Immer langsam mit den jungen Pferden!
Foals im Interview
Den eigenen inneren Wahnsinn entfesseln … wo geht das besser als auf der Bühne? Die britische Indie Math Rock Band Foals hat diesen Wahnsinn im Laufe der Jahre perfektioniert und sich mit energiegeladenen, leidenschaftlich wilden Shows einen unbestrittenen Ruf erspielt. Doch dass das Oxford-Quintett auch leiser kann, beweist es auf seinem aktuellen Album ‚What Went Down‘ mit wunderschön metaphorischen Lyrics und überzeugender Hingabe. VOLUME hat mit Bassist Walter Gervers anlässlich ihres zehnjährigen Jubiläums über die neue Platte, die Natur des Bandlebens und unbeständige Zeiten im Musikbusiness nachgedacht.
Euer neues Album ‚What Went Down‘ ist seit einer Woche endlich in den Plattenläden. Wie fühlst du dich?
Ich bin sehr glücklich und gleichzeitig aufgeregt! Das Album führt den Weg weiter, den wir mit unseren Sound vor Jahren eingeschlagen haben. Doch diesmal wollten wir eine Platte machen, die einerseits die Energie und die Aufregung einer Live-Performance, anderseits die sanften und ruhigen Momente im Studio reflektiert. ‚What Went Down‘ zeigt damit gleichzeitig unsere laute und wilde, aber auch unsere weiche Seite.
Das ist euch auf jeden Fall gelungen! Außerdem habt ihr diesmal mit Soul- und Gospel-Elementen experimentiert …
Ja, das hat die Platte dem sehr vielfältigen Musikgeschmack unseres Sängers Yannis zu verdanken. Er hört einfach alles: von alten Aufnahmen afrikanischer Sänger bis hin zu griechischer Volksmusik, was natürlich mit seinen Wurzeln zu tun hat. All das fließt in sein Songschreiben ein. Er versucht sich dabei immer wieder selbst zu übertreffen und seine Stimme jedes Mal anders einzusetzen.
Was steckt eigentlich hinter dem Albumtitel ‚What Went Down‘?
Der Titel rekapituliert sozusagen unsere letzten Jahre, im Sinne von: ‚Leute, schaut her – das ist alles passiert!‘ Gleichzeitig lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass die Arbeit an einer Platte auch immer eine Frage der Zeit ist. Du kannst lange an einem Album tüfteln, doch irgendwann musst du stoppen und es einfach in Welt hinauslassen. An dem Titel gefällt mir außerdem, dass er neugierig macht und die Leute wissen wollen, was er bedeutet.
Thematisch beschäftigt ihr euch mit kultureller Identität, Ängsten und Pessimismus. Gab es dafür einen speziellen Anlass?
Diese Thematik liegt wohl einfach in der Natur des Bandlebens. Man ist lange Zeit weit weg von zu Hause, ständig in Bewegung, steht in der Öffentlichkeit und hat grundsätzlich einen ziemlich seltsamen Lebensstil. Jeder Tag ist anders – das kann einen streckenweise schon sehr nachdenklich stimmen. Wenn wir an einer neuen Platte arbeiten, dann wissen wir im Vorhinein nicht wo es hingeht und wollen uns dabei auch gar nicht festlegen. Die Themen fließen ganz von selbst in die Musik ein – man merkt das oft erst, wenn ein Song bereits fertig ist.
Das Leben auf Tour ist also eine große Inspirationsquelle für euch?
Ja, total! Wir kennen nichts anderes, denn wir waren in den letzten Jahren extrem viel unterwegs. Wenn man nach Hause kommt, braucht man erstmal eine Verschnaufpause. Doch dann startet man wieder von vorne als wäre nichts geschehen und die ganzen Strapazen sind vergessen. (lacht) Ohne es zu merken fließen die ganzen Erfahrungen und Erlebnisse des vorangegangenen Albums auch immer wieder in die neuen Songs ein.
Textlich ging es vor allem eurem Frontmann darum, den eigenen inneren Wahnsinn zu entfesseln. In welchen Situationen kannst du das?
Wenn ich ein Konzert spiele – da passiert etwas mit mir, was ich nicht erklären kann. Man könnte fast sagen, eine Show hat etwas Spirituelles. Man denkt an nichts anderes, wenn man auf der Bühne steht. Da herrscht eine unglaubliche Energie!
Ihr seid also durch und durch eine Live-Band …
Absolut, denn so haben wir angefangen. Wir haben unzählige kleine Shows gespielt bevor wir die Chance bekamen ein Album aufzunehmen. Konzerte sind unsere Wurzeln. Im Studio zu sein ist wieder eine völlig andere Erfahrung. Das ist auch der Grund dafür, warum manche Songs live ein bisschen anders klingen als auf Platte. Bei einer Show wollen wir unsere Musik nicht einfach wie auf dem Album wiedergeben. Es gibt sozusagen immer eine Live-Version und eine Studio-Version. Wir sind also definitiv eine Live-Band und haben uns dadurch in den letzten Jahren auch einen gewissen Ruf erarbeitet. Wir geben immer alles! Ich denke, das ist heutzutage besonders wichtig, wenn man die bedenkt, was in der Plattenindustrie so vor sich geht. Man muss versuchen auch in unbeständigen Zeiten zu überleben und für uns bedeutet das: spielen, spielen, spielen.
Da du es gerade ansprichst … was hältst du von Streaming Plattformen wie Spotify & Co?
Das Wichtigste an diesen neuen Möglichkeiten der Musikvermarktung ist ein faires Endergebnis. Zurzeit kann man aber nicht so genau abschätzen, wie das in einigen Jahren aussehen könnte. Es ist ein bisschen wie Glücksspielen. Als Band ist man dabei in einer seltsamen Position, in der man die Dinge so nehmen muss, wie sie kommen. Das Einzige, das du machen kannst, ist weiterhin Musik zu veröffentlichen und Shows zu spielen – und dabei hoffen, dass Leute Platten und Eintrittskarten kaufen. (lacht) Man wird sehen, wie es weiter geht …
Hoffentlich weiterhin so erfolgreich wie bisher, denn ihr dürft euch in diesem Jahr über euer mittlerweile 10. Jubiläum freuen. Wie feiert ihr diesen besonderen Anlass?
Wirklich? Sind es tatsächlich schon zehn Jahre? Das war mir gar nicht bewusst. Ich muss sofort mit den Jungs darüber reden! (lacht) Vielleicht feiern wir aber erst nächstes Jahr, wenn wir wissen, wie gut sich das Album gemacht hat.
Demnächst steht eine große Tour an. Wie bereitet ihr euch darauf vor?
Man kann sich nicht wirklich darauf vorbereiten. Na gut, man könnte beispielsweise gesund essen, Sport machen und Kräfte sammeln – aber mal ehrlich, wer macht das schon. (lacht) Ich versuche einfach so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen. Vor allem der Tourstart ist immer ein kleiner Schock für das System. Bevor man es merkt, ist man dann aber wieder mittendrinnen im Tourwahnsinn. (lacht) Natürlich gibt es auch viele Partys und die eine oder andere sollte man vielleicht besser auslassen, aber es macht einfach Spaß auf Tour zu sein. Wir werden das nicht für immer machen können, deshalb machen wir jetzt das Beste daraus.
VOLUME wünscht noch einmal alles Gute zum Jubiläum und sagt danke!