Alles kann, nichts muss
Mighty Oaks im Interview
Alles auf neu: Mit ihrem dritten Album „All Things Go“ schlagen Mighty Oaks ein neues Kapitel ihrer Bandgeschichte und bewegen sich damit aus ihrer Komfortzone. Es ändert sich alles und gleichzeitig: Es sind immer noch Ian Hooper, Claudio Donzelli und Craig Saunders,. Es sind immer noch ihre Geschichten, ihre Songs, und ihre Freundschaft, die das Herz von Mighty Oaks ausmachen. Jedoch sind die drei in den letzten zehn Jahren natürlich auch erwachsen geworden. Was sich dadurch verändert hat, haben wir für euch erfragt …
Vor fünf Jahren habt ihr im Interview mit VOLUME davon gesprochen, dass viele junge Leute Musik hören möchten, zu der sie träumen können. Wie sieht das heute eurer Meinung nach aus?
Ian: Viele Leute hören Musik, wenn es ihnen nicht gut geht. Es ermöglicht ihnen dann, in diesem Moment glücklich zu sein, zu träumen oder zu reisen. Das war immer so und das wird auch immer so bleiben.
Wovon soll man zum Sound eures neuen Albums „All Things Go“ träumen?
Claudio: Die Songs sind wie eine Welt, die wir aufbauen. Ich denke, die Leute hören unsere Musik und haben dabei eine Gelegenheit, loszulassen.
Ian: Ich glaube, die Lieder auf dieser Platte bringen einen einfach zum Nachdenken. Es werden Themen behandelt, die jedem im Leben einmal begegnen … egak, ob das Tod, Liebe, Freundschaft, Reisen, Zukunft oder die Umwelt sind. Themen, über die man auch konkret nachdenken und von denen man nicht nur träumen kann.
„Howl“ war das Album für intime Lagerfeuer, „Dreamers“ ist eher für die Reise. Und „All Things Go“?
Ian: Wir haben beides dieses Mal auf der Platte: die intimen Lagerfeuerlieder und auch Lieder, die einem komplett in die Fresse hauen. Die sind dann ziemlich catchy. Es ist dieses Mal ein breites Spektrum und die Platte an sich ist eine Reise. Es gibt viele Höhen und Tiefen, intime Momente und wirklich laute, übergreifende Sounds.
Doch was hat sich im Gegensatz zu den anderen Alben vielleicht verändert?
Ian: Beim zweiten Album war der Prozess wesentlich schmerzhafter. Sechs Wochen am Stück im großen Studio, wo man dann gezwungen ist, es durchzuziehen, und wo man überhaupt keinen Rückzugsort für sich hat. Beim ersten Album war das eher chillig. Wir hatten ohne Ende Zeit zum Aufnehmen. Dieses Mal haben wir einfach das richtige Rezept gefunden, den richtigen Menschen und die richtigen Arbeitsweisen.
„Tell Me What You’re Thinking“ – Was war euer erster Gedanke, als das neue Album fertig war?
Ian: Ich war traurig. Wir haben im Laufe der Produktion mit zwei Produzenten gearbeitet. Mit dem Ersten war es schwierig und wir haben dann entschieden, dass wir mit einem anderen weitermachen. Nachdem wir diese Entscheidung getroffen haben, lief alles sehr gut, sehr schnell und einfach schmerzlos.
In „All Things Go“ gebt ihr euren Hörern wichtige Lebensweisheiten mit auf den Weg. Wenn ihr in der Zeit zurückreisen könntet, was würdet ihr eurem jüngeren Selbst raten?
Ian: Ich hätte mir geraten, nicht zu studieren … einfach nicht an die Uni zu gehen. Ich habe durch die Musik und die Industrie so viel gelernt. Viel mehr als ich jemals an der Uni hätte lernen können.
Claudio: Ich habe Musik schon seit mehreren Jahren beruflich gemacht. Ich wäre nicht an diesen Punkt gekommen, wenn ich nicht alles genau so gemacht hätte.
Ian: Es hätte auch sein können, dass ich gescheitert wäre mit 18 und dann hätte ich keinen Bock mehr auf die Musikindustrie gehabt. Wer weiß. …
Craig: Also ich bin sehr happy damit, wo wir uns jetzt befinden.
Ian: Ein bisschen früher anzufangen, wäre schon geil gewesen, aber vielleicht wäre es auch schief gegangen.
„Don’t look back, I’m lost again.“ Leben wir alle zu sehr in der Vergangenheit?
