Booka Shade im Interview - Das Licht, das niemals ausgeht
Zusammen sind sie Booka Shade: Walter Merziger und Arno Kammermeier. Das Duo mit Wahlheimat Berlin zählt seit fünf Jahren zur Avantgarde elektronischer Musikkultur. Arno Kammermeier am Telefon über Lebenserhaltungsmaßnahmen und seine Beerdigung.
Der Klang von Booka Shade ist markant und unverwechselbar. Gibt es Spielraum für musikalische Innovationen?
Mittlerweile wissen Walter und ich sehr genau, wie Booka Shade klingen soll: Unser Ziel ist es, die Energie von den Bühnenshows auf Platte festzuhalten. Dabei orientieren wir uns nicht daran, was derzeit in den Clubs läuft, sondern konzentrieren uns ganz darauf, energetische elektronische Musik zu produzieren. Immer in Hinblick auf die technische Umsetzung live auf der Bühne, denn das ist das Besondere an Booka Shade.
Euer fixer Arbeitsplatz ist in der Milastraße 2 am Prenzlauer Berg, das Büro mit Studio von eurem Label „Get Physical“. Hits für die Parade oder Markt mit kleiner Nische – wie viel wirtschaftliches Kalkül steckt hinter den Veröffentlichungen aus eurem Haus?
„Get Physical“ ist unser Spielplatz, auf dem wir den Leuten die Möglichkeit bieten wollen, guten Sound zu entdecken. Musik steht hier im Vordergrund, kein Businessplan. Mit dem Label haben wir unsere Leidenschaft zum Beruf gemacht, den alle sechs Firmenbeteiligten größtenteils mit den Einnahmen von Auftrittsgagen querfinanzieren. Sonst würden Liebhaberprojekte wie aktuell „Final Song“ gar nicht durchführbar sein.
Worum geht es da genau?
Wir stellen gerade ein Album namens „Final Song“ zusammen, für das renommierte DJs jeweils ein Lied aussuchen dürfen – den einen Song, der auf ihrer Beerdigung zu hören sein wird. Sicherlich kein Megaseller in den Hitparaden, aber die Idee finden alle so gut, dass wir das Projekt unbedingt umsetzen wollen.
Welcher Song läuft auf deiner Beerdigung?
Mit Sicherheit „There Is A Light That Never Goes Out“ von The Smiths, denn ich liebe die bizarre Art und Weise, wie Morrissey in diesem Lied vom Sterben singt. Anhören! Ein melancholischer aber echt spaßiger Song.
Was tust du dafür, dass der Song in nächster Zeit nicht zum Einsatz kommen muss?
Schon das eine oder andere: Wenn wir mit dem Tourbus unterwegs sind, nehme ich seit geraumer Zeit meine Laufschuhe mit. Außerdem schwören wir, Walter, unser Tourmanager und ich, total auf Yoga – zum Entspannen, aber auch um uns zu stärken. Denn unsere Arbeit findet meistens dann statt, wenn andere Leute gerade am Durchdrehen und Abfeiern sind. Alles kein Stress, ganz im Gegenteil, aber um davon wieder abschalten zu können, nehmen wir bewusst unsere Ruhezeiten.
Ende Mai ist es mit der Ruhe im burgenländischen Wiesen vorbei, Urban Art Forms steht auf dem Programm. Das Festivalgelände plus Peripherie kann sich sehen lassen – nur lässt sich dort des Öfteren auch der ein oder andere Zivilpolizist blicken, um feierliche Betäubungsmittel aufzuspüren. Eure Einstellung zur Weichheit im Publikum?
Wir kennen natürlich die verschiedenen Partyfacetten des Lebens. Wenn wir beispielsweise um 8:00 Uhr am Morgen bei einer Afterparty in Ibiza auflegen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass einige Leute schon sehr gut dahinter sind. Dafür wirkt der Großteil des Publikums bei unseren Konzerten, die meistens gegen 20:00 Uhr am Abend beginnen, relativ nüchtern. Beides ist für uns okay, so lange die Leute positive Stimmung reflektieren und Musik lieben. Stures Abtanzen ohne jegliche Aufnahmefähigkeit ist dann aber doch etwas, auf das wir nicht unbedingt so stehen. Aber wir freuen uns auf Österreich, ihr könnt ja bekanntlich gut tanzen und musizieren.
Danke für das Kompliment und das Gespräch. Alles Walzer für Booka Shade.
SHORT CUTS:
) Liebblingsclub: Watergate/Berlin
) Längstes Set: 80 Minuten Live Energie
) Größer der Plattensammlung: ein paar Hundert
) Längste Zeit wach: 42 Stunden