Es war Sommer 1999
Roosevelt im Interview
Roosevelt schreibt das nächste Kapitel seines höchst erfolgreichen Pop-Märchens. War das selbstbetitelte Debüt noch geprägt von den Neonlichtern der Clubs, scheint mit „Young Romance“ nun der richtige Moment für ihn gekommen zu sein, ins Licht zu treten. Weniger künstlich, intimer, ehrlicher wird aus dem Flirt der Popmusik eine ausgewachsene Liebesbeziehung. Wir haben bei Marius Lauber in Sachen Veränderung, Liebe und Pop nachgefragt.
Wir haben uns das erste Mal vor zwei Jahren unterhalten. Was unterscheidet den 2016-Roosevelt vom 2018-Roosevelt – privat und beruflich?
Allzu viel hat sich gar nicht geändert. Wir sind sehr viel rumgekommen und haben viel live gespielt – das ist tatsächlich die größte Veränderung.
Du wolltest auf deinem Debüt den besten Pop machen, den du dir vorstellen kannst. War das auch diesmal wieder Anspruch?
Irgendwie schon. Ich sehe Pop ja nie als etwas Fremdes, von dem man sich fernhalten sollte. Eher versuche ich das Album so catchy wie möglich zu machen, ohne Angst vielleicht zu cheesy zu sein.
Coole Herangehensweise! Doch wieso scheinen die Begriffe „Pop“ oder „poppig“ manchmal grundsätzlich so negativ konnotiert?
Ich habe ich das nie so für mich wahrgenommen. Und auch nie verstanden, warum das bei anderen der Fall ist. Wenn Pop heißt, mit Vollplayback in Morning-Shows aufzutreten, will ich natürlich nicht Pop sein. Wenn es aber – und so definiere ich es eher – heißt, Teil von Popkultur zu sein, und eine populäre Relevanz zu haben, dann ja! Natürlich!
Wieso war gerade jetzt der richtige Moment dafür, ins Licht zu treten und intimer und ehrlicher zu werden?
Das war ein ganz natürlicher Vorgang. Ehrlich war ich auf dem ersten Album ja auch schon. Jetzt ist es vielleicht etwas direkter und präziser geworden – auch musikalisch. Außerdem bin ich als Songwriter selbstbewusster geworden, deshalb habe ich mich wohl textlich mehr getraut.
Mit dem Titel machst dich ein bisschen darüber lustig, dass du immer wieder Songs zum Thema Liebe und allem, was Drumherum dazugehört, schreibst. Doch ist es nicht einfach das beste Thema, zu dem es am meisten und immer wieder etwas zu sagen gibt?
Ganz genau. Irgendwie habe ich eben schon immer Coming-Of-Age Texte geschrieben – auf diesem Album noch extremer, deswegen hat es so gut gepasst. Es geht um die Jahre als Teenager, in denen alles sehr verstärkt und intensiv wahrgenommen.
Was ist das Schönste an jugendlicher Liebe?
Dass man alles zum ersten mal erlebt.
Würdest du mir von deiner ersten Young Romance erzählen?
Es war Sommer 1999, nur ich, Sommerferien und die Pokemon Rote Edition.
Wir haben uns 2016 auch über spannende Gegensätze geredet, z.B. tanzbare Produktion in Kombination mit einem traurigen Text. Clubmusik mit einer tieferen Ebene gibt es auch wieder auf „Young Romance“. Hast du keine Angst, dass der Text dabei eventuell ein bisschen untergeht?
Im Gegenteil! Für mich waren auch in Dancemusik die Stücke die besten, die eine tiefere Ebene haben. Es geht ja nicht darum einen „traurigen“ Song zu schreiben, aber Sehnsucht, Verlangen, Melancholie – das sind Ebenen, die für mich in meinen liebsten Songs meistens vorhanden sind, und das auch in Clubmusik, die zunächst einen euphorischen Impuls hat.
Du beschließt das Album mit „Getaway“ – wo soll die Reise hingehen?
Der Song war einer der Letzten, die ich im Studio fertiggestellt habe. Es sollte ein sehr soundtrackartiges Ende des Albums werden – das emotionale Ende eines Films, der Song, der einen nach Hause bringt. Der Song selber handelt von Eskapismus, die Sicherheit, dass man jederzeit die Freiheit hat, zu fliehen, und alles hinter sich lassen zu können. Ein sehr utopischer und, ja, romantischer Gedanke, aber genau darum soll es im Mikrokosmos von „Young Romance“ ja gehen.