Ben Klock im Interview
Ben Klock ist DJ, Produzent und Resident im legendären Berghain Club in Berlin. Gute Voraussetzungen für eine Karriere im internationalen Technozirkus! Ben Klock im Interview über seine neue Mix CD ‚Berghain 04‘, Understatement im Club und Lampenfieber!
Fotos: (c) Sven Marquardt
Du hast vor ein paar Wochen den 4. Teil der Berghain Mix CD Reihe fertig gestellt – wie entsteht so eine Mix CD in Hinblick auf Trackselection und Mixing? Mischt du die Tracks live oder läuft alles über den Rechner? Hast du vorgegebene Tracks, die drauf müssen, oder freie Hand bei der Auswahl?
Oh, natürlich habe ich freie Hand! Auf nichts anderes würde ich mich einlassen. Eine Mix CD kann auf sehr unterschiedliche Arten und Weisen entstehen. Man muss sich heutzutage die Frage stellen, wie man eine Mix CD besonders macht, damit sie sich abhebt von der Masse an Live-Sets und Podcasts, die man als Free Download jederzeit zur Verfügung hat. Für mich stand von Anfang an die Idee fest, möglichst viele, bislang unveröffentlichte und exklusive Tracks zu verwenden. Also war mein erster Schritt, Tracks zusammenzusammeln von Freunden und Künstlern, die ich schätze. Das hat einige Monate gedauert, da ich immer wieder Tracks abgelehnt habe. Mir ging es nicht um Namedropping, sondern einzig darum, dass mir die Musik hundertprozentig gefällt und dass sie in mein Konzept passt. Ich habe speziell für diesen Mix viel am Rechner gearbeitet, da ich die Tracks editieren wollte und eigene Versionen erstellt habe.
Mit welchem Equipment stehst du sonst hinterm Pult? Alles digital oder klassisch analog?
Ich spiele mit Vinyl, bzw. einige unveröffentlichte Sachen und Edits von CD. Ansonsten benutze ich noch einen Loop-Player, den ich sparsam einsetze. Laptop DJing ist nicht mein Ding.
Unser Favorit auf der Compilation: dein Track „Compressed Session 1“ – gibt’s den als Single zu kaufen? Was hat der Titel „Compressed Session 1“ für eine Bedeutung?
Ich habe noch nicht entschieden, ob ich den Track veröffentlichen werde. Vielleicht wird es ihn nur auf der Mix CD geben. Der Titel „Compressed Session“ bezieht sich eher auf eine technische Sache, da die Grundidee des Tracks auf einer starken Compressor Einstellung beruht.
Dein persönlicher Lieblingstrack auf deiner Mix-CD?
Das ist schwer zu sagen. Wichtig für mich ist einer meiner all time favorite Tracks: Tyree’s ‚Nuthin Wrong‘ – eine Platte, die seit 15 Jahren meinen Koffer nie verlassen hat. Inzwischen habe ich das dritte Vinyl und auch dieses kratzt inzwischen wieder. Dieser Klassiker macht die Mix CD für mich sehr persönlich, da es vielleicht niemanden auf der Welt gibt, der diese Platte öfter gespielt hat.
Wer ist aktuell deiner Meinung nach der talentierteste Nachwuchskünstler 2010? Welcher Soundstil ist in diesem Jahr ganz besonders gefragt?
Ich finde ganz heiss im Moment DVS1 aus Minneapolis, der letzes Jahr viel Aufmerksamkeit mit seiner ersten Veröffentlichung auf meinem Label Klockworks erregt hat. Auf diese Entdeckung bin ich auch ein bisschen stolz. Deshalb sind auch gleich zwei neue Tracks von ihm auf meiner Mix CD. Ansonsten halte ich für sehr interessant diese Mischung aus Techno und Deephouse die im Moment aus New York kommt von Leuten wie Levon Vincent und DJ Qu.
Wie darf sich VOLUME und seine Leser eine Nacht im Berghain bei einem Gig mit Ben Klock vorstellen? Worin unterscheidet sich der Club zu anderen europäischen ähnlicher Art?
Hypnotisch, extatisch, deep, exzessiv. Worin unterscheidet sich der Club? In vielem. Für mich ist das Berghain der ideale Techno Tempel.
Gibt es bestimmte Rituale – welche vor einem Auftritt vorgenommen werden müssen – auf Grund von Lampenfieber, oder gibt es so etwas bei dir nicht mehr?
Ein bisschen Aufregung ist immer(noch) dabei und das ist auch gut so. So muss es sein. Ich gehe direkt vor einem Gig immer noch mal meine Plattenkiste durch, um sozusagen innerlich zu fotografieren, wo ich was finde. Ansonsten hilft ein Glas Champagner um auf Betriebstemperatur zu kommen. Und dann geht’s los.
Wie kann man sich eine Konfrontation mit Sven Marquardt an der „härtesten Tür Berlins“ vorstellen? Hast du spezielle Tipps, um als Österreicher diese Hürde zu einer gelungenen Partynacht zu bewältigen?
Mein Tipp ist immer nur ’normal‘ sein, nicht zu betrunken, kein Posing, keine riesige Reisegruppe. Die Tür ist immer wieder ein Thema. Aber ich muss sagen, durch den ganzen Hype ums Berghain ist der Job an der Tür nicht einfacher geworden. Denn wichtig ist eine gesunde Mischung zu behalten, einerseits aus Stammgästen, die seit vielen Jahren den Club ausmachen und andererseits den Leuten, die aus aller Welt anreisen um ins Berghain zu gehen – was wunderbar ist. Der ganz besondere Vibe im Club wird von der Tür mitgestaltet. Und keiner in der Underground Szene geht gerne in eine ‚Touri-Disco‘ – egal woher er kommt.
Kurz und präzise: Welchen Status hat das Berghain in Europa, und wie ist deine Meinung als Resident DJ, in einer der angesagtesten Clubs.
Das Berghain ist ein ganz wichtiges Kulturzentrum für das, was wir machen, da sehe ich das Berghain als die Nummer 1. Ich liebe es immer wieder woanders auf der Welt zu spielen. Aber es ist für mich auch essentiell wichtig einmal im Monat zurück zu meiner Residency im Berghain zu kommen.
Zum Abschluss: Wann kommt Ben Klock wieder nach Wien?
Ich glaube, das wird erst nächsten Frühling sein.
Shortcuts
Längstes Set in deiner Karriere: 18 Stunden back to back mit Marcel im Berghain
Längste Zeit wach: keine Ahung, da gibt’s immer den Manager Nap im Flieger zwischendurch.
Erstes selbstgekauftes Vinyl (LP/7inch/12inch): ‚Beat It‘ Michael Jackson
Größe der Plattensammlung: Einige tausend – nie gezählt
Beste Technodroge: Hypnotische Musik
Persönliches Vorbild für ein friedvolles Leben: Osho
Arschloch: ?
Lieblingsgetränk: Champus
Ganz schlimmer Pop: Ich dachte Lady Gaga, aber nachdem ich gesehen hab, dass sie eine richtig talentierte Musikerin ist und grossartig Klavier spielen und live singen kann, bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Ganz großer Rock’n’Roll: Jimi Hendrix
Der schönste Tag in deinem Leben: Das sag ich dir in 40 Jahren.
Mein liebster Künstler aus der Alpenrepublik: Ich deute mal um: Mein Lieblings-Album ist iO – ‚Sustain & Release‘ von 1994. Das war Patrick Pulsinger mit noch ein paar anderen zusammen.