Dragon Age: Inquisition
Dragon Age: Inquisition - Wertung
Nobody expects the Thedas Inquisition!
Eine riesige Welt, Massen an Nebenmissionen und viel Freiheit: Für Inquisition hat sich BioWare bei Vertretern von Openworld-Spielen nur das Beste abgeschaut und ein echtes und durchaus komplexes Dragon Age abgeliefert.
Grüne Risse tun sich am Himmel auf und durch sie dringen Dämonen in die Welt Thedas ein. Bei Andraste! Wie konnte das passieren? Natürlich wird sofort jemandem die Schuld zugeschrieben – und das wär‘ dann auch gleich unser Hauptcharakter. Denn unsere Hand glüht im selben Grün wie die Risse und da muss es doch einen Zusammenhang geben!
Erstmals froh, nicht gleich gelyncht worden zu sein, stellt sich schnell heraus, dass wir die besondere Fähigkeit erhalten haben, die grünen Risse zu versiegeln. Natürlich steckt da noch viel mehr dahinter, aber das erfährt ihr alles erst im Laufe des Spiels.
Zum Glück glauben uns dann doch einige Entscheidungsträger, dass wir nicht mit den bösen Mächten unter einer Decke stecken und dürfen ins große Abenteuer ziehen, um die Welt Thedas vor dem Bösen zu retten. Wer oder was das ist, bleibt aber erstmal unter Spoilerschutz.
Open World mit 100 Stunden Spielzeit
Dass die eigentliche Story erst vergleichsweise spät wirklich interessant ist, wäre bei den ersten beiden – sehr unterschiedlichen – Dragon Age-Teilen ein echtes Problem gewesen. Doch Inquisition ist anders: Statt stark auf eine Erzählung zu bauen, lebt das neueste Werk von BioWare vor allem von der Handlungsfreiheit und dem Absolvieren von kleineren und größeren Quests in einer weitgehend offenen Fantasywelt.
Das erste Questgebiet, in das man geworfen wird, ist zum Beispiel das Hinterland. Wer hier gerne alles auskundschaften will, Geheimnisse entdecken will oder in versteckten Höhlen nach Loot suchen will, der kann sich schon über zehn Stunden in diesem riesigen Gebiet aufhalten. Schließlich verspricht BioWare über 100 Stunden Spielzeit. Gewollt ist aber, dass man zwischen den Gebieten hin- und herwechselt, sobald man mit seinen Kampffertigkeiten gegen bestimmte Gegner nicht mehr ankommt, um später wieder aufgemotzt zurückzukehren.
So, you want to ride the bull?
Was natürlich in keinem Dragon Age fehlen darf, sind unsere Begleiter und Helfer. Wieder gibt es durch die Bank alle Rassen und Klassen für das Team, die man für seinen Hauptcharakter auch festlegen kann, um ein ausgewogenes oder einfach ethnisch korrektes Team zu schaffen. Menschen, Elfen, Qunari und Zwerge schließen sich uns, dem Inquisitor, an und bereichern unser Abenteuer mit zusätzlichem Inhalt. Seien dies persönliche Quests, bei denen wir unsere Begleiter gerne unterstützen, schnittige Seitenhiebe während der Erfüllung anderer Aufgaben, oder einfach nur die Möglichkeit, auch etwas intimer mit ihnen zu werden und eine Romanze zu starten.
Das Interagieren mit seinen Begleitern war schon immer ein Punkt auf den in Dragon Age großer Wert gelegt wurde. Es dauert Zeit und viel Zustimmung eines Begleiters, bis dieser sich uns immer mehr öffnet. Daraus entstehen meist liebevolle oder teils irrwitzige Szenen, die uns immer näher zusammenführen. Und wenn einem die Freundschaft nicht ausreicht, dann kann man versuchen einen Schritt weiter zu gehen und eine romantische Beziehung zu starten, in der mit nackter Haut und erotischen Konversationen nicht gespart wird. Da kann es schon passieren, dass unser Qunari-Begleiter „Der Eiserne Bulle“ plötzlich Gefühle für unseren weiblichen Hauptcharakter entwickelt und uns ganz lässig zu einem Bullenritt einlädt.
Alles selbst entscheiden!
Dragon Age Inquisition ist, wie schon der erste Teil der Serie, ein entscheidungslastiges Spiel. Oft findet man sich in einer Situation wieder, in der es keine Kompromisse gibt, sondern nur Entweder-Oder gilt. Diese Entscheidungen formen die Inquisition, bestimmen über Leben und Tod von Begleitern oder führen dazu, ob ganze Armeen mit einem befreundet oder verfeindet sind. Dies regt oft dazu an, Speicherstände nochmals zu laden, um das furchtbare „Was wäre wenn…“-Gefühl loszuwerden.
