Metroidvania-Meisterwerk
Blasphemous 2
In einem Meer voller Metroidvanias und Soulslikes fällt es schwer, herauszustechen. Der höllisch schwierige Genremix Blasphemous hat das 2019 mit dichter Atmosphäre, einer spannenden Welt und einfach richtig viel Spielspaß geschafft. Und der Nachfolger Blasphemous 2? Der ist sogar noch besser.
Entstaubt die Dornenkrone und den Rosenkranz, es geht ein weiteres Mal in die Welt des Büßers. Der hat sich im ersten Teil mit seinem treuen Schwert Mea Culpa durch die Ausgeburten von Himmel und Hölle gekämpft, um… ja, was eigentlich zu tun? Schon für die Story des ersten Teils brauchten wir zwei Erklärvideos, um durchblicken zu können, und Teil 2 steht dem in nichts nach. Stellt euch ungefähr vor, wie ein typisches Dark Souls seine Spielwelt aufbaut, mit kryptischen Dialogen und Erkenntnissen, die sich erst ergeben, wenn ihr Itembeschreibungen genau studiert. Dann legt noch mal zwei Schippen drauf und ihr seid bei der Story von Blasphemous 2. Nach 20 Spielstunden könnten wir euch die Geschichte nicht spoilern, selbst wenn wir wollen würden.
Blasphemous 2 ist außerdem eines dieser Spiele, die ungewollt für gute Laune sorgen können. Denn die Spielwelt lässt die klimakrisengebeutelte Kugel, auf der wir in der Realität leben, wie das Land der Glücksbärchis wirken. Alles, aber auch wirklich alles in der Welt des Büßers, den ihr spielt, ist von Unglück, Trauer und Zorn getränkt. Der zweite Teil baut atmosphärisch nahtlos auf seinem Vorgänger auf – es wirkt also weiter alles, als wäre es einem der dunkleren Gemälde von Hieronymus Bosch entsprungen. Das Christentum wird nie beim Namen genannt, dennoch sind die einzelnen Elemente klar an biblischen Motiven oder Institutionen wie der mittelalterlichen Inquisition angelehnt. Beichten, beten, Buße tun, alles mit dabei.
So, was machen wir also in dieser Albtraumwelt? Sie vor allem erkunden und alles niederschnetzeln, was nicht bei drei auf dem Kirchenaltar ist. Blasphemous 2 ist wie sein Vorgänger ein Metroidvania mit Soulslike-Elementen. Heißt übersetzt, ihr erkundet eine riesige Welt, die sich euch erst nach und nach erschließt, nachdem ihr die richtigen Werkzeuge zum Erkunden gefunden habt, und legt dabei knüppelschwierige Gegner um, die euch auch nach x Spielstunden noch mit drei Standard-Angriffen ins Jenseits pusten können. Eine besondere Rolle spielen dabei die Waffen, die dem Büßer zur Verfügung stehen – zwei Dolche für schnelle Angriffe, ein schweres Räucherfass für besonders kräftige Attacken, und das gute alte Schwert, das den Mittelweg darstellt.
Zu Beginn des Spiels müsst ihr euch für eine der drei Waffen entscheiden, nach und nach schaltet ihr aber auch das weitere Arsenal frei, und das braucht ihr auch dringend. Je nach Gegner ist oft eine andere Angriffsart gefragt – bei kleinen, wendigen Monstern könntet ihr euch zum Beispiel mit den schnellen Dolchen leichter tun, für gröbere Brocken darf es dann auch mal das schwere Räucherfass sein. Eure Waffen sind aber auch unverzichtbar zum Durchqueren der Spielwelt. Mit den Dolchen etwa aktiviert ihr Teleportationsspiegel, das Räucherfaß bringt Glocken zum Läuten, die Plattformen erscheinen lassen. Das Schöne daran ist, wie gelungen die Entwickler diese Möglichkeiten ins Gameplay integrieren. Es ist einfach eine Freude, die riesige Spielwelt zu erkunden und dabei an jedem Eck und hinter jeder Geheimwand Geheimnisse zu finden, die euch stärker werden lassen und mehr und mehr von der Story freigeben (sofern ihr sie versteht, viel Glück dabei). Die Platforming-Passagen sind dabei stellenweise äußerst schwierig geraten, aber mit ein bisschen Übung sollte alles schaffbar sein.
Das ist auch eine gute Beschreibung für die zahlreichen Kämpfe. Wie wir zuvor schon erwähnt haben, stellen selbst die in der Welt verteilten Standard-Gegner große Herausforderungen dar, wenn ihr nicht aufpasst. Das gilt dann auch doppelt für die Bosse, die sich euch regelmäßig in den Weg stellen. Blasphemous 2 ist eines dieser wunderschönen Spiele, bei denen ihr regelmäßig den Controller durch das Fenster werfen möchtet, nur um dann doch noch eine Runde zu starten, nachdem euer Büßer wieder mal ins Gras gebissen hat. Wie in den besten Genrevertretern sind die Bosse stellenweise unglaublich schwierig, aber nie unfair – wir hatten bei allem Frust großen Spaß beim Bezwingen der Albtraumgestalten.
Abgesehen davon habt ihr auch selbst in der Hand, wie schwierig Blasphemous 2 am Ende für euch sein wird. Upgrades und Ausrüstung für euren Büßer, die ihn spürbar stärker werden lassen, gibt es alle paar Meter, aber ihr müsst schon danach suchen. Wenn ihr stur der Story folgt und schnurstracks von einem Boss zum nächsten jagt, habt ihr es klarerweise schwieriger. Wer sich aber Zeit beim Erkunden nimmt und auch mal abseits der geraden Pfade sucht, wird viel Hilfe finden. Und es ist auch einfach ein Genuss, durch die unglaublich atmosphärische Spielwelt zu laufen und zu hüpfen, denn mit der flüssigen Steuerung und den genial gestalteten Passagen wird euch einfach nicht fad.
Haben wir auch Kritikpunkte? In Wirklichkeit haben wir sie schon erwähnt. Klar, Storys in Soulslike-Spielen sind oft mal extra verschwurbelt, dennoch hätten wir uns manchmal gewünscht, ein bisschen genauer zu verstehen, was da eigentlich gerade geredet wird oder passiert. Ein weiterer (Kritik?-)Punkt bringt uns wieder mal zur Frage „wie schwierig dürfen Spiele sein?“. Wenn ihr noch gar keine Erfahrung mit Plattformern oder Soulslikes habt oder nicht die Geduld für das Erlernen der Angriffsmuster von manchen Bossen mitbringt, dürfte Blasphemous 2 nicht das passende Spiel für euch sein. Falls euch das nicht abschreckt, erwartet euch das vielleicht beste und schwierigste Metroidvania des Jahres für ziemlich kleines Geld – außer, Team Cherry bringt dann doch mal den Arsch hoch und veröffentlicht irgendwann Silksong.
— Martin HammerlDas Gute
Abwechslungsreiches Kampfsystem
Schön-schaurige Spielwelt
Großer Umfang
Knackig-schwierige Gegner…
Das Schlechte
… die euch manchmal verzweifeln lassen werden
Story wie beim Vorgänger fast schon zu kryptisch