Alles auf schwarz
Broilers im Interview
Sensationelle Charterfolge mit dem neuen Album „Noir“ in Deutschland und Österreich, ausverkaufte Konzerthallen in allen Himmelsrichtungen und ein prall gefüllter Festivalterminkalender. Unter anderem gibt es einen Gig am FM4 Frequency Festival presented by VOLUME. Seit 1994 haben sich die Broilers eine treue, stetig wachsende Fangemeinde erspielt. Zum zwanzigsten Bandjubiläum ernten Sammy Amara und Co die Früchte ihrer harten Arbeit. Im Interview erklärt der Frontmann die dunkle Seite der Broilers, wie Mann und Frau die Leber trainiert und welche persönliche Bedeutung die Arena Wien für seine Band hat.
Gratulation! 2014 ist das Jahr der Broilers – das war doch von langer Hand zum Jubiläum geplant?
Natürlich! Als Andi Brügge und ich 1992 mit unserer ersten Band angefangen haben, war uns als 12jährige schon ganz klar, dass irgendwann die Welt uns gehört – mindestens! (lacht) Ernsthaft: Wenn uns damals jemand gesagt hätte, dass wir irgendwann auf Platz 1 der Charts stehen, hätten wir ihn oder sie ausgelacht und in Richtung Irrenanstalt geschickt.
Hand aufs Herz: Hättet ihr euch gedacht, dass euer neues Album „Noir“ noch steiler geht als der Vorgänger „Santa Muerte“?
Nein, ich wollte auch gar nicht darüber nachdenken. Wir wussten, dass von außen ganz viele Leute ganz genau beobachten, was die Broilers machen. Da wollten wir nicht noch zusätzlichen Druck erzeugen, um auf Teufel komm raus supergeil in den Charts abzuschneiden. Wir haben uns ausschließlich auf uns und unseren musikalischen Anspruch konzentriert.
Wo liegen für dich die Unterschiede zwischen „Santa Muerte“ und „Noir“?
Broilers haben in den letzten 20 Jahren – nie mit Vorsatz, aber doch – kontinuierlich Alben abgeliefert, die immer anders geklungen haben. Selbst 2004 bei „LoFi“ haben Leute gesagt: „Wie könnt ihr so etwas machen, was für eine Scheiße.“ Die wollten immer, dass wir unseren bisherigen Sound konservieren.
Wir hingegen wollen uns einfach so verwirklichen und weiterentwickeln, wie wir es als Band für richtig halten. Und genau das haben wir bei „Noir“ fortgesetzt. Als „Santa Muerte“ 2011 rauskam, war das Geschrei riesig: „Kommerz! Ausverkauf!“. Jetzt ist „Noir“ erschienen und die Leute sagen: „’Santa Muerte‘ – das war noch ein Album. Das war noch real!“. Das Gleiche werden sie nach dem nächsten Album, egal wie das heißen wird, über „Noir“ sagen. Das ist immer so. Zum einen wollen die Leute schimpfen, zum anderen verbinden sie mit der Band Broilers extrem viel. Da wird mit viel Leidenschaft und Emotion gestritten und geschimpft. „Wie könnt ihr das machen? Wir verbrennen die Platten, reißen uns die Tattoos vom Arm.“ Wir sagen dann immer, sie sollen sich entspannen, die Platte anhören und sich einfach freuen, dass das Portfolio der Band noch breiter geworden ist. Zu den härteren Songs haben wir jetzt auch noch ein paar ruhigere, nachdenklichere Sachen. Und das ist etwas Gutes.
Es gibt genug zu feiern: Warum sind Artwork, Songtexte und Albumtitel so düster ausgefallen?
„Noir“ war anfangs nur ein gewöhnlicher Arbeitstitel – dass am Ende unser neues Album so heißen sollte, war Zufall. Genauso zufällig ist es passiert, dass diese schwermütigen Songtexte und der Albumtitel zusammen einen Sinn ergeben. Texte schreiben ist für mich eine Möglichkeit, mir alles von der Seele zu schütteln. Auch wenn es in den letzten Jahre beruflich gesehen total super war und sich viele tolle – auch im Privatleben – Sachen ergeben haben, gab es durchaus auch Erfahrungen, die Scheiße waren. Deswegen sind verhältnismäßig viele Lieder auf der Platte schwermütig. Und das ist für viele Leute nicht so ganz verständlich. Wir durften bei diversen Fanbegegnungen viele junge Pärchen kennenlernen, die gerade Kinder bekommen haben. Das ist das Schönste, was ihnen im Leben bis dato passiert ist. Darum verstehen sie dann nicht ganz, warum wir von traurigen Themen singen können. Wenn du in einer ähnlichen Stimmung bist, hilft dir so ein Lied aber sehr. Wenn du glücklich und zufrieden bist, kannst du mit vielen Songs auf „Noir“ nicht so viel anfangen. Und doch ist die Platte wichtig, weil sie uns geholfen hat.
Über „Noir“ liest man immer wieder, dass die Broilers poppiger geworden sind. Auch textlich gibt es durchaus Stellen, die nicht gerade punkig sind: „Bisher war das unterm Strich ein gutes Leben!“. Um es in den Worten der Ärzte zu fragen: „Ist das noch Punk Rock?“
Unser aktueller Sound ist definitiv kein Punk Rock mehr – unsere Attitüde aber schon! Ab dem Alter von zwölf Jahren war diese Weltanschauung ständiger Wegbegleiter, hat uns erzogen und Werte beigebracht – wenn man das so pathetisch sagen möchte. Wir wissen, dass wir mit der Band Broilers immer mit einem Fuß im Punk Rock bleiben. Aber darüber hinaus wollen wir das ausprobieren, was interessant für uns ist. Und dabei können ruhig auch poppige Melodien herauskommen.
Seid ihr auch abseits der Musik etwas ruhiger geworden, oder machen die Broilers Party im Backstage wie eh und je?
Wir feiern, wenn wir lustig sind. Das Ding ist nur, dass wir mittlerweile länger brauchen, um uns zu erholen. Wenn wir Samstag ausgehen, dann haben wir Dienstag noch dran zu kämpfen. Vor zehn Jahren haben wir Freitag, Samstag und Sonntag gesoffen. Montag war alles wieder okay – das ist heute nicht mehr so.
Aber wenn wir Bock haben, dann geht es fast noch etwas widerlicher zur Sache als früher, weil wir natürlich die Leber sehr gut trainiert haben.
Von wegen „Ich Will Hier Nicht Sein“: Warum sind die Broilers gerne in Österreich?
Wir fühlen uns wohl hier und immer willkommen! Die Leute aus der Arena beispielsweise kennen wir schon seit vielen Jahren. Wenn es in Österreich einen Stammladen für die Broilers gibt, dann diesen legendären Schuppen in Erdberg. Jetzt freuen wir uns aber erst einmal auf ein Wiedersehen beim FM4 Frequency Festival.
Dem gibt es nichts hinzuzufügen! Bis bald mit den Broilers in Sankt Pölten.