Energie für Energie
Arcade Fire im Interview
Will Butler ist der kleine, aber feine Bruder von Win Butler – seines Zeichens Frontmann und Anführer der Bandfamilie Arcade Fire. Mit VOLUME hat der in Brooklyn beheimatete Musiker über seine neue alte Heimat diskutiert, David Bowie gewürdigt und die erfreulichsten Reaktionen auf das aktuelle Album „Everything Now“ verraten. Auch ohne Lasershow oder Pyrotechnik kann Will Butler bestätigen, dass das Wiener Konzert von Arcade Fire diesen Juni ein absoluter Pflichttermin ist …
Ohne lange um den heißen Brei herum zu reden: Wie lebt es sich als weltoffener Künstler mit abgeschlossenem Studium der Politikwissenschaft in einem von Donald Trump regierten Land?
Ich bin dort geboren, aufgewachsen und wohne aktuell in Brooklyn. Auch wenn ich mit unserer Band Arcade Fire jetzt längere Zeit in Kanada gelebt habe, fühle ich mich nach wie vor als Amerikaner. Über Donald Trump oder seine Aussagen müssen wir nicht diskutieren, denn das sprengt wohl den Interviewrahmen. Was ich jedoch ganz objektiv festhalten möchte, ist, dass schon vor seiner Wahl zum Präsidenten viele gesellschaftliche Missstände spürbar waren. Weil wir in einer direkten Demokratie leben, liegt es auch in meiner Verantwortung, es wieder besser zu machen. Wie, darüber denke ich viel nach im Moment.
Halten diese Gedanken auch Einzug in den Kreativprozess von Arcade Fire?
Bestimmt, aber nicht wie bei unseren Vorbildern von The Clash zum Beispiel, die explizit auf politische Geschehnisse ihrer Zeit eingegangen sind. Die Band um Joe Strummer konnte ihre Weltanschauung und Gesellschaftskritik glaubwürdig in Rockmusik ausdrücken, was für die damalige Zeit enorm wichtig war und heute noch bemerkenswert und inspirierend ist.
Neben The Clash gehört auch David Bowie nachweislich zu den musikalischen Einflüssen eurer Band. Wie gedenkt ihr seinem Todestag?
Es gibt kein spezielles Ritual. Nicht etwa aus mangelndem Respekt, sondern weil er uns nie wirklich verlassen hat und immer noch allgegenwärtig ist – zumindest aus künstlerischer Sicht. Wenn wir über Musik und die dazugehörige Inszenierung nachdenken, landen wir zwangsläufig bei irgendeinem Werk von Bowie. Es ist also gar nicht so einfach, seine Bedeutung für die Band noch zusätzlich zu betonen.
Im Juli 2017 ist euer aktuelles Album erschienen, mit dem es dieses Jahr wieder auf große Tour durch Nordamerika und Europa geht. Über welches Feedback hast du dich bis heute am meisten gefreut?
Wir haben den Song „Everything Now“ vom gleichnamigen Album sehr oft als Opener bei den letzten Shows gespielt. Ob es mein Lieblingslied ist, kann ich gar nicht so sagen. Doch die Reaktionen darauf haben mich schlicht und ergreifend überwältigt, denn das Publikum hat gleich mit dem ersten Ton begonnen, eine ausgelassene Party zu feiern – egal, in welcher Stadt wir gerade waren. So eine Art von Feedback belohnt für sehr viel Schweiß und Tränen, die in dieser Platte stecken.
Laut deinem Bruder Win musstet ihr für „Everything Now“ aus knapp 100 Produktionen bzw. Soundcollagen auswählen. Was passiert mit den Überbleibseln und wann ist ein Nachfolger von „Everything Now“ in Sicht?
Welche Songs auf einem Album landen und welche nicht, gehört definitiv zu den schwersten Aufgaben im Fertigstellungsprozess. „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ gilt dabei für das nicht verwendete Material. Denn wer weiß, für was es eines Tages gut ist. Aktuell sind jedoch keine Veröffentlichungen geplant. Wir freuen uns jetzt erst einmal auf die anstehenden Konzerte im In- und Ausland.
Fans und Kritiker halten Arcade Fire für die beste Live-Band, die der internationale Popzirkus zu bieten hat. Schon einmal über Laser- oder Pyrotechnik nachgedacht?
Sag niemals nie! Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass wir Konfettibomben bei unseren Shows zünden, bis wir mit unserem Album „Reflektor“ auf Tour gegangen sind. Also halte ich es auch nicht für ausgeschlossen, dass wir irgendwann eine grelle Lasershow präsentieren. Bis es so weit ist, konzentrieren wir uns bei den Konzerten aber lieber noch darauf, eine ehrliche Verbindung zwischen unserem Publikum und unserer Band herzustellen. In diesem Energieaustausch liegt unser Erfolgsrezept, nicht im Drumherum.