Di, 7. Okt 2014

Der unverbesserliche Optimist

Farin Urlaub im Interview

Kaum ein Musiker schafft es, mit über 50 Lebensjahren noch so viele Teenies vor die Bühne zu locken wie Farin Urlaub. VOLUME hat mit Farin über sein neues Soloalbum ‚Faszination Weltraum‘, Vollidioten und den Unterschied zwischen seinem Racing Team und Die Ärzte geplaudert.

Dein neues Album ist textlich wie auch musikalisch äußert vielseitig und abwechslungsreich ausgefallen. Welche Bands beeinflussen dich beim Songwriting nach so vielen Jahren noch?

Vielen Dank fürs Kompliment! Ja, da gibt’s heute mehr als früher, denke ich. Wobei mich diese weniger als Songwriter, sondern eher als Fan beeinflussen. Also, wenn man Fan von jemandem ist, wird man davon angeregt, was diese Band musikalisch macht. Aber konkrete Interpreten kann ich nicht nennen. Dann würde ich ja zugeben, von wem ich alles geklaut habe. (lacht)

Welche Kriterien muss eine Nummer erfüllen, damit sie es aufs Album schafft oder ’nur‘ als B-Seite auf einer Single landet?

Sie muss mir gefallen, und dann muss sie natürlich auch dem Rest der Band gefallen. Wenn beide Kriterien erfüllt sind, kommt sie auch aufs Album drauf. Bisher hat’s erst ein Song nicht geschafft – ich habe die Nummer damals als Demo aufgenommen und dem Racing Team vorgespielt. Aber die haben gemeint: ‚Ne, das ist Scheiße‘. Der wurde bis heute tatsächlich nicht fertig produziert bzw. veröffentlicht. Dabei fängt der so schön an. Egal! (lacht)

Welche Überlegungen steckt hinter dem Titel ‚Faszination Weltraum‘ – gibt es da eine Story dazu?

Ja, die Story lautet: ‚Oh das klingt gut‘. Eine Kurzgeschichte!

Was unterscheidet einen ‚Faszination Weltraum‘ Song von einem Lied von Die Ärzte?

Na zum Beispiel, dass ein Song vom Racing Team härter ist. Ansonsten ist es schwierig zu erklären. Wenn ich Songs schreibe, weiß ich zwar immer schon, das ist jetzt für Die Ärzte oder fürs Racing Team. Aber eine logisch nachvollziehbare Erklärung kann ich nicht geben. Ich weiß es, das reicht.

Interessiert dich eigentlich das Feedback aus den Medien noch? Liest du Reviews zu deinen Alben oder interessiert dich das gar nicht mehr?

Mediales Feedback interessiert mich nicht so sehr, ich krieg manchmal eine schöne Rezension zugeschickt, die üblen werden mir zum Glück verheimlicht (lacht). Einmal im Jahr öffne ich mein Fanpostfach, dann krieg ich innerhalb von ein-zwei Wochen ein paar Tausend Mails. Die les ich dann, und da erfahr ich schon, wie die Leute mein Album finden.

Schreibst Du denn auf Fan-Mails zurück?

Also ich versuche alles zu lesen, aber alles zu beantworten wäre nicht möglich.

‚Du bist umzingelt von Idioten‘ (iDisco). Was kann man gegen die ganzen Vollidioten, mit denen man sich jeden Tag rumschlagen muss, machen?

Die Antwort findet ihr auf Track zwei des neuen Albums: Dynamit! (lacht) Es ist ja so: Wenn du fünf Leute in einen Raum sperrst und die unterhalten sich, kommen fünf davon raus und meinen ‚Oh, diese vier Deppen‘. Also die Selbst- und die Fremdwahrnehmung sind immer noch zwei verschiedene Paar Schuhe.

Viele deiner Songs sind ja prinzipiell lebensbejahend.Gibt es da Parallelen zu deiner persönlichen Lebenseinstellung?

Prinzipiell schon. Ich bin ja auch Optimist, gehe aber durchaus nicht blind durch die Welt. Ich sehe die Probleme, die wir verursachen. Aber irgendwo bin ich unverbesserlicher Optimist und denke mir: ‚Ach, das kriegen wir schon
irgendwie hin.‘

Wie kann man nach so vielen Jahren, immer noch Musik machen, die so gut bei den Teenies ankommt?

Das finde ich selbst eigentlich schräg. Ich geb‘ mir nicht Mühe und frage mich, was die wohl hören wollen. Entweder bin ich retardiert, oder vielleicht sind junge Leute tolerant und denken sich, helfen wir dem alten Mann und hören seine Musik. Ich weiß es nicht! (lacht) Es freut mich ja auch. Ich wundere mich einfach, unsere ersten Reihen waren eigentlich immer gefüllt mit sehr jungen Leuten. Das war 86 schon so!

Was möchtest du vor allem jüngeren Hörern mit auf den Lebensweg geben?

Mitgeben ist schwierig. Wie gesagt, ich schreibe Lieder nicht mit dem Hintergedanken, wer das wohl hören wird und was ich mitgeben kann. Was ich mir aber wünschen würde, ist, dass die Leute selbst mehr denken. Kritikfähig bleiben und nicht versuchen, in meinen oder irgendwelchen anderen Texten eine Antwort zu finden und Weltanschauungen zu übernehmen. Deshalb schreibe ich Lieder, die sich zum Teil widersprechen, damit man halt nicht denkt, was Farin sagt, das sag ich auch, das übernehme ich.

Trotz deiner langen Karriere weiß man relativ wenig über dein Privatleben. Wie schafft man das ohne Pandamaske?

Weil ich das so will. Dass es ‚wenig‘ ist, find ich schon zu viel, es sollte gar nichts sein. Ich denke eigentlich nicht, dass das schwer zu schaffen ist. Die meisten Leute, die im Rampenlicht stehen, wollen wahrscheinlich auch, dass man Privates über sie weiß. Ich wollte das nie! Die Haare sind auch nur gefärbt, wenn ich als Farin
unterwegs bin. (lacht). Ohne das Blond erkennt man mich tatsächlich kaum noch.

Dass dein Hobby reisen ist, weiß man aber. Wo hat es dir bisher eigentlich am besten gefallen?

 

Auf der Welt, mehr hab‘ ich ja noch nicht gesehen. Nein, Italien gefällt mir sehr. Da fahr ich immer wieder hin. Ich bin nicht so, dass ich Favoriten habe. Ich kuck mir auch gern die doofen Länder an.

Gibt’s schon Pläne für die Zukunft?

Ja, ich möchte gerne weiterleben und ganz viele Reisen machen.

In den Weltraum?

Nein, das interessiert mich nicht so sehr, da sitzt du dann in einer Kapsel und schaust hinunter auf die Welt. Lieber will ich auf der Erdoberfläche unterwegs sein, das finde ich spannender.

Werden wir auf das nächste Farin Urlaub Album wieder 6 Jahre warten müssen?

Vielleicht auch länger, ich weiß es nicht.

Wir hoffen das Beste und freuen uns auf die Shows in Klagenfurt, Wien, Graz und am Nova Rock!