Crossover süßsauer
Deftones im Interview
Mit dem neuen Album ‚Gore‘ und einer ausgedehnten Welttournee – samt Abstecher zum Nova Rock Festival – scheint alles Eitel und Wonne zu sein bei den Deftones. VOLUME hat bei Bassist Sergio Vega nachgehakt. Zu aller Überraschung ortete der aber auch Spannungsmomente, sinniert in weiterer Folge über Flamingos auf dem Cover, sechssaitigen Bässen und seine Liebe zu dreckigen, verschwitzten Clubshows. Auf die Rückkehr nach Nickelsdorf freut er sich aber trotz alledem.
Sergio, reden wir gleich mal über den Albumtitel ‚Gore‘. Der krasse Gegensatz zu euren beiden letzten Werken ‚Diamond Eyes‘ und ‚Koi No Yokan‘.
Der Gegensatz war gewollt, auch in Zusammenhang mit dem Albumcover. Die Flamingos, die diese verschiedenen Farben projizieren und genau in der Mitte passte ‚Gore‘ einfach am besten. Auch, weil es ein ungemein ausbalanciertes und auch emotionelles Wort darstellt.
Ihr habt ja über die Jahre hinweg immer diese Balance zwischen soften und aggressiven Tönen bravourös gemeistert. Auch ‚Gore‘ kann hier punkten, aber es klingt im Endeffekt dann doch ein wenig anders.
Ja es ist ein Mix aus fröhlichen und bösen Elementen geworden, aber nicht zu fröhlich und auch nicht zu böse. Wir wollten die Energie, welche wir in den ganzen Entstehungsprozess gesteckt haben, auch auf Platte umsetzen. Anfangs ging uns das total leicht von der Hand, die Herausforderung bestand jedoch darin, all diese Ideen auch songdienlich umzusetzen. Wir haben stundenlang diskutiert, ob wir diesen oder jenen Part jetzt ein wenig höher oder tiefer bzw. schneller oder ein wenig langsamer spielen sollen. Oft kamen dann auch Gedanken in die Richtung „was wollen die Leute, was wollen speziell unsere Fans hören“, wir waren uns aber schnell einig, dass wir uns darauf konzentrieren sollten, was wir von uns erwarten und was wir auf der Scheibe hören wollen.
Sänger Chino und Gitarrist Stephen sind sich im Vorfeld der Albumveröffentlichung ja ein wenig uneins gewesen. Chino meinte, Stephen wäre im Studio ein Außenseiter gewesen. Stephen mokierte sich darüber, dass die Deftones sich in eine andere Richtung bewegen würden als er. Alles cool mit den beiden?
Ja, zwischen den beiden ist alles in Ordnung. Stephen hat ja die Band gegründet, jetzt schreiben auf einmal wir anderen auch Songs und bringen immens viele Ideen ein, das hat ihn anfangs ziemlich irritiert. So viele Ideen von so vielen verschiedenen Leuten, Stephen hatte dafür anfangs meist nur ein kurz und knappes „damn“ übrig. Aber Stephen sind nicht nur die Deftones wichtig, sondern auch unsere Freundschaft. Wir gehen nach wie vor miteinander aus, haben Spaß zusammen. Aber bei „Gore“ war es lange nicht so intensiv wie auf den vorangegangen Alben, auch das hat Stephen ein wenig frustriert. Es ist nun mal ein wenig anders, wir sind keine Garagenband mehr, die den ganzen Tag miteinander verbringt, abhängt und dann und wann ein wenig herum jamt. Wir sind auf einem professionellen Niveau angekommen, das sehr zeitintensiv ist.
Ihr werdet im Juni aufs Nova Rock zurückkehren, seid am 12. Juni neben den Red Hot Chili Peppers und Twisted Sister sicher das Highlight des finalen Festivaltages. Welche Erwartungen habt ihr?
Wir wollen einfach eine schöne Zeit haben. Ich persönlich mag solche Festivals, du triffst einen Haufen Leute, auch Freunde von anderen Bands, die man schon ewig nicht mehr gesehen hat. Natürlich trifft man auch auf Bands, wo man sich gar nicht vorstellen hätte können, die je zu treffen, es ist einfach cool. Das Nova Rock wird zudem, wie die ganze Tournee durch Europa, etwas Spezielles für uns. Wir haben neues, frisches Material mit im Gepäck und freuen uns irrsinnig darauf das auch live vorstellen zu können.
Aber vermisst du nicht manchmal diese dreckigen, verschwitzten kleinen Clubs, die von der Atmosphäre her eine irrsinnig intime Angelegenheit darstellen?
Wir machen das ja immer noch, spielen kleinere Clubshows. Aber es ist immer eine gewisse Herausforderung. Wir müssen das meist unangekündigt oder gar unter anderem Namen machen und müssen natürlich aufpassen, nicht mit zu viel Equipment oder Showelementen, die wir normalerweise nutzen, aufzufahren. Viele Leute glauben ja Bands von unserem Standing würden die großen Shows oder Festivals bevorzugen, aber diese kleinen oft beengten Clubs haben für mich persönlich nach wie vor einen immensen Reiz, den ich auch nicht missen möchte. Es hat auch für die Zuseher Vorteile, wir sehen jeden im Auditorium, die Leute spüren uns intensiver und bekommen wohl auch von der Show viel mehr mit.
Trotzdem freuen wir uns sehr, wenn ihr beim Nova Rock die große Bühne zerlegt! Bis bald in Nickelsdorf…