Nicht den Kopf in den Sand stecken
Feine Sahne Fischfilet im Interview
Wir schreiben das Jahr 2019. Die dringend nötige Aufklärarbeit, die Feine Sahne Fischfilet bereits 2017 mit „Sturm & Dreck“ in Angriff genommen haben, ist noch lange nicht abgeschlossen. Nach ihrer Tour im November und Dezember 2019, mit Zwischenstopp in Wien, wird nun aber trotzdem eine längere Live-Pause fällig. Was wir zwischenzeitlich ohne die Politpunker machen sollen und wie man am besten mit Rechtsruck und Hasskommentaren umgeht, hat uns Frontmann Monchi davor aber noch verraten.
2019 war ein hartes Jahr! Kann man diese Welt und ihre Menschen noch vor sich selbst retten oder sind wir schon komplett im Arsch?
Kurz gesagt, gibt es natürlich viele Arschlöcher auf der Welt, aber es gibt auch viele coole Leute. Auf die muss man sich fokussieren und die muss man stärken. Genau das versuchen wir zu machen. Bei uns in der Provinz, wo viele Menschen die AfD gewählt haben, haben wir zum Beispiel unser eigenes Festival veranstaltet.
„Wenn wir sehen, dass ihr kotzt, geht es uns gut!“ Sind die Kritik und die Hasskommentare für euch gleichzeitig auch eine Bestätigung, dass ihr vieles richtig macht?
Ja, kann man so sagen. Wenn Leute, die kein Problem haben, diese Partei zu wählen, über uns abkotzen, dann ist das ein Kompliment.
Unter diesen Hasskommentaren finden sich aber leider auch Morddrohungen. Wie geht ihr mit solchen um?
Das Wichtigste in solchen Situationen ist einfach ein guter Freundes- und Familienkreis. Wir haben genau über diese Thematik auch ein Lied geschrieben: „Angst frisst Seele auf“. Natürlich ist Angst etwas Normales und auch wichtig, aber man darf sich davon nicht lähmen lassen – denn das wäre nämlich genau das, was diese Leute erreichen wollen.
Macht es für euch einen Unterschied, woher der Gegenwind kommt? Stichwort: Zitadelle Spandau und die unberechtigte Kritik der CDU.
Es wird dadurch offensichtlicher, dass diese Parteien scheinbar kein Problem mehr damit haben, über die Stöckchen der AfD zu springen – was es in meinen Augen nur noch erbärmlicher macht. Das ist ja bei euch in Österreich leider auch nicht anders. Genau deswegen ist es wichtig, klar Position gegen die AfD oder auch die FPÖ zu beziehen. Und es ist wichtig, untereinander zusammenzuhalten – gegen diesen Rechtsruck.
Euch wurde unter anderem vorgeworfen, dass das Konzert eine „ausdrücklich nicht genehmigte politische Veranstaltung“ gewesen sei. Was würdest du als Erstes ändern, wenn du Politiker wärst?
Ich würde die ländlichen Regionen stärken, so wie wir es jetzt bereits versuchen – zum Beispiel mit Festivals oder Konzerten. Kulturell geht nicht so viel in der Gegend, wo wir herkommen, aber genau diese darf man nicht vergessen.
Heuer habt ihr bereits zum vierten Mal das „Wasted in Jarmen“ Festival veranstaltet. Was ist für euch das Schönste daran?
Man muss sich das einfach so vorstellen: Dort wohnt meine ganze Familie. Dort bin ich aufgewachsen. Dort kenne ich alle Leute. Und dann veranstaltest du ein eigenes Dorffest, wo sonst nicht mal ein Jugendklub war. Es ist wirklich das Geilste, was wir bis jetzt gemeinsam aufgezogen haben. Es ist das, worauf ich mit der Band am meisten stolz bin.
Im letzten Interview mit VOLUME hast du von Hoffnung in der Hoffnungslosigkeit gesprochen. Bist du immer noch hoffnungsvoll?
Klar, es ist besonders wichtig, jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Es gibt so viele tolle Menschen. Man hätte sich zum Beispiel vor ein paar Jahren nicht vorstellen können, dass solche Mengen auch auf die Straße gehen. Ich finde es sehr hoffnungsbringend, wenn sich viele so klar gegen Rechts positionieren.
Du bist auch auf Sidos neuem Album „Ich und keine Maske“ in der Nummer „Leben vor dem Tod“ mit dabei. Was willst du unbedingt noch machen, bevor du abtrittst?
Ich habe früher viel Sido gehört, deshalb ist es einfach so absurd, dass ich jetzt mit ihm Musik gemacht habe. (lacht) Die Sachen, die ich mir erträumt habe, sind inzwischen nicht mehr die Geilsten, die mir passiert sind. Deswegen bin ich völlig offen für alles, was auf mich zukommt.
Ihr habt eine Live-Pause nach eurer nächsten Tour angekündigt. Was ist der Grund dafür?
Wir waren jetzt einfach die letzten fünf, sechs, sieben Jahre durchgehend unterwegs. Wozu wir gar nicht mehr gekommen sind, ist: proben. (lacht) Wir freuen uns natürlich extrem darauf, dass wir Anfang November mit der Tour starten. Vor ein paar Jahren haben wir in Wien vor 150 Leuten gespielt, jetzt spielen wir im Gasometer – das ist für uns völlig absurd. Das wollen wir noch genießen! Danach gehen wir in den Proberaum und setzten uns endlich mal wieder an neue Sachen.
Und wer betreibt dann die nötige Aufklärung, wenn ihr in eine wohlverdiente Pause geht? Oder werdet ihr es euch trotzdem nicht nehmen lassen, das ein oder andere Mal den Mund aufzumachen?
Kommt auf die Situation drauf an. (lacht) Wir sind ja bei Weitem nicht die Einzigen. Es gibt viele andere tolle Bands, Künstler und Menschen aus der Politik, die noch viel mehr machen als wir. Ich bin guter Dinge, dass das auch ohne uns geht, und wir da gut und gerne Pause machen können.