Mehr als die Summe ihrer Teile
5K HD im Interview
Schmieds Puls-Frontfrau Mira Lu Kovacs und die vier Jungs von Kompost 3 sind gemeinsam 5K HD – und somit DIE neue Supergroup der Stunde. Eine improvisationslastige Jazz/Funk/Groove-Truppe, die mehr als die Summe ihrer einzelnen, großartigen Teile ist und auf ihrem Debüt ‚And To In A‘ mit teils akustischen, teils elektronischen Mitteln ein Klangerlebnis geschaffen hat, das im Jahr 2017 seinesgleichen sucht. Grund genug, sich die fünf Musikgenies vor ihrer WUK-Show am 6. Oktober genauer anzuschauen!
Euer Bandname klingt im Vergleich zu eurer Musik eher kühl und emotionslos. Ein bewusst gewählter Kontrast – und wenn ja, wieso?
Der Bandname beinhaltet einerseits die 5K’s (Kompost3+Kovacs) plus eine Art ‚Current State of the Art Sound‘ in Hochauflösung (HD). Andererseits drückt er eine Art Produktname (Turbo 3000) aus, um auf einen immer wachsenden und schnellerwerdenden Kapitalismus aufmerksam zu machen. 4k war gestern. 5K ist vielleicht auch schon wieder vorbei. What’s next?
‚5K HD ist die neue Supergroup…‘ – wer hat das Sagen beim Musizieren? Oder läuft alles streng basisdemokratisch ab? Einen König gibt es ja auch bei euch in der Band…
Zuallererst, auch der König muss sich der Demokratie eingliedern. Es ist sehr schön, in dieser Formation zu experimentieren und fernab von normalen Bandformaten verschiedenste Richtungen auszuprobieren. Es ist eine wundervolle organische Geschichte. Wir sind 5 individuelle MusikerInnen mit einer großen gemeinsamen Idee. Jeder bringt Material zu den Proben bzw. Studioaufnahmen mit und gemeinsam jammt man, arrangiert man, entscheidet man, wie die Songs klingen sollen und wie etwas auf eine Platte kommt.
Viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei. Wie schwierig, anstrengend, herausfordernd oder was auch immer ist es für fünf Musikgenies wie euch, auf den hörbaren Punkt zu kommen?
Natürlich gibt es viele Entscheidungen zu treffen, die nicht immer einfach sind oder zeitlich drängen, aber bis dato versucht jeder von uns, das Beste rauszuholen und immer für alle da zu sein. Wir ergänzen uns sehr gut, wir kommen oder agieren alle von/in verschiedensten Genres und auch deshalb gibt es schon viele Möglichkeiten, gemeinsam etwas Neues zu machen. Wir wollen eben eine neue Musik kreieren und nicht alte Muster bedienen. Natürlich gibt es popkulturelle Bausteine, die wir ebenso benutzen, weil wir sie auch mögen, aber grundsätzlich wollen wir etwas Neues und Einzigartiges machen. Auch deshalb gibt es die Band nur in dieser Konstellation. Jeder von uns 5 ist inhaltlich und musikalisch unaustauschbar.
Was haltet ihr persönlich von der Bezeichnung ‚Supergroup‘?
Es ehrt uns. Es ist eben eine Fusion von Kompost3 und Mira Lu Kovacs. Wir haben nie von einer Supergroup gesprochen oder haben so etwas geplant. Medien brauchen wahrscheinlich solche Schlagwörter bzw. bezeichnen und bestimmen Musikstile und Bands. Wir wollen unsere Musik nirgendwo einordnen – außer man fragt, wie heißt euer Genre? Die Antwort: 5K HD! Außerdem ist es auch immer schön, etwas zu machen und andere Leute, die das besser können, schreiben oder reden dann darüber. Wir sind alle nicht unbedingt Angeber oder Selbstpräsentatoren und deshalb ist es gut, wenn diesen Part manchmal jemand anderes übernimmt – das Publikum, Pressestimmen, usw.
‚Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.‘ – wahr oder falsch?
Wahr! Bzw. ist es bereits in dieser kurzen Zeit der Zusammenarbeit zu mehr geworden, als wir zunächst dachten. Zu Beginn stand ‚Anthem‘, als erste gemeinsame Nummer und dann gab es auf einmal gleich super wichtige Anfragen vom Brut Wien und Konzerthaus Wien und danach war gleich mal die Idee da, eine ganze Platte zu machen. Dafür haben wir dann in New York in den Red Bull Music Studios bzw. in unserem eigenen Studio in Wien alles aufgenommen und sind mit verschiedensten Auserwählten durch den Produktionsvorgang gegangen. Manu Mayr, unser Bassist, hat die Platte ‚And To In A‘ produziert und wir haben Leute wie Max Walch (Monophobe), Sixtus Preiss und Martin Scheer für Mixing und Mastering ins Boot geholt. Wir haben innerhalb von einem Jahr schon viel gemeinsam erlebt. Vor allem bei 5 Leuten summiert es sich schnell, sodass es nicht nur bei der Summe der Teile bleibt.
