Lost Dimension
Bereits im Jahre 2014 hat FuRyu das Tactical RPG in Japan veröffentlicht, wo es ziemlich gute Bewertungen erhalten hat. Diesen Sommer wird der Titel auch bei uns im Westen erhältlich sein, doch ob es sich bewähren wird ist eine Frage, welche die Konsumenten beantworten werden. Ob man dem Spiel eine Chance geben möchte entscheidet man für sich – jedoch am besten mit Hilfe dieses Reviews.
Kenner können vielleicht mit Namen wie Jun Kumagai – hat an den Persona 3 Filmen und an Persona 4: The Animation mitgewirkt – und Takeshi Oga (Gravity Rush, 2012) etwas anfangen. Auch der Entwickler Lancarse ist mit Referenzen wie Etrian Odyssey und Shin Megami Tensei: Strange Journey nicht unbekannt. Daher ist es eine große Überraschung, dass Lost Dimension auf der Playstation Vita einen instabilen und patzigen ersten Eindruck hinterlässt. Das Video, welches die narrative Einleitung in das Geschehen darstellen soll, erfolgt zu hastig und wirkt mehr wie ein Trailer zum gesamten Spiel: Ein Typ in fancy Klamotten mit weißen Haaren und gelben Augen droht die Welt zu zerstören, wenn die Regierungen es nicht schaffen ihn in 13 Tagen aufzuhalten. UN-Diplomaten rinnt der Schweiß aus allen Poren, woraufhin sie als letzten Akt der Verzweiflung sechs junge Erwachsene, die eine Spezialeinheit namens S.E.A.L.E.D. bilden in den Turm schicken, in dem sich der Bösewicht mit dem Namen „The End“ verschanzt hat.
Anschließend schlüpft man in die Rolle des Protagonisten Sho und findet sich mit Gedächtnisschwund als Teil des Squads mitten im Gefecht wieder. Die anderen fünf Mitglieder des S.E.A.L.E.D. helfen Sho wieder auf die Beine und erklären ihm im Zuge dessen die Kampfroutine, wodurch ein natürlich wirkendes Tutorial entsteht. Man lernt die Basics sehr rasch: In der Player Phase kontrolliert man die sechs Partymember und positioniert sie einzeln auf der Karte, um anschließend Angriffe, Buffs und sonstige Aktionen auszuführen. Anschließend folgt der analoge Zug der Gegner.
Leider werden hier schon die größten Mängel von Lost Dimension spürbar: Jedes mal wenn man einen Skill einsetzt, wird man von einem Ladebildschirm aus dem Spielfluss gerissen. Ebenso verhält es sich mit gegnerischen Aktionen jeder Art. Zwar sind diese Loading Screens nur kurz andauernd, aber dennoch ist der Umstand nervenraubend und entspricht nicht dem Standard der Industrie anno 2015. Auch die Framerate Drops sind an manchen Punkten frustrierend und verhindern ein erfolgreiches Eintauchen in die doch so schöne Welt von Lost Dimension.
Nach dem Tutorial findet man fünf weitere Mitglieder des S.E.A.L.E.D. und The End persönlich lädt den Spieler ein ihn auf der Spitze des Turm zu stellen. Doch Vorsicht, denn unter den nun 11 Mitgliedern der Spezialeinheit sind Verräter! Um in das nächste Stockwerk des Turms zu gelangen, muss man in einem eigens dafür vorgesehenen Raum ein Mitglied opfern. Die restliche Zeit des Spiels verbringt man damit die Partymember kennen zu lernen und die Verräter zu identifizieren, um sie zu entfernen. Die Verräter sind von Playthrough zu Playthrough unterschiedlich, was den Replay-Value stark erhöht. Auch die unglaublich großen, und für jeden Charakter einzigartigen, Skill-Trees bieten Interessierten viel Raum zum Experimentieren und Aufrüsten.
Optisch wäre Lost Dimension ein gutes Beispiel für die Grafikleistung des Vita – wenn doch bloß die Programmierung stimmen würde. Wie oben zu sehen ist, sind Grafikfehler durch amateurhafte Kamera-Handhabung keine Seltenheit.
Dennoch hat Lost Dimension im visuellen Bereich sehr viele positiv anzumerkende Aspekte: Es erinnert Punkto Design und Artstyle stark an Freedom Wars und begeistert mit liebevoll gestalteten Maps und athmosphärischen Schauplätzen, die für jeden der fünf Stockwerke des Turms einzigartig sind. Besagte Abschnitte untermalen ihren Stil zudem mittels passenden elektronischen Musikstücken und hinterlassen je nach Situation einen entspannten oder alarmierten Spieler. Besonders der tolle Opening Song mit dem Titel „Lost Dimension“ der Band fripSide, deren Musik man von A Certain Magical Index und A Certain Scientific Railgun kennt, hat einen passend epischen Auftakt bereitet. Die musikalische Cocktailkirsche war jedoch der Soundtrack zum finalen Bosskampf: Der moderne J-Core der feinsten Sorte stellt eine ungalublich treibende Kraft dar und verschafft dem Spieler ein unvergleichbar dramatisches Erlebnis bei dem er förmlich das Adrenalin aus den Nebennieren schießen spürt.
Passend dramatisch ist auch die Story. Zwar bleiben nach dem ersten Playthrough einige Fragen noch ungeklärt und man sieht sich die Credits ziemlich unbefriedigt an, doch geduldige Menschen werden belohnt, denn nach dem Credit Roll bittet Lost Dimension den Spieler einen weiteren Playthrough zu durchlaufen und mit sämtlichen Kameraden eine unzerstörbare Freundschaftliche Bindung einzugehen. Maximierte Social Links – Err… Kameradschaften werden aus dem vergangenen Spiel mitgenommen, was sehr angenehm ist. Somit wird das True Ending freigeschaltet, welches das Spiel spät, aber doch gekonnt abrundet.
Alles in allem bietet Lost Dimension ein spannendes Paket an schönen Schauplätzen und unterhaltsamem Gameplay, scheitert aber größtenteils an der Umsetzung. Wenn man im Gegenzug für eine gute Story mit Grafikfehlern, die unästhetisch, aber nicht gamebreaking sind, leben kann, dann ist Lost Dimension sehr wohl ein Einkauf, den man tätigen sollte. Auch Gamer-Dudes und Dudettes, die Spaß an Persona 3 und 4 hatten, können sich mit diesem Titel die Zeit bis zum Persona 5 Release versüßen, denn Lost Dimension hat einen sehr ähnlichen Flair.
— Aryan Havrest