Pokémon - einmal frisch und anders bitte
Pokémon-Legenden: Arceus im Test
Lange wurde darauf gewartet – fast schon gebettelt darum – und Nintendo hat seine Fans endlich erhört. Mit „Pokémon-Legenden: Arceus“ steht das erste 3D Open World Pokémon Game für die Switch endlich in den Läden. So lange wurde endlich wieder mal etwas Abwechslung von Schema F und all den Remakes gefordert, doch kann das neue Spieleprinzip im Franchise halten was man sich davon gewünscht hat`?
Der große Wunsch
Was war es eigentlich was sich die Fans gewünscht haben? Abgesehen von der mittlerweile vom Pixelgame in Rot und Blau grafischen Aufhübschung hat sich in den regulären Pokémon Spielen nicht viel getan. Immer noch galt es der Allerbeste zu werden, alle Arena Orden zu sammeln und die Top Vier zu besiegen. Jedes Mal eine neue Region, aber spieletechnisch immer noch das selbe Game wie vor 20 Jahren.
Doch Serien und Filme haben die Fantasy eben angefeuert und uns gezeigt, wie es sich in so einer Welt voller Pocket-Monster scheinbar lebt und welche Abenteuer hier Mensch und Monster gemeinsam erleben können. So viel drehte sich da gar nicht um Arenen, sondern viel mehr um den täglichen Kontakt mit wilden Pokémon und die Hilfsbereitschaft für andere. Was würde sich dafür besser eignen als ein Open World Game wo man einfach mit seinen Pokébällen bewaffnet durch die Gegend streift – einfach nur des Abenteuers willen. Doch schafft „Pokémon-Legenden: Arceus“ das?
Ab ins Game – was ist neu
Was gleich mal auffällt – ja Arceus ist definitiv ein anderes Spiel als die bereits erhältlichen Titel. Wer nach Arenen, Orden oder Top Vier sucht, der sucht vergeblich. Denn all das gibt es überhaupt nicht mehr in Arceus.
Was bekanntes vom Spieleprinzip der Pokémon Welt übrig bleibt ist die Vervollständigung eines Pokédex. Normalerweise der Part mit dem man sich nach dem gesamten Spielspaß als Champ beschäftigt hat, oder genau der Part wo einem dann die Lust am Game vergangen ist, weil der Grind zu langwierig wurde. Je nachdem was für eine Art Pokémon Spieler man wohl ist.
Doch jetzt verschreibt sich das gesamte Spiel dieser Aufgabe. Klingt erstmal… wenig? Doch scheinbar muss das reichen für das Open World Game, dass sich die Fangemeinschaft gewünscht hat. Durch die relativ freie Bewegung und das neue Spiel- und Kampfsystem ist aber auf jeden Fall ordentlich frischer Wind drinnen.
Catch em all – or fight
Denn jetzt wo ihr relativ frei in der Umgebung herumlaufen könnt, ist es alleine eure Entscheidung wie ihr eure Pokémon Fangen wollt und auf welche Art und Weise ihr Forschung betreiben wollt. Ihr braucht jetzt nicht mehr zwingend eigene Pokémon um andere zu fangen.
Mit ein bisschen Geschick schleicht man sich durchs hohe Gras an, wirft einen gezielten Pokéball (oder vielleicht vorher noch eine Beere um das Pokémon abzulenken) und überrascht sein Zielobjekt. So einfach kann es sein und ihr habt euer erstes und jede Menge weitere folgende Monster gefangen.
Wer sich dabei ein bisschen schlampiger anstellt und das entdeckte Pokémon aufschreckt, der kann allerdings immer noch in den Kampf gehen und dort seine Chance versuchen auch hier das Pokémon zu fangen.
Doch Vorsicht wer ein Pokémon aufschreckt und dann nicht in den Kampf ziehen will! Einige Pokémon attackieren euch direkt wenn sie euch entdecken und ja diesmal geht es wirklich euch selbst an die Pelle. Denn immerhin watschelt ihr hier scheinbar sehr unbeholfen durch die Natur der Pokémon und stört diese. Ihr solltet also durchaus trotzdem immer wieder bereit sein in den Kampf zu ziehen.
