Mit Barcode, Charme und Verkleidung
Hitman 2
Es herrscht Aufregung in der luxuriösen Villa am Strand von Neuseeland. Vor ein paar Sekunden ist in dem glücklicherweise leeren Wohnzimmer des Anwesens ein kleiner Sprengsatz detoniert. Der Wachdienst der Inhaberin zögert nicht lange und eskortiert seinen Schützling in den sicheren Panik-Raum im ersten Stock. Erst als die Tür ins Schloss fällt entspannen sich die schwer bewaffneten Männer etwas. Der unbekannte Bombenleger hatte versagt.
Ein paar Meter über ihnen, auf dem Flachdach liegen unbemerkt zwei bewusstlose Männer, die noch vor ein paar Minuten hier patrouilliert hatten. Ein glatzköpfiger Mann träufelt dort in aller Ruhe hochdosiertes Gift in die Belüftungsanlage des Panik-Raums. Während die dortige Wachmannschaft sich langsam die Frage stellt woher plötzlich dieser beißende Geruch kommt, ist Agent 47 schon in der Nacht verschwunden: Auftrag ausgeführt.
Hitman 2 versteht es, wie der Vorgänger, die sehr schwarzhumorige Atmosphäre perfekt einzufangen. Das Spiel lebt dabei von seinen riesigen und detaillierten Sandboxen. Bevor man z.B. unbemerkt einen Panik-Raum mit Toxinen fluten kann, muss man die Karten ausführlich erkunden und sich jedes Detail, wie Routen von Wachleuten oder Standorte von besonderen Verkleidungen genauestens einprägen. Gerade dieses Tüfteln und das ständige Wiederholen von Aufträgen macht auch den Reiz von Hitman 2 aus.
Das repetitive Gameplay der Serie ist jedoch nicht jedermanns Sache, wer in Hitman 2 einfach nur alle Missionen durchspielen will, wird dafür höchstens ein paar Stunden brauchen. Das wahre Potential erschließt sich dem Spieler aber erst durch die oftmalige Wiederholung der Aufträge.
Denn, verlaufen unsere ersten Anläufe eines Auftrags noch chaotisch und stark improvisiert ab, können wir später unsere Erfahrungen unser freigeschaltetes Equipment nutzen, um unsere Ziele effektiver auszuschalten. Zum Beispiel, ohne dass jemals jemand Agent 47’s Anwesenheit bemerkt hätte. Damit fühlen wir uns auch ganz ohne erzwungene Quicktime-Events und Script-Sequenzen wie ein meisterhafter Attentäter: Großartig!
Achtung: Um das Spiel im vollen und ganzen auszunutzen, benötigt ihr eine konstante Internetverbindung. Hitman 2 lässt sich zwar auch offline spielen, freischaltbare Items, Challenges und der gleichen könnt ihr aber nur online freischalten. Warum IOI den unbeliebten Always-On Modus des Vorgängers nicht in die Tonne getreten hat, ist unverständlich.
Wer trotzdem abseits der Hauptmissionen Abwechslung sucht, wird auch in Hitman 2 wieder fündig. Wie auch im Vorgänger bietet auch der 2. Teil stetig schwieriger werdende Escalation-Missionen und einen Missions-Editor an. Neu ist hierbei der Sniper Assassin Modus, den Vorbesteller bereits vorab testen konnten. Dieser wird, wie der Name schon verrät, ausschließlich hinter einem Gewehr bestritten.
Wem das noch nicht genügt, kann nun auch online im neuen Ghost-Mode mit seinen Freunden um die Wette meucheln. Hierbei werden 2 Spieler in der gleichen Location abgesetzt, und müssen versuchen als jeweils erster 5 der zufällig ausgewählten Ziele leise und unbemerkt auszuschalten. Wer dabeiFehler macht oder sogar Unschuldige tötet, verliert Punkte.
Um sich in diesem Modus nicht nur auf sein Standard-Equippment verlassen zu müssen, sind auf der gesamten Karte sogenannte Ghost-Crates versteckt. Aber, man sollte sich beeilen, schnappt sich der Gegner ein Item aus den Kisten, kann auf dieses selbst nicht mehr zugreifen. Bis auf die Ghost-Crates spielen jedoch beide Spieler in ihrer eigenen Realität und können einander zwar ausgegraut sehen, aber nicht physisch beeinflussen. Mit speziellen Gegenständen, kann man jedoch auch diese Barriere überwinden: Mit den sogenannten Ghost-Coins, welche in beiden Realitäten gehört werden, hetzten wir unserem Gegenspieler zum Beispiel einen zuvor unaufmerksamen Wachposten auf den Hals! Die Matches können sich aufgrund der 5 Ziele jedoch mitunter etwas ziehen, bleiben aber größtenteils spannend. Momentan steht hierfür „nur“ die riesige Miami-Karte zur Verfügung, IOI hat aber versprochen, auch die anderen Karten für den Ghost-Mode nachzureichen.
Weitere Neuerungen zum Vorgänger muss man in Hitman 2 aber schon mit der Lupe suchen: Gegnern zu entkommen ist dank dem verbesserten Deckungssystem nun auch in Menschenmengen und in dichter Vegetation möglich. Auch erkennen uns Gegner nun durch Spiegel und in Überwachungskamera-Aufnahmen. Neue Items fügen sich nachhaltig in das bereits bekannte Repetitor des ersten Teils ein. So hilft uns ein unauffälliger Koffer beispielsweise, ein Scharfschützengewehr unbemerkt an ein paar kritischen Securities vorbeizuschleusen. Leider bleiben gerade laute Waffen und Gewehre wegen der immer noch hakeligen Kampfsteuerung doch relativ nutzlos. Hier hätte man sicher nachbessern können, aber wer in Hitman 2 schießen muss, hat meistens etwas falsch gemacht.
Nettes Detail am Rande: Wer den Vorgänger besitzt, kann alle Karten des ersten Teils auch im verbesserten System des zweiten Hitman spielen. Unser Fortschritt aus dem Vorgänger geht dabei aber leider verloren.
Generell lässt sich sagen, dass auch das Level-Design der neuen Karten ein großer Schritt nach vorn ist. Die 5 großen Locations des zweiten Teils sind allesamt mindestens so gut, wie die beliebte Sapienza-Karte aus dem ersten Hitman. Die Welten strotzen nur so vor Details und Sachen, die es zu entdecken gibt, dass man IOI leicht die unverändert hakeligen Animationen und die doofe KI vergeben kann.
Fazit
Hitman 2 erfindet das Rad der langlebigen Serie nicht neu, bietet aber seinen langjährigen Fans genug Neuerungen und interessante Sandboxen, um sie für weitere zig Stunden an den Monitor zu fesseln. Die neuen Spielmodi, die zahlreichen Neben-Missionen und diverse Unlockables sorgen auch weiterhin für einiges an Langzeitmotivation. Und außerdem: Wenn man einen Auftrag perfekt ausgeführt hat und die pulsierende Musik mit jedem Schritt zum Ausgang intensiver wird, ist das immer ein Fest für jeden Hitman-Fan. Freunde des ersten Teils können also auch hier wieder bedenkenlos zuschlagen.
— games-redaktionDas Gute
Aufregende neue Locations
Dichte Atmosphäre
Motivierendes Fortschrittssystem
Dynamischer & atmosphärischer Soundtrack
Das Schlechte
Teils hakelige Animationen
KI-Schwächen
Always-On Zwang