Karriereleiter à la Mordor - Mittelerde: Schatten des Krieges
Es ist mal wieder Zeit Mordor aufzumischen. In Mittelerde: Schatten des Krieges am besten mit einer Armee.
Warum eigentlich Krieg?
Nach den Ereignissen von Mordors Schatten läuft nicht alles wie geplant für Talion und Celebrimbor. Ihr Versuch Sauron zu stürzen wird von der Spinne Shelob unterbrochen, die ihre eigenen Pläne hat. Doch bald sind das Duo von Waldläufer und Elbengeist wieder vereint, und führen ihren Plan fort. Das Ziel: Eine Armee von Orks aufzubauen, und Sauron zu überwältigen. Warum dieser dabei das ganze Spiel über praktisch nur zusieht wird besser nicht hinterfragt. Die Story ist nur Mittel zum Zweck, hat aber gegen Ende sogar einige nette Überraschungen parat.
Das Nemesis-System aus dem Vorgänger kommt in stark erweiterter Form zurück. Jede Festung in Mordor wird von einem Overlord kontrolliert, der einige hochrangige Orks als Untergebene hat, die wiederum eine größere Menge an Untergebenen haben. Als Spieler macht man Jagd auf die unteren Reihen und übernimmt oder tötet diese. Dies stärkt die eigenen Truppen, und sobald man stark genug ist kann man die Festung der Region angreifen und einnehmen. Dieses Spielchen wiederholt sich dann in jeder Region.
Orks zerhacken
Die meiste Zeit verbringt man damit, Orks und verwandte Wesen zu vermöbeln. Ob man dies aus den Schatten heraus tut, oder sich mitten in eine Horde wirft bleibt einem dabei nahezu frei überlassen. Das Kampfsystem ist ziemlich einfach, die verschiedenen Gegner bringen die Abwechslung hinein und es macht dann auch durchaus Spaß. Talion ist bei weitem nicht unverwundbar, wer nicht aufpasst verliert schnell alle Lebenspunkte. Wirklich herausfordernd ist Mittelerde: Schatten des Krieges allerdings nur in einigen Storymissionen. Selbst hochrangige Orks haben nicht viel mehr drauf als die, die man in den ersten Stunden trifft. Die meisten Kämpfe laufen darauf hinaus, einen Angriff zu finden, den der Gegner nicht einfach blockt, und diesen dann nahezu endlos zu wiederholen, denn schnell sterben nur einfach Orks.
Um möglichst effizient durch Mordor zu schnetzeln gibt es ein Skillsystem, das allerdings nur anfangs eine Daseinsberechtigung hat (man lernt ohnehin alles), sowie Ausrüstung. Beides nicht sonderlich spannend, aber für Feintuning und gegen Bosse durchaus hilfreich. Hat man alles beisammen kann man beeindruckend aussehende Kombos hinlegen, in denen Talion durch Gegner wirbelt, Explosionen hochgehen lässt und mal eben drei Orks auf einmal enthauptet.
Aber das kann mich nicht darüber hinwegtrösten wie repetitiv das Spiel mit der Zeit wird. In einer neuen Region angekommen war mein erster Gedanke, wie ich wieder Infos sammeln muss, um dann in weiter Ferne die Festung anzugreifen. Es hilft auch nicht, dass jeder Boss eine nicht abbrechbare Introsequenz hat, in der er irgendwelche banalen Sätze sagt. Springt man in 4 Bosse muss man sich das einfach 4 mal am Stück geben, was außerordentlich ermüdend wird.
Abseits der Kämpfe
Wenn man gerade keine Lust aufs Kämpfen hat kann man auch einfach die Welt erkunden und hunderte Gegenstände einsammeln. Teilweise mit langweiligen und banalen Minigames verbunden. Und warum pausiert das Spiel jedes Mal, wenn man ein Artefakt einsammelt? Fast so schlimm wie die Boss-Intros. Durch die Welt zu laufen ist allerdings sehr flüssig und cool. Außer Talion weigert sich, sich an einem Vorsprung hochzuziehen. Oder man trifft auf eine unsichtbare Wand.
Die Welt von Mittelerde: Schatten des Krieges ist riesig, fast zu riesig. Das Schnellreisesystem ist stark beschränkt, und es gibt oft Punkte auf der Karte, zu denen man gehen will, aber zuerst unspektakulär hinlaufen muss. Und so schön auch alles ist – und das ist es – wenn man den selben Weg zum zehnten Mal geht, will man einfach nicht mehr.
Wer nicht Zeit auf die Jagd nach Orks verschwenden, sondern einfach zur Festung schreiten möchte, dem kann geholfen werden. Die Mikrotransaktionen geben einem sowohl Orks für die Armee, wie auch Ausrüstung. Statt also 10 Minuten zu investieren, einen Ork zu übernehmen, kann man stattdessen auch die Kreditkarte zücken. All das ist sehr gut ins Spiel integriert, hat aber erstaunlich wenig Einfluss. Außer man will die Online-Features nutzen.
Vom Spieler eingenommene Festungen können nämlich von anderen Spielern online angegriffen werden. Da man Orks sowohl für die Offensive als auch die Defensive braucht – und das pro Region – braucht man eine große Armee wenn man in der Rangliste steigen möchte. Und niemand hat genug Zeit im Leben, um gegen Kreditkarten anzukämpfen.
Fazit
Mittelerde: Schatten des Krieges ist eine konsequente Fortsetzung des ersten Teils. Alles ist größer und bombastischer, aber die Abwechslung fehlt. Die Mikrotransaktionen sind zwar eindeutig Pay 2 Win, allerdings ist das Spiel dermaßen einfach, dass es kaum einen Unterschied macht. Es ist bei weitem kein schlechtes Spiel, der Großteil ist sogar sehr gut umgesetzt. Aber die Frustrationen zusammen mit dem immer wieder gleichen Ablauf lassen es so wirken, als wäre man hauptberuflich Waldläufer. Das mag für manche der Anreiz sein, aber nicht für mich.
— Christian Novotny