Bemerkenswert muss man aber anmerken, dass der Übergang zwischen erforschen, fangen und kämpfen wirklich extrem gut und vor allem flüssig gelungen ist. Ihr könnt euch die gesamte Zeit über weiterhin frei bewegen und werdet nicht mit unzähligen Ladezeiten gestraft.
Vom Himmel gefallen
Aber wie sind wir eigentlich in diese noch relativ naturbelassene Pokémon Welt gekommen? Ja die Frage ist relativ einfach zu beantworten: wir sind vom Himmel gefallen. Einfach so durch einen Raum-Zeit-Riss der uns in eine alte Version der Sinnoh Region – damals noch Hisui Region – gebracht hat. Zurück versetzt in die Beginne der Pokémon Forschung und das ohne unser Gedächtnis, denn das haben wir scheinbar irgendwo am Weg verloren.
Was leider dazu führt, dass das Game uns Spieler behandelt, als hätten wir selbst noch nie etwas von diese knuffigen Monstern gehört. Nämlich niemals nie. Von vorne weg wird euch alles klitzeklein wieder erklärt. Klar es gibt sicherlich bei jedem Ableger der Reihe neue Erstlingsspieler, aber irgendwie greift man hier nochmal so richtig tief und langweilt das alteingesessene Publikum damit ein wenig.
Zudem ist die massive Begeisterung mit der wir als Ausnahmetalent in der Region bezeichnet werden, weil wir Dinge geschafft haben die in Hisui noch niemand geschafft hat, ein wenig übertrieben. Ich meine ja nur, aber für die meisten von uns ist es dann eben doch kein riesen Achievment drei Pokémon hintereinader gefangen zu haben. (Schon gar nicht wenn man in weiterer Folge einfach noch tausende mehr fangen wird und Jahre davor auch genau das schon ewig gemacht hat.)
Es gilt über die Spielzeit hinweg dann natürlich herauszufinden wie man hier hergekommen ist und was es mit diesem Raum-Zeit-Riss jetzt so auf sich hat. Relativ nebensächlich wahrscheinlich für die meisten, da die Story nicht unbedingt mitreißend verpackt wird.
Frischer Wind im Kampf und neue Bosskämpfe
Doch wenigstens in den Kämpfen hat sich ein bisschen was getan und die haben etwas frischen Anstrich bekommen. Ihr könnt natürlich immer noch aus vier Attacken wählen, die euer Pokémon ausführen soll doch jetzt habt ihr ebenso Tempo- oder Kraftattacken zur Auswahl.
Diese reduzieren euren verursachten Schaden und lassen euch dafür vielleicht etwas früher erneut attackieren (Tempo) oder erhöhen den Schaden und schieben eure nächste Attacke dafür vielleicht etwas nach hinten (Kraft).
Wozu man das ganze braucht fragt man sich? Weil man jetzt schon im Kampf die Reihenfolge der nachfolgenden Angriffe sehen kann, ebenso wie deren Veränderung durch Tempo- oder Kraftattacken. So ergibt sich zumindest gerade in schwierigeren Kämpfen ein klein wenig das Gefühl von etwas taktischeren Kämpfen. Wirklich viel Unterschied macht es in den meisten Fällen allerdings dann gefühlt auch nicht. Denn wenn man halbwegs passend gelevelte Pokémon bei sich trägt sollte das meistens kein Problem sein.
Was jedoch wirklich neu ist sind die „Bosskämpfe“ die euch in jeder zu erkundenden Region erwarten. Denn durch den Raum-Zeit-Ris sind die sogenannten Könige und Königinnen (allesamt einfach nur sehr große Pokémon) in Rage verfallen und ihr müsst sie im Kampf besänftigen. Doch hier wird nicht traditionell gekämpft, sondern ihr müsst diese Monster mit Ruhegaben (ihren Lieblingsspeisen) abwerfen und so wieder zur Ruhe bringen. Klingt erst mal ein wenig weird, doch da euch diese Pokémon ebenso direkt mit räumlichen Angriffen attackieren können diese Kämpfe durchaus fordernd werden. Und bringen auf jeden Fall ordentlich Abwechslung.
