Aus dem Nichts
James Choice & the Bad Decisions im Interview
Vor gut zwei Wochen verzauberten uns James Choice und seine Bad Decisions mit ihrem Debüt „The Something in Nothing“, einem Glanzstück in Sachen qualitativ hochwertiger, heimischer Singer-Songwriter-Indie-Rock-Kunst. Morgen sorgt der kreative Fünfer damit live im Flex für tiefgreifende Emotionen, euphorische Höhenflüge und massenhaft Gänsehautmomente. Wir haben vorab mit James Choice das Schöne in der Leere gesucht, ihr Album im Plattenladen eingeordnet, über schwarze Löcher nachgedacht und zwischen den Zeilen gelesen.
Euch gibt es schon eine Zeit lang. Wieso kommt das Debütalbum erst jetzt?
Es hat eine Zeit gedauert, bis aus dem Solo Projekt James Choice die fünfköpfige Band James Choice & the Bad Decisions gewachsen ist. Bei unserem ersten Album wollten wir uns Zeit nehmen, um unsere Ideen auch umsetzen zu können. Wir wollten es einfach richtig machen.
Bravo, das ist euch gelungen! Wie leicht oder schwer finden fünf kreative Köpfe einen Konsens in musikalischen Fragen?
Wir sprechen viel über unsere Ideen und streiten natürlich auch ab und zu über Passagen, aber wir vertrauen einander. Das schafft einen Raum, in dem sich alle einbringen können. Im Endeffekt entscheidet aber der Song, in welche Richtung wir uns bewegen.
Unsere Redakteurin würde euer Debüt neben die Strokes ins Ladenfenster stellen. In welche Musikecke würdet ihr es im Plattenladen eures Vertrauens einordnen und welche Platten stehen unmittelbar daneben?
Zwischen „Reconstruction Site“ von den Weakerthans und „Abbey Road“ von den Beatles wäre ein guter Platz. In letzter Zeit ist uns öfter der Indie-Rock-Stempel aufgedrückt worden und wir haben aufgehört, uns dagegen zu wehren. Ich denke, unser Stil und unsere Einflüsse sind aber hörbar vielseitiger.
Apropos … angeblich ist es dieser Tage ja nahezu verpönt, ein Indie-Rock-Album zu veröffentlichen. Was sagt ihr dazu?
Fuck it! Wir machen die Musik, die uns gefällt und freuen uns über jede Person, die sich auch darauf einlassen kann.
Nach der allgemeinen Relativitätstheorie verformt eine ausreichend kompakte Masse die Raumzeit so stark, dass sich ein schwarzes Loch bildet. (Danke, Wikipedia!) – Welche Emotionen und Erlebnisse haben James Choice & the Bad Decisions kollektiv am nachhaltigsten „verformt“?
Mehrere Wochen am Stück auf engstem Raum mit vier anderen Menschen zu verbringen – das „verformt“ einen ganz schön. Wir haben die gemeinsamen Zeiten aber trotz Stress sehr genossen und das hat uns auch als Band bestätigt.
Wo und wie findet man auch in der Leere das Schöne?
Jede neue Idee kommt aus dem Nichts. Wir haben die Möglichkeit, uns Dinge vorzustellen und diese dann aus unserer Fantasie in der Wirklichkeit zu manifestieren. Das finde ich zum Beispiel schön.
Was ist das Schlimmste an Small Talk? Kannst du vielleicht den schlimmsten Small Talk, den du je führen musstest, wiedergeben?
Ich habe einen alten Schulkollegen, der hat immer maßlos übertrieben, sich selbst besser dargestellt und andere erniedrigt. Ich bin ein recht geduldiger Mensch und höre gerne zu, aber ihm habe ich zum Beispiel meine Aufmerksamkeit verweigert. Generell haben wir aber nichts gegen einen charmanten Small Talk. Das Lied selbst kritisiert auch eher Menschen, die Sprache benutzen, um andere zu manipulieren.
„This story’s ending remains to be seen. You’ll find me written in the lines in between.“ – Was ist für euch die wichtigste Botschaft zwischen den Zeilen von „The Something in Nothing“?
Die zentrale Aussage, mit der wir das Album hoffnungsvoll abschließen wollten, ist, dass der/die ProtagonistIn nicht alleine ist – trotz allen Konflikten und Veränderungen, die er/sie in den verschiedenen Songs durchlebt. Nach all diesen guten sowie schlechten Erfahrungen erreichen wir den Höhepunkt der letzten Nummer, wo sich die Geschichte der/des ProtagonistIn endlich wieder mit der der restlichen Welt vereint und die verschiedenen Stränge sich gemeinsam weiterentwickeln und wachsen. Diese letzten Zeilen des Songs und die Melodien, die sich überlappen und chaotisch und kontrapunktisch ausdehnen, bringen das Album zum Abschluss und sollen dem/der HörerIn das Gefühl vermitteln, dass wir alle umgeben sind von verschiedensten Geschichten und auch unsere eigene nur ein Teil dieses großen Ganzen ist.
Schön! Doch wer von euch ist der „Late Night Wonderer“ im eigentlichen Sinn?
Dieser Song wurde für eine gute Freundin von uns geschrieben. Sie ist eine großartige und äußerst loyale Person. Der Song erzählt von ihrer Selbstlosigkeit, die sie bei Zeiten an ihre Grenzen gebracht hat und von manchen ausgenutzt wurde. Sie hatte oft das Gefühl, dass ihre Unterstützung für FreundInnen in Not, ihr gegenüber nicht erwidert wurde. Wir wollten ihr mit dem Song sagen, dass wir sie großartig finden und sie sich niemals von anderen Leuten entmutigen lassen soll.
Hat euer Spirit Animal, der Beluga Wal, eigentlich auch einen Namen?
Ja, sie heißt Bellullyses.
Ihr habt das Album über Crowdfunding finanziert. Wird es heutzutage immer schwieriger als junge Band ein Album selbst zu finanzieren? Wie sehr habt ihr dabei auch hinsichtlich Planung des Releases, etc. im Vorfeld gezittert?
Ich denke, es war immer schon schwierig und wird immer schwierig sein, als junge Band ohne großes Label eine Platte vorzufinanzieren. Wir haben von Beginn an eigentlich immer alles selbst gemacht. Es war klar, auch die Finanzierung selbst in die Hand zu nehmen. Gezittert haben wir trotzdem, bevor wir das Crowdfunding gestartet haben. Umso größer war dann die Freude, dass uns 140 Menschen unterstützt haben und wir mehr als unser eigentliches Ziel sammeln konnten.
Wie haben die Indie-Helden der 2000er Max Perner und Stefan Deisenberger den Sound von „The Something in Nothing“ eventuell auch beeinflusst?
Max Perner als Produzent hatte einen enormen Einfluss auf die Platte. Wir waren bei den Arrangements schon recht sicher, beim Sound allerdings noch nicht. Max hat sich wirklich mit uns als Band und den Songs auseinandergesetzt und uns geholfen, unsere Vision zu verwirklichen. Seine Energie und seine Begeisterung für die Zusammenarbeit haben uns bis zum Schluss angespornt, die beste Platte zu machen, die wir in uns hatten. Deisi hat das Ganze dann ausbalanciert und zum Knacken gebracht. Wir sind zufrieden und dankbar.