Mi, 25. Mai 2011

Aloe Blacc im Interview: Blacc Power

Egbert Nathaniel Dawkins III alias Aloe Blacc hat mit der Soulhymne ‚I Need A Dollar‘ und seinem grandiosen zweiten Studioalbum ‚Good Things‘ den großen Durchbruch im internationalen Musikgeschäft gefeiert. Das Erfolgsrezept: belebende Melodien gepaart mit sozialkritischen Texten. Am 24. Juli bringt der 32jährige Afroamerikaner seine positive Musikmischung nach Wiesen zu den Nova Jazz & Blues Nights. Aloe Blacc im Interview über seine ersten Österreicherfahrungen, seine Verwandlung zum Soul Man und das ‚Big Yellow Taxi‘.

Kannst du dich an ‚Good Things‘ erinnern, die dir in unserer Alpenrepublik widerfahren sind?

Vor über fünf Jahren bei meinem allerersten Konzert in der Kapu (legendäre Location in Linz): Ich war damals mit meinem Hip Hop Projekt Emanon auf Tour und konnte meine Österreichpremiere vor ausverkauftem Haus bestreiten. Gut, die Kapu ist nicht unbedingt riesig, aber mit außerordentlicher Konzerttradition in Sachen Punk und Rap verbunden. Für mich persönlich war das ein mehr als gelungener Auftakt zu einer guten Beziehung zum Land der Berge…

…die du mit regelmäßigen Konzertbesuchen pflegst – das nächste Mal ist Aloe Blacc live bei den Nova Jazz & Blues Nights zu sehen und zu hören. Welche Rolle haben Jazz und Blues in deiner Musikevolution gespielt?

Blues ist allgegenwärtig, denn er ist der Ursprung von Rock’n’Roll. Rock’n’Roll wiederum hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem wesentlichen Bestandteil der internationalen Plattenindustrie entwickelt – rein aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet. Was die afroamerikanische und nur sehr eingeschränkt kommerzialisierbare Stilrichtung Jazz betrifft, bin ich der Überzeugung, dass die europäische Wertschätzung gegenüber dieser Musikkultur schon seit den frühen Anfängen wesentlich respektvoller war, und noch immer ist, als in den USA. In Europa geht es weniger um Vermarktung, und Geld, viel mehr zählt guter Sound und die dahinter steckende Leidenschaft. Diese transkontinentale Beziehung hat mich schon seit meiner Jugend fasziniert, denn ich habe eine klassische Ausbildung an der Trompete absolviert und mich dabei intensiv mit Jazz auseinandergesetzt. Vor allem die ganz Großen Jazzmusiker hat es immer wieder nach Europa gezogen.

Wer waren für dich die ganz Großen, deine Lieblingsjazzmusikanten sozusagen?

Anita Baker und Kurt Elling schätze ich sehr für ihren unverkennbaren Gesang, Dizzy Gillespie ist mein Vorbild an der Trompete, und Ron Carter ist wahrscheinlich einer der besten Jazzbassisten aller Zeiten. Außerdem habe ich eine Vorliebe für Psychedelic Soul Jazz entwickelt, besonders Eugene McDaniels hat da einen hervorragenden Sound produziert bzw. mit verschiedensten Stilrichtungen herumexperimentiert.

Deine musikalischen Ursprünge finden sich im Hip Hop. Wie hast du dich in den letzten Jahren vom Rapper zum Soul Man entwickelt, von der Raupe zum Schmetterling?

Richtig, es hat Zeit gebraucht. Ich arbeite täglich an meiner Weiterentwicklung und lerne neue Feinheiten, um ein besserer Sänger zu werden. Meine Intention ist über die Jahre aber die gleiche geblieben: Ich will Geschichten erzählen. Hip Hop hat mich dabei irgendwann eingeschränkt, es fehlt das Melodische im Gesang. Logisch, denn im Endeffekt geht es beim Rappen um das schnelle Aneinanderreihen von sich reimenden Worten. Eine Stimme kann viel mehr als das, sie ist ein eigenes Instrument zum Erzeugen von Melodien und Emotionen.

Nach deinem Erfolgsalbum ‚Good Things‘: Wann veröffentlichst du ‚Better Things‘ und ‚Best Things‘, wann gibt es neues Material von Aloe Blacc?

 
In Kürze! Bevor ich weiter an meiner Solokarriere schraube, kommt zwischendurch erstmal ein neues Album als Emanon – zusammen mit DJ Exile. Die meisten Tracks sind bereits aufgenommen und fertig abgemischt. So bald ich nach der aktuellen Sommertournee wieder etwas Zeit finde, werde ich als Aloe Blacc ins Studio gehen. Ideen für neue Songs habe ich bereits.

Um noch kurz bei deinen aktuellen Werken zu bleiben: ‚Loving You Is Killing Me‘ heißt eine deiner Singleauskopplungen – wie gehst du mit Herzschmerz um?

In jeder Beziehung ist es wichtig, sich selbst zu lieben und gegenseitig zu respektieren – zu wissen, wer man ist, was man will und was man nicht will! Dann kann dir niemand das Herz brechen und du führst ein gutes Leben in Zweisamkeit.

Mit deiner Musik willst du generell einen sozialen Wandel hin zum Guten bewirken. Wie schaffst du es, deine positive Grundeinstellung dabei selbst aufrechtzuerhalten?

Das ist nicht schwer, denn ich sehe nach jedem meiner Auftritte lachende Gesichter und bekomme ehrliches Feedback von Menschen, denen meine Kunst etwas bedeutet. Es kann also nur mein oberstes Ziel sein, diese positive Stimmung beizubehalten und weiter zu transportieren. Wenn ich beispielsweise meinen Nichten und Neffen in Sachen Musik etwas beibringen kann, fühle ich mich in meinem Handeln jedes Mal aufs Neue bestärkt.

Ist Musik der Schlüssel zu einer besseren Welt bzw. zum von dir propagierten sozialen Wandel?

Musik dient der Verbreitung von Botschaften. Ein gesellschaftlicher Wandel ist nur möglich, wenn die Menschen anfangen, zu begreifen, wer sie sind, was sie wirklich brauchen und wie bedeutend es ist, dieses Bewusstsein mit anderen zu teilen. Das ist der Schlüssel. Es gibt so viele Leute da draußen, die nicht verstehen, wer sie sind und welche Bedürfnisse sie haben. An der Oberfläche glauben manche vielleicht zu wissen, was sie wollen. Dabei haben die meisten nur manipulierte Sehnsüchte ohne ehrliche Motivation.

Abschließend und abseits von deinem Sound: Welcher Song beschreibt am besten, dass ein Umdenken notwendig ist?

Was Joni Mitchell in ihrem ‚Big Yellow Taxi‘ singt, trifft den Nagel auch nach über 40 Jahren immer noch punktgenau auf den Kopf. Nebenbei bemerkt: ein herrlicher Sommersong!

Danke für die Empfehlung und bis im Sommer zu den Nova Jazz & Blues Nights in Wiesen!