Ian: Nur wenn man Scheiße gebaut hat. Darum geht es auch in dem Lied – dass man etwas falsch gemacht hat. Aber die Frage ist, wenn man etwas anders machen könnte, würde man das wirklich tun? Ich würde nie zurückzugehen, um es anders zu machen, weil dann wäre ich nicht hier. Man möchte zwar gerne den Fehler ausbessern, aber das kann man nicht. Man kann nur daraus lernen.
„If you only do, what you’ve always done, you only get, what you always got.“ Was macht ihr jetzt anders als noch vor fünf Jahren? Inwiefern haben sich die Mighty Oaks verändert, als Menschen und musikalisch?
Ian: Wir testen neue Sachen in der Musik aus. Die Platte ist poppiger als das, was wir zuvor gemacht haben.
Claudio: Wir gehen aus unserer Komfortzone raus. In vielerlei Hinsicht: in unserer Musik, mit unserer Marketingstrategie und mit der Liveshow. Das verbreitert auch unsere Möglichkeiten und unseren Horizont, sodass man nicht wie ein Zug immer denselben Weg fährt. Wir wollen dem Publikum auch zeigen, dass wir nicht nur akustische Musik machen können.
Wer ist eigentlich die am neuen Album besungene Aileen?
Ian: Das war meine Mutter, die leider verstorben ist. Es geht um mich, meine Schwester und meinen Vater. Ich verarbeite darin, wie wir ihren Todestag verbracht haben.
Unser herzliches Beileid! Stichwort „Kids“ … welche Dinge sehen Kinder viel klarer als wir Erwachsenen?
Ian: Freude!
Craig: Im Moment zu leben. Nicht nachdenken, sondern einfach machen.
Ian: Die Kreativität und die Unschuld – das ist so schön an Kindern. Manchmal erzählt mir mein 3-Jähriger komplett skurrile Geschichten, die keinen Sinn machen, aber er erzählt es, als ob sie zu 100% der Wahrheit entsprechen. Letztens hat er mir erklärt, dass er mit Santa Claus schwimmen war. (lacht)
Craig: Man lernt über die Jahre als Erwachsener, was man machen soll und was nicht.
Ian: Kinder testen ihre Grenzen bis zu einem gewissen Alter aus. Erwachsene haben mehr Angst, etwas falsch zu machen. Kinder machen es einfach, bis ihnen jemand sagt, dass es falsch war.
Fließt diese kindliche Philosophie dann auch in eure Songs ein?
Craig: Dieses Mal eher nicht … also ein Lied über Santa haben wir noch nicht geschrieben. (lacht)
„Isn’t it crazy, that we made it this far?“ Könnt ihr euch noch an den Moment erinnern, an dem ihr realisiert habt, dass ihr es geschafft habt?
Ian: Das erste Mal, als wir das gedacht haben, war als wir mit Kings of Leon gespielt haben. Das war bevor wir es überhaupt geschafft haben. Wir dachten uns: „Krass, 20.000 Leute könnten unsere Musik auf einmal gut finden.“
Craig: Manchmal ist es gefährlich, wenn man denkt, man hat es geschafft.
Ian: Eigentlich denke ich immer noch nicht, dass wir es richtig geschafft haben.
Craig: Vielleicht, wenn du Elton John bist oder jemand, der so lange im Geschäft ist, dann kannst du das erst behaupten. Wir haben immer noch bei jeder Platte das Gefühl, wir fangen von Neuem an. Das ist auch gesund so.
Ihr habt in eurem letzten Interview mit uns auch davon gesprochen, dass ihr euer organisches Wachstum genießen und auch die Bühnen zwischen den kleinen und großen bespielen wollt. Sehr ihr das heute noch genauso?
Alle: Ja.
Craig: Unsere Shows in Europa sind wesentlicher größer als die in Nordamerika. Das hält einen auf jeden Fall am Boden. Hier in Europa sind wir sehr verwöhnt und in den USA spielen wir in den kleinen Clubs. Das hat eine ganz andere Energie und ist sehr intim.
Und was hat sich in den fünf Jahren verändert, in denen die europäischen Bühnen größer wurden?
Ian: Es ist eigentlich immer noch das Gleiche. Aber zu große Bühnen sind etwas unintim.
Claudio: Da sieht man nur die ersten 30 Reihen.
Craig: Ich finde es schön, dass wir sowohl in den großen Hallen als auch in den kleinen spielen können. Es ist eine andere Energie, ein anderes Gefühl, aber im Endeffekt bekommen wir von allem etwas zurück.