Es wird immer wieder betont, dass ihr sehr international klingt, dass man eure ‚österreichische Herkunft‘ nicht hört. Wie steht ihr zu dieser Aussage, die ja gleichzeitig die österreichische Musik in ein bestimmtes Erwartungskonzept steckt?
Das finden wir schön, dass man das sagt. Wir lieben es, in Wien zu arbeiten und zu wohnen, aber haben auch das Gefühl, dass es nicht so leicht ist, als österreichischer Musiker raus in die Welt zu gehen und erfolgreich zu sein, ohne mit dem Stempel ‚weltberühmt in Österreich‘ gebranded zu sein. Österreich ist ein kleines Land mit vielen kreativen Menschen und MusikerInnen, die eben in ihrer kleinen Welt versuchen, ihr Bestesmöglichstes zu schaffen. Und langsam wächst auch das Selbstbewusstsein der Musikschaffenden im U-Musik Bereich und damit auch das Selbstverständnis für ein internationales Auftreten. Alle 5 von uns schätzen es, miteinander Musik zu machen zu können und es ist jetzt keine gecastete Band, sondern unser Wunsch miteinander zu spielen. Dann kommt so etwas Unmittelbares dabei raus, worauf wir selber stolz sind. Natürlich wirkt es internationaler, wenn man auf deutschen Text verzichtet und vermeintlich österreichische Musik-Traditionen mal nicht einbaut.
And, To, In, A – Können Worte nun ihren Sinn verlieren und entsteht Poesie nur über ihre Ordnung?
Selbstverständlich können Worte ihren Sinn verlieren. Zum Beispiel wenn man sie ganz oft hintereinander sagt, wenn man sich darüber klar wird, dass ein Wort nur Tinte auf Papier ist, Linien auf Screens oder eben ein Laut, der auch einfach ein zufälliges Geräusch der Natur ist und dann ist es für mich bereits Musik. Ordnung hilft uns Menschen, die Dinge begreiflich zu machen. Irgendwo habe ich mal gelesen ‚Gib Dingen einen Namen und du hast Macht darüber‘ oder so ähnlich – das finde ich zutiefst menschlich. Nicht sehr romantisch, kein schönes Bild, aber sehr treffend. Und so ist der Text zu dem Lied ‚And To In A‘ entstanden, mit einem Gedankenspiel um Worte und Kombinationen, die grammatikalisch grad noch Sinn machen und in den verschiedenen Konstellationen jeweils etwas anderes bedeuten. Wenn man zum Schluss die ‚Haupt-‚Wörter der einzelnen Zeilen subtrahiert, bleiben nur mehr die Bindewörter übrig. Ich empfinde dieses Experiment als sehr befriedigend. Es gibt mir so eine Ruhe, weil eben alles seine Ordnung gefunden hat. Also ja, Ordnung macht unsere Sprache, aber man kann die Regeln brechen und kommt dadurch womöglich auf schönere Ergebnisse.
In ‚What If I‘ geht es u.a. auch um das Betäuben der Bürgerinnen und Bürger mit Information. Wie empfindet ihr den Song jetzt in Bezug auf die anstehende Nationalratswahl?
Der Song war nie wirklich politisch gemeint. Es kommt eigentlich nur einmal das Wort ‚government‘ vor, als Beschreibung von etwas, das dir eine Lebensweise vorgaukelt, die gar nicht deine selbst erwählte ist. Der ganze Satz lautet ‚the government sold you to comfort and shame‘ – das soll ein Gefühl von Fremdbestimmtheit erklären. In Zeiten, in denen man sich von vermeintlich linken Regierungen zunehmend kontrolliert, missverstanden und nicht vertreten fühlt, kommt dieses Gefühl wohl häufiger auf. Power to the people!
Wie viel auf ‚And To In A‘ ist aus Improvisation entstanden, wie viel war gezielt geplant?
Die Grundgerüste und Ideen der Songs kamen von einzelnen Personen in der Band. Improvisation ist für uns sehr wichtig beim Arrangieren und Zusammenfügen des Materials und gilt als Klebemasse der musikalischen Bausteine. Von einer gezielten Planung kann man erst ab der Postproduktion sprechen. Davor war das Experiment und der Versuch unsere individuellen Positionen durchzumischen, um gemeinsam ein großes Ganzes zu entwickeln.
Wenn ihr euer Debütalbum in einem sympathischen Plattenladen einsortieren müsstet, in welche ‚Musikecke‘ würdet ihr es stellen und welche Platten stehen unmittelbar daneben?
Neuerscheinungen, Platte der Woche, Avantgarde-Pop, Downtempo, Electro, Jazz. Radiohead, Son Lux, These New Puritans, Hiatus Kayote, Dorian Concept, Blake Mills, Joe Henry, FKA Twigs, Georgia Anne Muldrow…
Schon am Popfest war die Resonanz auf euren Sound massiv – auch VOLUME feiert 5K HD. Über welches nationales oder internationales Feedback habt ihr euch bis jetzt am meisten gefreut?
Bei einem Konzert in New York hat Marc Ribot Manus Pedalboard mit seinem Smartphone fotografiert.
Jetzt ist ganz Wien natürlich gespannt auf die Show am 6. Oktober im WUK. Schon aufgeregt?
Aufgeregt im positivsten Sinne!