Der Kriegsraum in unserem Stützpunkt dient als Knotenpunkt der Inquisition, von welchem aus alle Operationen in Orlais und Ferelden gesteuert werden. Hier hat man auch die Möglichkeit Quests durchführen zu lassen, bei denen man nicht selbst ausrücken muss. Nach und nach sammelt man durch Nebenquests Kontakte, die einen mit Operationen versorgen, die dann auf unserer Kriegskarte erscheinen. Hier hat man die Möglichkeit die Truppen seiner drei nicht-spielbaren Berater zum Einsatz zu schicken – Cullens Soldaten, Lelianas Spione oder Josephines einflussreiche Kontakte zu Händlern und Adligen. Jede Operation benötigt eine bestimmte Zeit (ja, Echtzeit), weshalb der Kriegsraum alle paar Stunden immer wieder aufgesucht werden sollte. Hiermit verdient man Einfluss für die Inquisition, bekommt seltene Gegenstände oder kann einfach Ressourcen farmen lassen, die ansonsten mühsam gesucht werden müssten.
Bergsteigen, Ponyreiten und Sammelwahn
Neben den Operationen wurden im dritten Teil der Spieleserie noch ein paar weitere Features eingebaut. Eines der interessantesten ist die Möglichkeit zu Springen. Was im ersten Moment nicht besonders spannend klingt, entpuppt sich aber als wichtiger Teil der Fortbewegung, um manch versteckte Geheimnisse zu finden oder einfach mal schneller über Hügel oder Wüstendünen abzukürzen. Ebenso hilfreich ist dabei die Einführung von Reittieren in das Dragon Age Universum. Denn seit Dragon Age Inquisition ist es dem Spieler möglich aus einer Vielzahl von verschiedenen Reittieren auszuwählen, um sich schneller in Questgebieten fort zu bewegen.
Um das Spiel mit seinen gesamten Nebenquests auf die versprochenen 100 Stunden Spielzeit hinzuformen, wurde eine Vielzahl von Sammelaufgaben eingeführt, die so in ihrer Form auch noch nicht in Dragon Age vorhanden waren. Unter anderem das Sammeln von Himmelsscherben, die erst durch das Betrachten des Gebiets durch einen mysteriösen Kristallschädel sichtbar werden. Oder das Lösen von Striche-Verbinden-Rätseln in den Astarien. Hat man drei zusammengehörige Astarien gelöst, erscheinen Strahlen am Himmel, die den Spieler zu einer geheimen Schatzhöhle führen. Oder einfach nur Mosaikteile sammeln? Oder Landzeichen? Jedenfalls gibt es immer etwas zu tun.
Zu viert mit Freunden
Wie bereits in Mass Effect 3 bringt BioWare auch mit Dragon Age Inquisition einen Multiplayer–Modus für eine Rollenspiel-Reihe heraus. Diese, eher minimalistisch gehaltene, Spieloption ermöglicht es dem Spieler in einen von 12 vordefinierten Charakteren, welche zum Teil erst freigeschalten werden müssen, zu schlüpfen und diese zu leveln und auszurüsten. Mit der Zeit schaltet man so immer mehrere Kämpfer frei. Gespielt wird hier im Coop mit bis zu vier Spielern, die versuchen einen Dungeon zu bewältigen. Im Dungeon werden Gold und Items gefunden, mit denen später Charaktere equipped oder Schatzkisten gekauft werden können. Einziges Manko: Es gibt einen Echtgeld–Store. Dieser ermöglicht das Kaufen von Kisten oder Tränken, die ansonsten mit hart verdientem Gold bezahlt werden müssten. Das erlaubt Spielern mit Kaufkraft einen erheblichen Vorteil und erzeugt sozialen Druck auf andere Spieler in der Gruppe, die schon damit zu kämpfen haben, sich Tränke leisten zu können.
Fazit
BioWare hat es mit Dragon Age Inquisition zum Glück geschafft, das Tief von Dragon Age 2 zu überwinden und wieder ein gutes Spiel abzuliefern. Ob es an das Meisterwerk Dragon Age Origins rankommt, ist allerdings fraglich.
Dragon Age Inquisition überzeugt mit Grafik und Atmosphäre, sowie der Freiheit das zu tun, auf das man gerade Lust hat. Die Rückkehr des Taktikmodus war ein persönliches Highlight, da das Spielen auf der höchsten Schwierigkeitsstufe damit zu einem völlig anderen Spielerlebnis wird. Der Multiplayer–Modus sorgt für eine nette Abwechslung, die aber nicht von Nöten gewesen wäre, denn Dragon Age ist und bleibt ein Offline-RPG. Dragon Age Inquisition sollte man sich dann kaufen, wenn man in eine fantastische Welt eintauchen will, in der man auch gerne etwas mehr Zeit verbringt und nicht nur die Hauptstory durchspielen will.
Entwickler: BioWare
Publisher: EA
Genre: RPG
Plattform: PC, PS3, PS4, Xbox 360, Xbox One
— Stefan Kuntner