Ist das wirklich Open World?
Abstriche muss man allerdings ein bisschen bei der erhofften Open World machen, denn sie ist nur so semi open eigentlich. Insgesamt fünf Regionen können erforscht werden, doch diese sind nicht direkt miteinander verbunden und können nicht komplett durchgängig erforscht werden. Ihr seid also immer mal wieder in Jubeldorf – eurer „Base“ – um von dort aus in eine Region aufzubrechen. Etwas langwierig, eine direkte Reise in die anderen Gebiete hätte man sich dann doch wünschen können.
Was zudem ordentlich aufstoßen kann bei dieser Open World – und das ist leider extrem auffällig – ist die doch relativ schlechte Grafik. Oftmals darf man sich an Grafikbugs und verspätet ladenden Texturen erfreuen und das, obwohl die Umgebung grafisch nicht das letzte aus der Switch holen kann (wir haben definitiv bereits besseres auf der Handheld Konsole gesehen). Da hätte man sich auf jeden Fall ein bisschen mehr Tiefe, ein bisschen mehr Details und vor allem ein bisschen mehr Liebe gewünscht. Wirkt ein bisschen lustlos daher kopiert, wenn man in allen 5 unterschiedlichen Umgebungen einfach immer auf die selben Strukturen und Texturen trifft und diese dann nicht mal besonders schön gepolished wurden.
Kann mir wer mal ein paar Hände leihen
Was im Laufe des Spieles auch noch auffällt – „Pokémon-Legenden: Arceus“ macht definitiv Gebrauch von allen Tasten die man so auf der Switch finden kann. Und das nicht nur in einer Funktion sondern gleich in mehreren. Selten wird der – oder + Button so oft gebraucht, so viel in unterschiedlichen Registern herumgescrollt mit den Schultertasten oder mit dem Steuerkreuz in der Tasche oder dem Journal gekramt.
Fast schon ein bisschen viel, gerade weil man oftmals doch relativ schnell oder zumindest oft zwischen zwei unterschiedlichen Leisten wechseln sollte. Ansonsten kann es durchaus OFT passieren, dass man einfach mal so seine Pokébälle an Bäumen verschießt, weil man eigentlich das in der anderen Liste ausgewählte Pokémon die Beeren sammeln lassen wollte. Ein klein wenig frustrierend zu mancher Zeit, aber auch nur ein klein wenig, weil man Pokébälle zum Glück ziemlich problemlos craften kann.
Aber was ich mich in Menüs verklick, umgeordnet und sortiert habe obwohl ich das nicht wollte – hat mich definitiv einige hunderte Tastendrücker mehr gekostet. Aber vielleicht sind wir (oder auch nur ich) auch nur verwöhnt und so verschachtelte Tastenkombinationen nicht mehr gewöhnt.
Fazit
„Pokémon-Legenden: Arceus“ ist definitiv ein guter Start in den Versuch das Pokémon Universum auf ein anderes Level zu heben. Doch eben auch nicht viel mehr als ein Start. Viele geliebte Dinge wie Trainerkämpfe und Arenen sind einfach mal unter den Tisch gefallen und das normalerweise Late-Game wurde zum Hauptgame gemacht. Ein zwar interessantes und witziges Game, aber trotz allem sehr repetitiv (auch wenn uns das bekanntlich noch nie gestört hat bei Pokémon). Man muss Nintendo zu Gute halten, dass der erste Schritt getan ist, aber noch ordentlich Luft nach oben bleibt.
— NinaDas Gute
+ sehr reale Umsetzung
+ guter Fluss zwischen Spiel und Kampf
+ vielversprechender Start in ein neue Spielevariante des Franchise
Das Schlechte
- lieblose Grafik
- immens repetitiv
- ewig lange Einleitung
- kaum Challenge