscheidet sich die Herangehensweise bei Songs und Soundtracks?
Wolfgang Frisch: Schon bevor es offizielle Veröffentlichungen von unserer Band gab, haben wir an Filmmusik gearbeitet. Hier bestimmen Bilder die Töne. Bei einem Song kommen die Melodien aus unseren Köpfen. Dieses Wechselspiel aus den unterschiedlichen Herangehensweisen hat seinen Reiz über die Jahre nicht verloren.
Markus Kienzl: Dieses Jahr wird es noch einen österreichischen Tatort zu sehen geben, für den wir das Sounddesign übernommen haben. 2018 erscheint dann der Kinofilm ‚Cops‘, der von den Sofa Surfers aktuell vertont wird.
Hands aufs Herz: Wie sehen die nächste 20 Jahre aus? Ist ein Ende in Sicht oder bleibt alles offen?
Michael Holzgruber: Jünger werden wir alle nicht mehr. Dafür wächst im Alter das Interesse und die Lust daran, immer wieder neue Klänge zu entdecken. Es bleibt also weiterhin alles möglich.
So soll es sein – alles Gute für die Sofa Surfers!